Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gemeindehaushalt (formell) 
153. 
  
informatorische Vorlegung des Voranschlages 
vor die Aufssichtsbehörde allgemein geset- 
lich nicht angeordnet. In Preußen erfordert 
die östl. St O informatorische Einreichung. Auch 
in der östl. LGOist eine Genehmigung des 
Voranschlags durch die Aufsichtsbehörde nicht 
mehr vorgesehen. Nach derselben (§ 119) ist der 
vom Gem Vorsteher bezw. Gem Vorstande aufzu- 
stellende Entwurf während zwei Wochen nach 
vorheriger Bekanntmachung in einem von der 
Gem Versammlung bezw. Gem Vertretung zu 
bestimmenden Raum zur Einsicht aller Gem Ange- 
hörigen auszulegen. Nach Ablauf dieser Frist 
erfolgt die Feststellung des Voranschlags durch 
die Gem Versammlung bezw. Gem Vertretung. 
Der Gem Vorsteher hat Abschrift des festgesetzten 
Voranschlags dem Vorsitzenden des Kreisaus- 
schusses ein zureichen. Auf dem Boden des glei- 
chen Prinzips steht auch die bayerische Ge- 
setzgebung und — wenigstens für größere Gem, 
s. 9& 64, 76 Nr. 1 der GemO von 1895 — Elsaß- 
Lothringen, während in Württemberg 
Genehmigung durch die vorgesetzte Instanz vor- 
geschrie ben ist. Neuerdings !5 aber das Erforder- 
nis einer Genehmigung des Jahresetats durch 
die vorgesetzte Instanz, wie solches für Württem- 
berg durch das Verwédikt v. 3. 3. 1822 
vorgeschrieben war, durch die Gem O v. 1906 
dahin modifiziert worden, daß die Gem den Etat 
lediglich in Abschrift der Kreisregierung (große 
und mittlere Städte) oder (sonstige Gem) dem 
Bezirksamte vorzulegen haben, das die Vorlage 
zu prüfen und, wenn sich hierbei ein Anstand 
ergibt, die geeignete Verfügung zu dessen Be- 
seitigung zu treffen, nach Beseitigung des An- 
stands aber oder wenn sich kein Anstand ergibt, den 
Entwurf für vollziehbar zu erklären hat. Wird 
innerhalb der Frist von einem Monat nach der durch 
die Empfangsbescheinigung nachgewiesenen Vor- 
legung des Etats von der Staatsbehörde nicht 
unter Bezeichnung der beanstandeten Punkte 
gegen den Etat oder gegen die beschlossenen Ge- 
meinschadenumlage Einspruch erhoben, so kann 
letztere zum Vollzug gebracht werden, ohne daß 
es alsdann der Genehmigung des Etats oder der 
Gemeinschadenumlage durch die Staatsbehörde 
bedarf. In Baden findet nach der GemO v. 
19. 10. O06 5+ 172b u. c eine Genehmigung des 
Voranschlags und der Schuldentilgungspläne bei 
Gem bis 4000 Einw. statt. In größeren Gem 
wird der VerwBehörde Abschrift eingereicht und 
diese 4 ein Einspruchsrecht während 30 Ta- 
gen. Doch kann der Bürgerausschuß die Geneh- 
migung erbitten. 
10. B. Ausführung des Stats. 
6 a) Durch die Anweisungsbehör- 
en. 
Wer die Anweisungen zu zeichnen hat, richtet 
sich nach dem jeweiligen, aus der Größe der, Gem, 
der Vielseitigkeit der VerwZweige und den be- 
sonderen Geschäftsordnungen sich ergebenden 
Verw Vorschriften. In größeren Stadt Gem fin- 
det man öfters eine recht wirksame vorläu- 
jige Kontrolle durch den Stadtkämmerer, 
der alle Ausgabeanweisungen — von gering- 
fügigen und auf Listen beruhenden abgesehen — 
mit seinem Visum zu versehen hat (z. B. Berlin, 
wo ein Rechnungsrevisionsbureau dem Kämmerer 
  
  
bei der Vorlegung der Sache zugleich den Stand 
des beteiligten Fonds anzugeben hat). 
b) Durch die Kassenbehörden. 
Die Bestimmungen der) Gem Ordnungen über 
die Kassenführung sind meist dürftig, und pfle- 
gen sich auf die Ernennung und Pflichten des- 
GemEinnehmers (Stadtkämmerers) und die Be- 
zeichnung der Stellen, die über Einnahmen und. 
Ausgaben verfügen können (Anweisungsbehörden) 
u beschränken. (S. z. B. Oestl. StO in Preu- 
en ## 67, 56 Nr. 6, LGO § 119. Bayern 
(rechtsrh.) 1869 a 107, 134, 135. Sächsische 
St O für mittl. u. kl. St. v. 24. 4. 73 a IV 5 15, 
LGO v. 1873 § 78. Württembergische 
GemO a 134—139 nebst Vollzugsvorschriften 
(eingehend). Badisches G v. 1906 55 148, 
151, 152. Hessische StO a 76—81 u. 84, 
LGO a 64—69 u. 72. Elsaß-Lothringi- 
sche Anweisung über das Gemmechnungswosen, 
v. 30. 3. 96. ABl 57. S. auch §# 24 der Els.-Lothr. 
GemO.) Die Buchführung ist bald eine 
kameralistische bald eine kaufmännische Doppelbuch-- 
führung, oder eine aus beiden Formen kombinierte, 
bald eine gemischte, d. h. eine kaufmännische für 
gewisse Betriebe (Gewerbebetriebe) und eine 
kameralistische für den sonstigen Haushalt. Manche 
Gem wollen mit dieser, manche mit jener Buch- 
führung die besten Erfahrungen gemacht haben. 
Da sowohl die Ziele, welche die kaufmännische, 
als diejenigen, welche die kameralistische Buch- 
führung verfolgt, in der Gem Haushaltsrechnung 
zur Geltung kommen müssen, so empfiehlt sich 
wohl am besten ein kombiniertes System, wie 
es z. B. in Frankfurt a. M. mit Erfolg in An- 
wendung ist. 
In neuerer Zeit wird namentlich in größeren 
Städten auch eine engere Fühlung der Kassen- 
gebahrung mit dem Geldmarkt, die bankmäßige 
Ausnutzung verfügbarer Gelder herbeizuführen 
gesucht. Vielfach besteht bereits eine Verbindung 
mit Reichsbank und Staatsbanken (s. hierüber na- 
mentlich die unten zitierte Schrift von Buschkeil). 
C. Rechnungslegung. 
#sêo 11. Aufgabe der Rechnungslegung. Die 
Rechnungslegung hat die Uebereinstimmung 
der Wirtschaftsführung mit dem Plane der- 
selben und dem ihr zu Grunde liegenden Voll- 
machtsauftrage darzulegen. Diese Darlegung 
umfaßt ein zweifaches Element: es handelt sich 
einmal darum, festzustellen, daß die Amts- 
handlungen des mit der Kassenführung betrauten 
Organs mit den von der Verwaltungs- 
behörde (Anweisungsbehörde) erteilten An- 
weisungen sich im Einklange befinden; zwei- 
tens aber auch darum, festzustellen, daß diese 
Anweisungen sich innerhalb des Rahmens des 
durch den von der Gemeindevertretung 
gebilligten Voranschlag bezw. der in Er- 
gänzung desselben oder sonst ergangenen Be- 
schlüsse für die Gem Verwaltung begründeten 
Vollmachtsverhältnisses bewegen. Hieran kann 
sich die weitere Prüfung anschließen, inwiefern 
die getroffenen Verfügungen auch sachlich den 
Anforderungen administrativer Zweckmäßig- 
keit entsprechen. Voraussetzung der Zuverlässig- 
keit der gesamten, auf diese Feststellungen bezüg- 
lichen Beurteilung ist die zahlenmäßige
	        
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