Gerichtskosten (Kostenpflicht)
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Landgericht und Oberlandesgericht in die Hände
der Parteien gelegt ist, so können diese den Prozeß
unberechenbar in die Länge ziehen oder auch
völlig ruhen lassen. Um die Staatskasse nicht der-
artigen Zufällen und Willkürlichkeiten preiszu-
geben, ist die Möglichkeit, schon während des Ver-
fahrens einen Teil der Geb einzuziehen, durch die
Bestimmung gegeben, daß schon vor der Beendi-
gung der Instanz mit dem Ablaufe je eines Jahres
seit Bestimmung des ersten Termins oder Stellung
des ersten Antrags die bis dahin entstandenen
Geb und Auslagen fällig werden. Diese einjähri-
gen Fristen können auf Antrag von dem Gericht
verlängert werden. Der Ablauf derselben be-
gründet aber nicht die Zurückforderung eines nicht
verbrauchten Vorschusses. In den Fällen einer
Widerklage oder wechselseitig eingelegter Rechts-
mittel kann jede Partei, wenn sie das von ihr be-
antragte Verfahren zurücknimmt, die getrennte
Berechnung der Geb und Auslagen für dasselbe
und die Zurückzahlung des von ihr gezahlten aber
nicht verbrauchten Vorschusses fordern.
Auch im Konkursverfahren können
auf die Hauptpausch Geb Abschlagszahlungen er-
hoben werden.
Schreib Geb sind in der Regel sofort einziebbar.
§+ 16. Kostenpflicht. I. Für die schließliche
Kostenpflicht im Verhältnis zur Staatskasse ist in
erster Linie die darüber ergangene richterliche
Entscheidung oder eine dem Gerichte gegenüber
abgegebene Uebernahmeerklärung maßgebend.
1) Nach zivilprozessualen Grundsätzen fallen die
sämtlichen Prozeßkosten aller Instanzen — d. h.
die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten —
derjenigen Partei zur Last, die endgültig und
rechtskräftig im Rechtsstreit unterliegt. Wenn
beide Parteien teils obsiegen, teils unterliegen,
sind die Kosten unter sie verhältnismäßig zu ver-
teilen oder gegeneinander aufzuheben (zu kom-
pensieren). Das Gericht kann aber auch in diesem
Falle die gesamten Kosten der einen Partei auf-
erlegen, besonders wenn die Zuvielforderung der
anderen Partei eine verhältnismäßig gering-
fügige war und keine besonderen Kosten veranlaßt
hat. Hat der Beklagte durch sein Verhalten (z. B.
durch Bestreiten, Vorenthaltung, Verzug) zur
Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben,
so fallen dem Kläger allein die Prozeßkosten zur
Last, wenn der Beklagte sofort in der mündlichen
Verhandlung den Anspruch anerkennt. Die Kos-
ten eines erfolglosen Rechtsmittels fallen
immer der Partei, die es eingelegt hat, zur Last.
Dagegen können die Kosten der Berufungs-
instanz der obsiegenden Partei ganz oder teil-
weise auferlegt werden, wenn sie auf Grund eines
neuen Vorbringens obsiegt, das sic schon in erster
Instanz geltend zu machen imstande war.
Zur Verhütung von Prozeßverschlep-
pungen können auch der Partci, die sich der
Versäumung von Terminen oder Fristen, oder der
Verzögerung im Vorbringen der Rechtsbehelfe
schuldig macht, die dadurch erwachsenen Kosten
auferlegt werden. Ist durch solches Verschulden
einer Partei oder ihres Vertreters ein neuer Ver-
handlungstermin oder eine nochmalige Beweis-
anordnung erforderlich geworden, so kann das
Gericht von Amts wegen dafür eine besondere
Straf Geb in Höhe bis zum Betrage der tarifmäßi-
gen vollen Geb beschließen, wogegen aber Be-
v. Stengel- Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
schwerde (ohne Anwaltsz wang) zulässig ist; von
dieser Ermächtigung wird aber in der Praxis sel-
ten Gebrauch gemacht. Ferner können Gerichts-
schreiber, gesetzliche Vertreter, Rechtsanwälte und
andere Bevollmächtigte, sowie Gerichtsvollzieher
durch das Prozeßgericht zur Tragung der durch
grobes Verschulden von ihnen veranlaßten Kosten
verurteilt werden.
Ist bei Vergleichen eine bestimmte Ver-
abredung über die Kosten des Vergleichs und des
damit erledigten Rechtsstreits unterblieben. so wird
angenommen, daß die Kosten gegeneinander auf-
gehoben seien, d. h. daß jede Partei die von ihr
aufgewendeten Kosten allein trage, wohingegen
dic gerichtlichen Kosten dann von jeder Partei je
zur Hälfte erhoben werden.
Wird eine Klage, ein Rechtsmittel oder ein
sonstiger Antrag zurückgenommedn, so ist
der zurücknehmende Kläger oder Antragsteller
zur Tragung der Kosten verpflichtet, sofern nicht
über dieselben bereits rechtskräftig erkannt ist.
Die Kosten der Zwangsvollstreckung
fallen, soweit sie notwendig waren, immer dem
Schuldner zur Last.
2) Die Kosten des Strafverfahrens mit
Einschluß der durch die Vorbereitung der öffent-
lichen Klage und die Strafvollstreckung entstande-
nen, hat der Angeklagte zu tragen, wenn er zu
Strafe verurteilt wird. Wenn jedoch ein Ange-
klagter in einer Untersuchung, welche mehrere straf-
bare Handlungen umfaßt, nur in Ansehung eines
Teils derselben verurteilt wird, durch die Verhand-
lung der übrigen Straffälle aber besondere Kosten
(Auslagen) entstanden sind, so ist er von deren
Tragung zu entbinden. Mitangeklagte, welche in
Bezug auf dieselbe Tat zu Strafe verurteilt sind,
haften für die Auslagen als Gesamtschuldner.
3) Die gerichtlichen Kosten des Konkursver=
fahrens (Massekosten) werden aus der Kon-
kursmasse vorweg berichtigt.
II. Wenn also in erster Linie die gerichtliche Ent-
scheidung für die Kostenpflicht maßgebend ist, so
folgt daraus, daß die damit begründete Ver-
pflichtung erlischt, soweit demnächst eine Auf-
hebung oder Abänderung der Entscheidung er-
folgt, ohne daß dadurch die Erstattung bereits be-
zahlter Beträge nötig wird, es sei denn, daß sich
zugleich der Betrag der Kostensumme mindert.
Auch wenn durch Uebereinkunft der Parteien die
Kosten von der einen oder anderen übernommen
sind, haftet doch jede Partei der Staatskasse gegen-
über wenigstens für die Hälfte. Fehlt es nach
vorstehendem an einem Schuldner, so ist stets
derjenige, der das Verfahren der Instanz bean-
tragt hat, Schuldner der entstandenen Geb und
Auslagen, ausgenommen diejenigen Auslagen,
für welche der Gegner vorschußpflichtig ist. Be-
steht die Partei aus mehreren Personen, so haften
diese in Ermangelung einer gerichtlichen Ent-
scheidung über die Kostenverteilung regelmäßig
nach Kopfteilen. Für die Gesamthaftung Mehre-
rer der Staatskasse gegenüber kommen noch die
bezüglichen Vorschriften der Prozeßgesetze und
des BGB und H##B# zur Geltung. Inwieweit der
Ehemann für die Kosten aus Prozessen seiner Frau
oder der Vater für die seiner Kinder aufzukommen
hat, bestimmt sich nach dem bürgerlichen Rechte
und ist nicht unstreitig (vgl. Gaupp-Stein, Kom-
mentar zur 38 PO l S#. 255, 256).
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