Gesindepolizei
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Interessenten die Verw Klage, dem Gesinde auch
der Rechtsweg offen.
4. Hinsichtlich der Stra fvorschriften steht
im Vordergrunde das G v. 24. 4. 54 betreffend
die Verletzungen der Dienstpflich-
ten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter,
Geldstrafe bis zu 5 Talern oder Gefängnis bis
zu 3 Tagen trifft den „hartnäckigen Ungehorsam
oder Widerspenstigkeit gegen die Befehle der
Herrschaft oder der zu seiner Aufsicht bestellten
Personen“. Ein rechtsgültiges Gesindedienstver-
hältnis muß angetreten, auch nichts verbotenes
gefordert sein. Wiederholte Einzelakte können
Eintätigkeit bilden. „Herrschaft“ ist auch der selb-
ständige Verwalter. Dieselbe Strafe trifft das
Gesinde, das „ohne gesetzmäßige Ursache den Dienst
versagt oder verläßt“. Als Versagen erscheint auch
das Verweigern einzelner Dienstleistungen. Das
Wiederentlaufen nach stattgefundener Zurückfüh-
rung ist ein selbständiges Delikt; Nichtrückkehr
vom Urlaub ist Dienstversagung. Der Strafan-
trag ist binnen 14 Tagen von der Herrschaft oder
deren Stellvertretern zu stellen.
Schließlich bedroht § 3 des Gesetzes mit Ge-
sängnis bis zu einem Jahre die Koalition als die
Verabredung der Einstellung der Ar-
beit oder deren Verhinderung, um die Arbeit-
geber zu Konzessionen zu nötigen oder die Auf-
forderung zu solchen Verabredungen.
Strafbar sind überdies nach GesO noch einzelne
Uebertretungen. So das Annehmen von Dienst-
boten ohne den erforderlichen Entlassungsschein,
ohne Dienstbuch oder Zeugnis. Ferner (§ 17) das
Anreizen der Dienstboten zum Verlassen des
Dienstes absciten der Ges Mäkler, nach § 20 das
Empfehlen untauglichen oder untreuen Gesindes
wider besseres Wissen; § 176 bestraft die Herr-
schaft wegen gleichartigen Verhaltens; 8 51
schließlich das Gesinde, welches sich nach vergeblich
gewesenen Zwangsmitteln weigert den Dienst
anzutreten, wenn die Herrschaft genötigt war,
einen anderen Dienstboten zu mieten.
II. In der Ges O für die Rheinprovinz v. 19. 8.
1844 ist einer polizeilichen Regelung in noch weiterer Trag-
weite Raum verstattet. Die Pol Behörden trefsen nach
4 47 Entscheidung mit sofortiger Vollzugskraft, wenn der
Streit betrifft „die Erfüllung gegenseitiger Verbindlichkeiten
während des bestehenden Dienstes, serner die Annahme oder
den Antritt, das Behalten oder Bleiben, den Abzug oder
die Entlassung des Gesindes, endlich die Erteilung eines
A-#schiedszeugnisses von Seiten der Herrschaft“. Bei der
p lizeilichen Anordnung bewendet es bis zur Entscheidung
des Rechtostreits. Hinsichtlich „der Beschaffenheit des Ent-
lassungszeugnisses“ ist dieser ausgeschlossen. Die Entschädi-
gungsklage gegen die Herrschaft, welche die Annahme des
Dienstboten rechtswidrig verweigert, setzt das Einschreiten
der Pol Behörde voraus. Nach 15 16 und 42 sind Zwangs-
mittel zulässig gegen das Gesinde, welches den Dienst nicht
antritt oder ohne gesehmäßige Ursache verläßt. Nach 1 41
ist die Herrschaft, welche rechtswidrig das Gesinde vor Ab-
lauf der Dienstzeit entläßt, auf dessen Antrag aufzufordern,
den Dienstvertrag fortzusetzen. Nach ## 44, 45 soll die Pol.
Behörde dem Gesinde ein zeugnis auf Kosten der Herr-
schaft auostellen, wenn diese demselben in dem von ihr aus-
gestellien Zeugnisse Beschuldigungen zur Last legte, „die
sein weiteres Fortkommen hindern würden“.
Schlietlich hat das Gesetz Pol Strafen festgesetzt gegen
Ges Mäkler, die rechtlich unzulässige Verträge vermitteln
ber unter Anreizung des Gesindes oder unter Täuschung
auf die Kontrahenten einzuwirken suchen (# 7), ferner gegen
den Dienstboten, „welcher sich an mehrere Herrschaften zu-
gleich vermietet“ (1 12), gegen diejenige Herrschaft, welche,
wenn das Gesinde sich grober Laster und Veruntreuungen
schuldig machte, wider besseres Wissen das Gegenteil bezeugt
(( 46).
Die GesO für Neu-BVorpommern und Rügen
v. 11. 4. 45 ist nur eine Umarbeitung der alten Preuß.
Ges v. 1810. Sie bestraft (5 28) den Dienstboten, welcher
sich mehrfach vermietet, 1 13 bestraft Täuschung der Herr-
schaft „durch falsche Kündigungsscheine oder Atteste“.
III. In den neuen Provinzen bestehen be-
sondere“ Dienstordnungen, so für Osna-
brück v. 28. 4. 33, Bremen und Berden v. 12. 4. 44,
das Land Hadeln v. 12. 10. 53, für die Reg. Bez. Han-
nmover, Hildesheim, Lüneburg und Harz-
bezirk v. 15. 8. 44, Ostfriesland und Harlin-
gerland v. 10. 7. 59, ferner das Dienstbotenedikt für das
Herzogtum Lauenburg v. 22. 12. 1732, die GesO v.
15. 5. 1797 für die Städte Kassel, Marburg, Rin-
teln und Hanau, die Kurhess. B v. 18. 5. 1801 für
Landstädte und das Land, die B v. 28. 12. 1816 für das
Großherzogtum Fulda, Nassauische B v. 15. 5.
1819, Landgräflich Hessische B v. 9. 10. 57, GesO für die
freie Stadt Frankfurt v. 5. 3. 1822 sowie die G v. 31.
1. 43 bezw. v. 30. 12. 43 für Hohenzollern-Sigma-=
ringen bezw. Hechingen, GesO für Schleswig-Hol-
stein v. 25. 2. 40.
Für die Provinzen Schleswig-Holstein und
Hessen-Nassau ist nach dem Vorbilde des Preuß.
Gv. 24. 4. 54 durch G v. 6. 2. 78 bezw. 27. 6. 86 die Be-
strafung des Gesindes wegen hartnäckigen Ungehorsams
oder Widerspenstigkeit, in letzterer Provinz auch wegen
Dienstversagung oder Dienstverlassens angeordnet. Es han-
delt sich auch hier um ein Antragedelikt.
3. Bayern. Das Königreich Bayern hat das
GesRecht kodifiziert durch das AG v. 9. 6. 99
à 15 u. f. Das Gesetz verweist auf die wegen
Kontraktswidrigkeit gegebene Entschädigungsklage
und gestattet den Pol Behörden, Personen, die
nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind
oder unter polizeilicher Aufsicht stehen, das Halten
von Dienstboten unter 18 Jahren zu untersagen.
Personen, die nach § 361 Nr. 6 StGB unter poli-
zeilicher Aufsicht stehen, dürfen Dienstboten unter
21 Jahren überhaupt nicht halten. Die Polizei
kann in diesen Fällen die Entlassung der Dienst-
boten erzwingen.
Es bestraft ferner a 106 des Pol StB Dienst-
boten, die sich mehreren Herrschaften zugleich ver-
dingen oder den Antritt oder die Forsetzung des
Dienstes rechtswidrig versagen. Auf Antrag der
Herrschaft kann die Polizei die zwangsweise Zu-
führung anordnen. Auch werden bestraft der hart-
näckige Ungehorsam, die Widerspenstigkeit, die
gröbliche Verletzung der schuldigen Achtung gegen
die Herrschaft. Nach a 108 werden Herrschaften
bestraft, die einen bereits verdungenen Dienst-
boten dingen oder die Ausstellung eines Zeug-
nisses verweigern. Nach a 107 treffen die Orts-
oder Distriktspolizeibehörden hinsichtlich der Dienst-
bücher die erforderlichen Bestimmungen.
#§ 4. Sachsen. Die revidierte Ges O v. 31. 5. 98
mit Abänderung (§5 63) durch G v. 9. 1. 06 hat
im #5 die Annahme minderjähriger Dienstboten
solchen Personen untersagt, die sich nicht im Ge-
nusse der bürgerlichen Ehrenrechte befinden oder
unter polizeilicher Aufsicht stehen oder zu deren
Haushalte solche Personen gebören. Die Ent-