Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gerichtskosten (Reichsrecht) 
  
entschieden und wird umgekehrt die Verbindung 
mehrerer Prozesse zu gleichzeitiger Verhandlung 
und Entscheidung angeordnet, so wirkt dies gleich- 
mäßig auf den Gebnsatz. Rechtsmittel über Teil- 
urteile und Zwischenurteile werden stets als ver- 
schiedene Instanzen betrachtet. 
6. Besondere Gebührenangelegenheiten. 
Einem gesonderten Gebnsatz unterliegen noch 
gewisse einfache und untergeordnete Verfahrens- 
arten sowie einige Angelegenheiten, welche nicht 
als Rechtsstreit im eigentlichen Sinne angesehen 
werden können. Als feste Geb kommt hier für das 
ganze Verfahren immer nur ein Bruchteil des 
tarifmäßigen Satzes (§5 2) zur Anwendung: 
⅜½% für die Entscheidung über Anträge auf Sicherung 
des Beweises (aber nur 3/6e wenn eine Beweisaufnahme 
nicht stattfindet), serner #6 für die Entscheidung über An- 
träge auf Entmündigung oder Wiederaufhebung der Ent- 
mündigung, soweit die Amtsgerichte zuständig sind oder 
über die Ernennung oder Ablehnung eines Schiederichters, 
das Erlöschen eines Schiedsvertrags oder die auf Anord- 
nung der von Schiedsrichtern für erforderlich crachteten 
richterlichen Handlungen; /#½ für die Entscheidung über 
Anträge auf vorläufige Einstellung, Beschränkung oder 
Aushebung einer Zwangsvollstreckung, auf gerichtliche Hand- 
lungen der Zwangsvollstreckung, auf Anordnung oder Auf- 
hebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Versügung 
(hier nur soweit nicht nachträglich eine der oben bezeichneten 
Pausch Geb in der Sache zur Erhebung kommt), ferner über 
Anträge, Einwendungen oder Erinnerungen, welche die 
Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das bei der- 
selben vom Gerichtsvollzieher zu beobachtende Verfahren 
oder die von ihm in Ansatz gebrachten Kosten oder eine Wei- 
gerung desselben betressen, sowie für sonstige Tätigkeit im 
Offenbarungseidverfahren; ½6 des Satzes für die Entschei- 
dung über Anträge auf Festsetzung der vom Gegner zu er- 
stattenden Prozeßkosten oder auf Bestimmung einer Frist zur 
Rückgabe und auf Anordnung der Rüuckgabe einer Sicher- 
heit oder auf Erteilung der Vollstreckungsklausel, sofern sie 
auf Anordnung des Vorsitzenden zu erfolgen hat, oder auf 
Zurücknahme der Vollstreckungsklausel, sofern diese Anträge 
nicht durch Klage erhoben werden, oder auf Erteilung einer 
weiteren vollstreckkaren Ausfertigung. 
In allen diesen Angelegenheiten wird die Geb 
für jedes einzelne durch eine Entscheidung ab- 
geschlossene Verfahren erhoben. 
Im Mahnverfahren werden ½0 des 
tarifmäßigen Geb Satzes für die Entscheidung über 
das Gesuch um Erlassung des Zahlungsbefehls 
und ½20 für die Entscheidung über das Gesuch um 
Erlassung des Vollstreckungsbefehles erhoben. Im 
Falle der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs 
wird überdies die erstere Geb auf die Geb des ent- 
stehenden Rechtsstreits angerechnet. Das zur Ver- 
meidung von Prozessen geeignete amtsgerichtliche 
Sühneverfahren wird nur mit einer Geb 
von #/10 des Tarifsatzes besteuert, welche Geb 
noch dazu bei erfolglosem Sühneversuche auf die 
Geb eines entstehenden Rechtsstreits in Anrech- 
nung kommt. Auch für das Verteilungs= bezw. 
Aufgebotsverfahren ist nur eine mäßige Geb 
(*0— /140) zu entrichten. In der Beschwerde- 
instanz kommt eine Geb (und zwar 3/10) nur dann 
zum Ansatz, wenn die Beschwerde als unzulässig 
verworfen oder zurückgewiesen wird oder die 
Kosen des Verfahrens einem Gegner zur Last 
allen. 
Als Ergänzungs Geb für den Fall der Zu- 
rücknahme einer Klage, eines Antrags, eines 
  
Einspruchs oder Rechtsmittels, bevor ein gebüh- 
renpflichtiger Akt stattgefunden hat, soll ½0 der 
Geb, die für die beantragte Entscheidung zu er- 
heben gewesen wäre, angesetzt werden. 
87. Gebührenbefreiungen. Durch die Pausch- 
Geb mitvergütet und daher an sich gebührenfrei 
sind gewisse als Vorbereitungen oder Anhängsel 
des Verfahrens anzusehende Akte, insbesondere 
solche über die Prozeß- und Sachleitung, ein- 
schließlich der Bestimmung oder Aenderung von 
Terminen oder Fristen, über Bestimmung des 
zuständigen Gerichts, über die Ablehnung von 
Gerichtspersonen, über die Zeugnispflicht, die 
Zulassung einer Zustellung oder Zwangsvoll- 
streckung am Sonntag oder zur Nachtzeit, Ertei- 
lung eines Zeugnisses der Rechtskraft, Vertreter- 
bestellung, Urteilsberichtigung, bei Kostenfest- 
setzungs-Erinnerungen und anderen Angelegen- 
heiten, für welche nicht Geb ausdrücklich vorge- 
sehen sind. 
Außerdem ist noch Gebühren freiheit 
gewährt dem Reich in dem Verfahren vor den 
Landesgerichten, den Bundesstaaten, sowie öffent- 
lichen Wohltätigkeitsanstalten, Volksschulen, Kir- 
chen u. dergl. in dem Verfahren vor dem Reichs- 
gericht. Inwieweit für solche Anstalten usw. auch 
in dem Verfahren vor den Landesgerichten Geb- 
Freiheit besteht, ist in den einzelnen Bundesstaaten 
verschiedenartig bestimmt. 
Die Gerichte können endlich noch Geb, welche 
durch unrichtige Behandlung der Sache ohne 
Schuld der Beteiligten entstanden sind, nieder- 
schlagen, auch für abweisende Bescheide GebFrei- 
heit gewähren, wenn der Antrag auf Unkenntnis 
oder Unwissenheit beruht. 
Die einstweilige Befreiung von Geb im Armen- 
recht ist in § 17 behandelt. 
8. Gebührenausatz nach dem Werte des 
Streitgegenstandes und Wertsberechnung. Die 
Geb werden nach dem Werte des Streitgegen- 
standes berechnet und angesetzt. Betrifft ein ge- 
bührenpflichtiger Akt (d. h. Verhandlung, Beweis- 
anordnung oder Entscheidung) nur einen Teil 
des Streitgegenstandes, so wird dafür auch nur 
nach dem Werte dieses Teils die Geb erhoben. 
Ist von einzelnen, verschiedenen Wertsteilen 
desselben Streitgegenstandes in derselben Instanz 
mehrfach die gleiche Geb zu berechnen, so darf 
nicht mehr erhoben werden, als wenn die Geb 
von dem Gesamtbetrage der fraglichen Wertsteile 
(der also nicht den Wert des ganzen Streitgegen- 
standes zu erreichen braucht) auf einmal zu berech- 
nen wäre; treten für die mehrfachen gleichartigen 
Akte auch noch verschiedene Gebühren sätze ein, 
so ist der höchste Satz maßgebend, so daß der Ge- 
samtbetrag der Geb dann also nicht höher sein 
kann, als der Satz, der sich ergibt, wenn für die 
Summe der Wertsteile die Gebühren ihren nach 
der höchsten Geb berechnet werden. 
Sofern nicht schon eine zur Entscheidung über 
die Zuständigkeit des Prozeßgerichts oder die Zu- 
lässigkeit des Rechtsmittels erfolgte Festsetzung des 
Wertes des Streitgegenstandes vorliegt, findet 
eine Wertsberechnung zum Zweck des 
Geb Satzes besonders und gebührenfrei statt. 
Die Festsetzung kann von dem Gerichte, welches 
sie getroffen hat, sowie von dem Gerichte der höhe- 
ren Instanz im Laufe des Verfahrens von Amts 
wegen geändert werden. Der desfallsige Gerichts-
	        
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