188
Gerichtskosten (Reichsrecht)
entschieden und wird umgekehrt die Verbindung
mehrerer Prozesse zu gleichzeitiger Verhandlung
und Entscheidung angeordnet, so wirkt dies gleich-
mäßig auf den Gebnsatz. Rechtsmittel über Teil-
urteile und Zwischenurteile werden stets als ver-
schiedene Instanzen betrachtet.
6. Besondere Gebührenangelegenheiten.
Einem gesonderten Gebnsatz unterliegen noch
gewisse einfache und untergeordnete Verfahrens-
arten sowie einige Angelegenheiten, welche nicht
als Rechtsstreit im eigentlichen Sinne angesehen
werden können. Als feste Geb kommt hier für das
ganze Verfahren immer nur ein Bruchteil des
tarifmäßigen Satzes (§5 2) zur Anwendung:
⅜½% für die Entscheidung über Anträge auf Sicherung
des Beweises (aber nur 3/6e wenn eine Beweisaufnahme
nicht stattfindet), serner #6 für die Entscheidung über An-
träge auf Entmündigung oder Wiederaufhebung der Ent-
mündigung, soweit die Amtsgerichte zuständig sind oder
über die Ernennung oder Ablehnung eines Schiederichters,
das Erlöschen eines Schiedsvertrags oder die auf Anord-
nung der von Schiedsrichtern für erforderlich crachteten
richterlichen Handlungen; /#½ für die Entscheidung über
Anträge auf vorläufige Einstellung, Beschränkung oder
Aushebung einer Zwangsvollstreckung, auf gerichtliche Hand-
lungen der Zwangsvollstreckung, auf Anordnung oder Auf-
hebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Versügung
(hier nur soweit nicht nachträglich eine der oben bezeichneten
Pausch Geb in der Sache zur Erhebung kommt), ferner über
Anträge, Einwendungen oder Erinnerungen, welche die
Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das bei der-
selben vom Gerichtsvollzieher zu beobachtende Verfahren
oder die von ihm in Ansatz gebrachten Kosten oder eine Wei-
gerung desselben betressen, sowie für sonstige Tätigkeit im
Offenbarungseidverfahren; ½6 des Satzes für die Entschei-
dung über Anträge auf Festsetzung der vom Gegner zu er-
stattenden Prozeßkosten oder auf Bestimmung einer Frist zur
Rückgabe und auf Anordnung der Rüuckgabe einer Sicher-
heit oder auf Erteilung der Vollstreckungsklausel, sofern sie
auf Anordnung des Vorsitzenden zu erfolgen hat, oder auf
Zurücknahme der Vollstreckungsklausel, sofern diese Anträge
nicht durch Klage erhoben werden, oder auf Erteilung einer
weiteren vollstreckkaren Ausfertigung.
In allen diesen Angelegenheiten wird die Geb
für jedes einzelne durch eine Entscheidung ab-
geschlossene Verfahren erhoben.
Im Mahnverfahren werden ½0 des
tarifmäßigen Geb Satzes für die Entscheidung über
das Gesuch um Erlassung des Zahlungsbefehls
und ½20 für die Entscheidung über das Gesuch um
Erlassung des Vollstreckungsbefehles erhoben. Im
Falle der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs
wird überdies die erstere Geb auf die Geb des ent-
stehenden Rechtsstreits angerechnet. Das zur Ver-
meidung von Prozessen geeignete amtsgerichtliche
Sühneverfahren wird nur mit einer Geb
von #/10 des Tarifsatzes besteuert, welche Geb
noch dazu bei erfolglosem Sühneversuche auf die
Geb eines entstehenden Rechtsstreits in Anrech-
nung kommt. Auch für das Verteilungs= bezw.
Aufgebotsverfahren ist nur eine mäßige Geb
(*0— /140) zu entrichten. In der Beschwerde-
instanz kommt eine Geb (und zwar 3/10) nur dann
zum Ansatz, wenn die Beschwerde als unzulässig
verworfen oder zurückgewiesen wird oder die
Kosen des Verfahrens einem Gegner zur Last
allen.
Als Ergänzungs Geb für den Fall der Zu-
rücknahme einer Klage, eines Antrags, eines
Einspruchs oder Rechtsmittels, bevor ein gebüh-
renpflichtiger Akt stattgefunden hat, soll ½0 der
Geb, die für die beantragte Entscheidung zu er-
heben gewesen wäre, angesetzt werden.
87. Gebührenbefreiungen. Durch die Pausch-
Geb mitvergütet und daher an sich gebührenfrei
sind gewisse als Vorbereitungen oder Anhängsel
des Verfahrens anzusehende Akte, insbesondere
solche über die Prozeß- und Sachleitung, ein-
schließlich der Bestimmung oder Aenderung von
Terminen oder Fristen, über Bestimmung des
zuständigen Gerichts, über die Ablehnung von
Gerichtspersonen, über die Zeugnispflicht, die
Zulassung einer Zustellung oder Zwangsvoll-
streckung am Sonntag oder zur Nachtzeit, Ertei-
lung eines Zeugnisses der Rechtskraft, Vertreter-
bestellung, Urteilsberichtigung, bei Kostenfest-
setzungs-Erinnerungen und anderen Angelegen-
heiten, für welche nicht Geb ausdrücklich vorge-
sehen sind.
Außerdem ist noch Gebühren freiheit
gewährt dem Reich in dem Verfahren vor den
Landesgerichten, den Bundesstaaten, sowie öffent-
lichen Wohltätigkeitsanstalten, Volksschulen, Kir-
chen u. dergl. in dem Verfahren vor dem Reichs-
gericht. Inwieweit für solche Anstalten usw. auch
in dem Verfahren vor den Landesgerichten Geb-
Freiheit besteht, ist in den einzelnen Bundesstaaten
verschiedenartig bestimmt.
Die Gerichte können endlich noch Geb, welche
durch unrichtige Behandlung der Sache ohne
Schuld der Beteiligten entstanden sind, nieder-
schlagen, auch für abweisende Bescheide GebFrei-
heit gewähren, wenn der Antrag auf Unkenntnis
oder Unwissenheit beruht.
Die einstweilige Befreiung von Geb im Armen-
recht ist in § 17 behandelt.
8. Gebührenausatz nach dem Werte des
Streitgegenstandes und Wertsberechnung. Die
Geb werden nach dem Werte des Streitgegen-
standes berechnet und angesetzt. Betrifft ein ge-
bührenpflichtiger Akt (d. h. Verhandlung, Beweis-
anordnung oder Entscheidung) nur einen Teil
des Streitgegenstandes, so wird dafür auch nur
nach dem Werte dieses Teils die Geb erhoben.
Ist von einzelnen, verschiedenen Wertsteilen
desselben Streitgegenstandes in derselben Instanz
mehrfach die gleiche Geb zu berechnen, so darf
nicht mehr erhoben werden, als wenn die Geb
von dem Gesamtbetrage der fraglichen Wertsteile
(der also nicht den Wert des ganzen Streitgegen-
standes zu erreichen braucht) auf einmal zu berech-
nen wäre; treten für die mehrfachen gleichartigen
Akte auch noch verschiedene Gebühren sätze ein,
so ist der höchste Satz maßgebend, so daß der Ge-
samtbetrag der Geb dann also nicht höher sein
kann, als der Satz, der sich ergibt, wenn für die
Summe der Wertsteile die Gebühren ihren nach
der höchsten Geb berechnet werden.
Sofern nicht schon eine zur Entscheidung über
die Zuständigkeit des Prozeßgerichts oder die Zu-
lässigkeit des Rechtsmittels erfolgte Festsetzung des
Wertes des Streitgegenstandes vorliegt, findet
eine Wertsberechnung zum Zweck des
Geb Satzes besonders und gebührenfrei statt.
Die Festsetzung kann von dem Gerichte, welches
sie getroffen hat, sowie von dem Gerichte der höhe-
ren Instanz im Laufe des Verfahrens von Amts
wegen geändert werden. Der desfallsige Gerichts-