Gendarmerie (Gemeinsames)
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Teil auch Baden. Selbständig entwickelt hat sich
der Rechtszustand in Bayern, Württemberg, be-
sonders in Sachsen. Auf dem Wege des a 61 RB
ist das preußische Recht zu einem Teil auch in die
andern deutschen Staaten übergegangen (vgl.
unten 2, 7—9). Ausdrücklich ausgenommen ist
die Gdie jedoch in den Militärkonventionen mit
Baden (v. 25. 11. 70 Schluß Prot Z. 12) und mit
Hessen (v. 13. 6. 71 a 23); dafür sind besondere
ereinbarungen am 24. 5. 71 und 25. 3. 72 ge-
troffen (Abdruck in den „Militärgesetzen des
Deutschen Reiches“ 1888 I 115, 82).
Der Kern der Normen für die Gdie ist in den
Erlassen über ihre Errichtung und in den Dienst-
instruktionen enthalten, die in Preußen, Bayern,
Bürttemberg und Baden jüngst neugefaßt wor-
den sind. Namentlich finden sich darin auch be-
sondere Bestimmungen über den Waffengebrauch
[#), nicht gleich denen für das Militär (O#G 31,
445
).
B. Auch die Feldgendarmerie ist
französischen Ursprungs (Napoleon 1810). Sie ist
eine besondere Formation mit bestimmtem be-
grenztem Wirkungskreise; organisatorisch steht sie
aber in Verbindung mit der Land Gdie (unten § 10).
C. In den Kolonien gibt es keine sog.
„Gendarmerie“. Die dort eingerichteten „Polizei-
truppen“", soweit ihnen Weiße angehören, vor
allem aber die „Landespolizei"“ in Südwest-
afrika steht in ihrem Wesen der Gdie nahe. Mit
Fug hat deshalb der Bundesrat den Eintritt in
eine Polizeitruppe dem Eintritt in eine militärisch
organisierte Gdie oder Schutzmannschaft für die
Erlangung des Zivilversorgungsscheines gleich-
gestellt (pr. Mli B 1896 S 90). .
D. Auf internationaler Grundlage sind
der Gdie ähnliche Einrichtungen zu vorüber-
gehender Wirksamkeit zur Befriedung von Maze-
donien (1903) und für die Insel Kreta (1896) ein-
gerichtet worden.
A. Landgendarmerie
#2. Allgemeines und Gemeinsames.
1. Die Gendarmen gehören nicht zu dem
aktiven Heere (* 38 RMil G v. 2. 5. 74).
Der Aufwand für die Gdie wird deshalb auch nicht
aus Reichsmitteln bestritten. Das schließt nicht
aus, daß sie wie Personen des Soldatenstandes
behandelt werden: immer aber nur insoweit als
für ein reichsrechtlich geregeltes Gebiet ein Vor-
behalt gemacht ist oder sofern es sich um ein dem
Landesrechte verbliebenes Gebiet handelt, nament-
lich bezüglich der Organisation und Disziplin.
Die Uebereinstimmung mit den Normen für das
Reichsheer kann auch weiter gehen bei den Gdie-
Offizieren als bei den Mannschaften (so Bayern,
Württemberg, z. T. Preußen mit den seiner Ge-
setzgebung angeschlossenen Staaten). Im einzelnen
besteht manche Unklarheit, zumal es an einer
Darstellung der gesamten Rechtsverhältnisse der
Gdie, die über den Einzelstaat hinausgreift, fehlt.
a) Als Personen des Soldatenstandes
gelten die Gin Preußen (vgl. die dem MtGB
v. 3. 4. 45 beigefügte Klassifikation), Baden,
Hessen und Elsaß---Lothringen (auch
Mecklen burg - Schwerin, Waldeck,
Schaumburg-Lippe und Lippe) aller-
dings nur in wesentlichen Punkten (vgl. hierher
OG 17, 197 und 22, 60 wegen der Zweifel für
die Gemeindebesteuerung). Aber auch hier ha-
ben in der Regel eine Befehlsbefugnis gegenüber
den G. bloß ihre der Gdie angehörigen Dienst-
vorgesetzten, andrerseits sind die G. Vorgesetzte
aller Gefreiten und Gemeinen dieser Truppen-
kontingente (KabO v. 19. 7. 73, AVBl 219).
In Bayern, Sachsen, Württem-
berg (auch Olden burg) sind die G. nicht
Personen des Soldatenstandesz doch gel-
ten in Bayern (wie in Preußen) die Gdie Offi-
ziere nur als abkommandierte Offiziere des Heeres.
Ueberall wird man die G. aber als „bewaffnete
Macht“ im Sinne des #& 113 Abs 3 Ste be-
trachten können, doch ist ein Streiten hierüber
müssig, weil der & 113 Abs 1 schon anwendbar ist.
b) Für die Erlangung des Zivilversor-
gungsscheines gilt der Dienst in „militä-
risch organisierter" Gdie dem Dienste im Heere
gleich nach näherer Maßgabe von #5 2 der Grund-
sätze des Bundesrats für die Besetzung der Subal-
tern- und Unterbeamtenstellen mit Militäranwär-
tern von 1882 (RZBl 123).
c) Strafrecht. 52 Abs 2 EG MSten v.
20. 6. 72 läßt die Vorschriften über die Bestrafung
der von Land G. begangenen strafbaren Hand-
lungen in Kraft. Damit ist indes für Preußen
nicht (mißverständlich v. Arnstedt 305, Genz-
mer 96) das ganze MStG#B v. 3. 4. 45 anwend-
bar geblieben, vielmehr fand auf die G. als Per-
sonen des Soldatenstandes bei Inkrafttreten des
RMStGB von 1872 das RMStGB auch ohne
weiteres Anwendung. Der Vorbehalt im EG
MStGB erstreckt sich lediglich auf einige Beson-
derheiten des preußischen MStGB für die G.,
nämlich Teil 1 § 48 Abs 2, 3, 5+ 188 (Erkenntnis
auf Entlassung, sobald Versetzung in die 2. Klasse
oder Degradation sowie bei der 3. gerichtlichen
Bestrafung wegen Verletzung der Amtspflichten).
Die Unterstellung der G. unter das Militärstraf-
recht, soweit das Landesrecht dies bestimmt, ist
durch die stillschweigende Ausschaltung der G.
als Militärpersonen im RM v. 1874 nicht be-
seitigt worden; dies geht schon daraus hervor,
daß auch die Anlage zum MStGWv. 1872 mit
Rücksicht auf die Verschiedenheit der Organisation
der Gdie in den einzelnen Staaten die G. nicht
unter den „Militärpersonen" aufzählt. Der gleiche
Rechtszustand besteht infolge a 61 RV für Ba-
den (V v. 24. 11. 71, Rl 401), Hessen
und die norddeutschen Kontingente, soweit die
Gdie militärisch organisiert war (V v. 29. 12. 67,
BeBl 185), ferner für Elsaß-Lothrin-
gen (vgl. RöE v. 23. 1. 72, Rl 31). Darnach
kommen für die Gdie bei Beleidigung und Kör-
perverletzung im Dienste nicht §§5 185, 223 St GB,
sondern #s§ 121, 122 MStB zur Anwendung
(kein Antragsdelikt), überhaupt nicht Abschn. 28
des RSt# (Verbrechen und Vergehen im Amte),
sondern Abschn. 7 MStGB (Mißbrauch der
Dienstgewalt); vgl. noch Entsch. Reichsmilitärger.
5, 210; 10. 198. (Verhältnis von 5 188 pr. M4GB
zu § 552 RMSt G streitig).
In Bayern sind die G. für militärische
Delikte dem bayr. MStGB v. 29. 4. 69 (EG a?7,
revidiert G v. 28. 4. 72) unterstellt; für die Gdie-
Offiziere gilt das RMEStGB (oben a) Abs 2).
Vgl. unten f).
d) Strafgerichtsbarkeit. Nach EG
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