Gesandte — Geschäftssprache
209
matische Dienst steht unter den allgemeinen
Grundsätzen des Beamtenrechts, wie solche durch
das Reichsbeamten G v. 18. 5. 07 festgestellt sind.
Doch gelten einige Besonderheiten. So wird bei
der Pensionierung diplomatischer Amtsträger die
in Ostasien, Mittelasien, Mittel- und Südamerika
zugebrachte Dienstzeit doppelt gerechnet, wenn
der Beamte überhaupt länger als ein Jahr außer-
halb Europas dem Reiche gedient hat; durch den
Bundesrat kann dies Vorrecht auch noch für andere
Länder angeordnet werden (Reichsbeamten G
#m(51). Ferner sind die Urlaubsverhältnisse in be-
sonderer Weise geregelt: Botschafter, Gesandte
und Ministerresidenten können grundsätzlich nur
vom Kaiser beurlaubt werden; es muß für ge-
nügende Stellvertretung, und zwar bei Urlaub
von mehr als 3 Monaten auf Kosten des Beur-
laubten, gesorgt werden; dienstliche Verfügungen
müssen dem Beurlaubten jederzeit zugestellt
werden können (Kais. V v. 23. 4. 79, Röl 134,
und 4. 1. 04, R#l 1).
2. Durch strafrechtliche Vorschriften ist der dienst-
liche Gehorsam der diplomatischen Amtsträger in
besonderer Weise geschützt: a) Beamte des aus-
wärtigen Dienstes, auch des inneren, welche
Aktenstücke, die ihnen amtlich anvertraut oder
amtlich zugänglich sind, oder welche dienstliche
Anweisungen ihrer Vorgesetzten widerrechtlich
dritten Personen mitteilen, werden mit Gefängnis
oder mit Geldstrafe bis zu 5000 Mk. bestraft;
b) ebenso werden bestraft diplomatische Beamte
des äußeren Dienstes, welche vorsätzlich amtlichen
Instruktionen ihrer Vorgesetzten zuwider handeln;
h) ebenso dieselben Beamten, welche ihren Vor-
gesetzten erdichtete oder entstellte Tatsachen be-
richten, um sie in ihren amtlichen Funktionen irre
zu leiten (RStGB 51 3563a, sog. Arnim-Paragraph).
3. Die Funktionen der G. lassen sich natur-
gemäß nicht im einzelnen gesetzlich seststellen. Die
Pflege der internationalen Beziehungen entzieht
sich der gesetzlichen Spezialisierung; die „diplo-
matische Kunst“ ist kein Gegenstand des Rechts
(vgl. jedoch über „Formen und Uebungen des
diplomatischen Verkehrs“ die gute Darstellung bei
Gesfscken §## 169—174, besonders auch über die
Sprache des diplomatischen Verkehrs §8 174). Doch
sind folgende Funktionen der G. in Gesetzen vor-
gesehen: a) gerichtliche Zustellungen an Personen
in ihrem Amtsbezirk auf Anweisung des durch die
Gerichte zu ersuchenden Auswärtigen Amtes
(3PO 5P199); b) Legalisierung von Urkunden der
Behörden ihres Amtsbezirks (ZPO 7# 438);
c) Ausstellung oder Visierung von Pässen für das
deutsche Reichsgebiet (PaßG# v. 12. 10. 67 +6
Z. 1); d) Ausübung der Funktionen als Zivil-
standsbeamte für Deutsche und Schutzgenossen
ihres Bezirkes, falls sie hierzu vom Reichskanzler
Spezialauftrag erhalten haben (Gv. 4. 5. 70 + 1
Personenstand, Konsuln).
Liüteratur: Monographische Bearbeitung der Ma-
terie: Philipp Zorn in den Annalen des Deutschen
Reichs 1882 S 81—125; Gefsscken bei Holtzendorff BR.,
903—684 (erschienen 1887), vgl. auch Stoerk ebendat,
656—671; Menzel, Deutsches Wesandtschaftswesen
im Mittelalter 1892: Hübler, Tie Magistraturen des
volkerrechtlichen Verkehrs 1900; die Monographie von
Al!L (1870) ist juristisch wertlos. Die Handbücher des Völ.
kerrechts von Bluntschli, Heffter (auch in der von nach zu dem Rechtsbegriff der Staatssprache in
v. Stengel-- Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. II.
Gefscken besorgten Ausgabe von 1881) behandeln den
Stoff juristisch ungenügend, ja teilweise bedenklich. Das
Gleiche gilt von den fremden Schriftstellern, wie Philli-
more, Wheaton, Martens, Calvo. Aeltere
Literatur ist in den angeführten Arbeiten von Zorn und
besonders von Gefscken (vgl. besonders 1 148) ange-
merkt (am besten die Arbeiten von van Bynkershoeckj);
bei Gesscken eine Fulle historischen und sehr wertvollen
tatsächlichen Materials. Eine streng juristische Darstellung
ist zuerst versucht von Ph. Zorn, deren Resultate in den
wichtigsten Punkten Gefscken ohne jegliche Quellen-
angabe übernommen hat (nachdem sich Ph. Zorn gegen die
das deutsche Recht ignorierende Behandlung in der von Geff-
cken besorgten, 1881 erschienenen, Ausgabe von Heffters Völ-
kerrecht gerichtet hatte). Vgl. auch die Lehrbücher des Völker-
rechts von v. Liszt" 114, v. UUmmann 1844—53, Op-
penheim 1, 18 360 ff; Rivier 1#35—40, A. Zorn #12,
sowic die Lehrbücher des Reichsstaatsrechts von Laband"
3, 71, Ph. Zorn" 2 135; Esch, Gesandtschaftsrecht der
deutschen Einzelstaaten, Diss. 1911. Z3orn.
Geschäftssprache
(Staatssprache)
3 1. Grundbegriffe. 1 2. Preußisches Recht. # 3. Reichs-
recht. # 4. Elsaß-Lothringen.
# 1. Grundbegriffe: Geschäftssprache, Staats-
sprache; Nationalstaat und national gemischter
Staat; diplomatische Sprache. I. Die Begriffe
„Geschäftssprache“ und „Staats sprache“ sind
ihrem Wesen nach identisch. Es handelt sich be-
grifflich um die Sprache, welche die Organe des
Staats oder der sonstigen, dem Staatsorganis-
mus angegliederten Rechtssubjekte des öffent-
lichen Rechts im Verkehr nach innen und nach
außen selbst zu sprechen haben. Das „An-
hören in der nämlichen Sprache ist vom streng
begrifflichen Standpunkt aus nicht darin mit ein-
geschlossen. Die Frage aber, inwieweit die so
aus dem Wesen der Geschäfts= oder Staatssprache
folgenden begrifflichen Anforderungen von
der Rechtsordnung wirklich adoptiert werden,
und inwieweit es demgemägß wirklich eine Staats-
sprache im Rechtssinne pibt, entscheidet
sich immer konkret mit Rücksicht auf ein einzelnes
bestimmtes Staatswesen. Die Entscheidung kann
bald den begrifflichen Anforderungen entsprechen,
bald hinter denselben zurückbleiben, bald aber
auch über dieselben hinausgehen, insofern selbst
Gebiete der Anwendung der Staatssprache unter-
worfen werden, die an sich vom begrifflichen
Standpunkte aus dem Geltungsbereich derselben
fremd sind. Die nähere Bestimmung des an
sich variablen Rechtsbegriffs der
Staatssprache erfolgt jedoch immer durch den sich
in autoritativen Akten kundgebenden Willen des
betreffenden Staats selbst. Sie kann entweder
auf Grund der Dienstgewalt der obersten Aussichts-
instanz durch interne Dienstanweisung derselben
geschehen, oder auch im Wege der Rechtssetzung.
Der letztere Weg ist namentlich dann notwendig,
wenn der Rechtsbegriff der Staatssprache auf
Gebiete ausgedehnt werden soll, die bloß begriff-
lich nicht in den Bercich einer Staatssprache fallen.
II. Die modernen Kulturstaaten haben der Regel
11