Gewässer (A. Unterhaltung)
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nicht die dauernde Unterhaltung der ausgebauten
Strecke sichergestellt ist. Der Gesamtbegriff der
„Unterhaltung“ der G. ist in manchen Gesetzgebun-
gen, auch in der geltenden preußischen, nicht an-
erkannt (vgl. jedoch & 1 des Wassergenossenschafts G
v. 1. 4. 79), in denen vielmehr für die Räumung,
den Uferschutz usw. besondere Bestimmungen ge-
troffen werden. Es ist aber kaum zweifelhaft, daß,
wenigstens soweit es sich um die kleineren, der
direkten Pflege des Staates nicht unterstellten.
Wasserläufe handelt, nur eine einheitliche Regelung
der Unterhaltungspflicht den Weg zu besseren Zu-
ständen in unserer Wasserwirtschaft bahnen kann.
Die meisten Gesetzgebungen unterscheiden zwischen
schiffbaren (flößbaren) und Privatflüssen in Bezug
auf die Unterhaltungslast. Die badische und die
sächsische Gesetzgebung machen davon eine bemer-
kenswerte Ausnahme (s. unten 3, 4, 5). Das
württembergische Wasser G v. 1. 12. 00 enthält
überhaupt keine Bestimmungen über die Unter-
haltung. — Vgl. auch „Flüsse“, „Ströme“, „Ent-
wässerungen und Bewässerungen“, sowie unten
„B. Reinhaltung" S 234.
§#2. Die Unterhaltung der schiffbaren (öffent-
lichen) Flüsse. Diese liegt mit Rücksicht auf die
beteiligten Schiffahrtinteressen in der Regel dem
Staate ob (preuß. ALR #79 II, 15; bayer. Was-
ser G v. 23. 3. 07 a 91 ff; hefs. G v. 14. 6. 87 a 48,
der zwar keine ausdrückliche Bestimmung über
die Unterhaltung enthält, aber mit dem Eigentum
an den schiffbaren Flüssen auch die Unterhaltungs-
pflicht auf den Staat überträgt; elsaß-lothr. G
v. 2. 7. 91 9 27). In Sachsen hat der Staat nur
das Strombett der Elbe zu unterhalten (sächs.
Wasser G v. 12. 3. 09 §5 93), während im übrigen
die Unterhaltung der schiffbaren Flüsse ebenso ge-
regelt ist, wie die der nicht schiffbaren (s. unten # 4).
Die staatliche Unterhaltung beschränkt sich indes
überall auf die im Schiffahrtinteresse erforderlichen
Räumungs= und Regulierungsarbeiten. Darun-
ter fallen auch solche Uferschutzwerke, welche im
Wasser liegen und die Stromrichtung vom Ufer
abhalten sollen. Dagegen ist die Herstellung und
Unterhaltung der eigentlichen Uferschutzanlagen.
regelmäßig Sache der angrenzenden Grundstücks-
besitzer. Im Gebiete des preuß. ALR sind die
Adjazenten jedoch richtiger Ansicht nach nicht
verpflichtet, solche Anlagen herzustellen,
sondern sie haben nur die bestehenden zu unter-
halten (ALK II, 15 f63). Diese Verpflichtung
wäre auch praktisch kaum durchführbar, da der
Besitzer durch Dereliktion der im Abbruche licgen-
den Uferstrecke sich davon befreien kann (Nieber-
ding und Frank 1 S 388, 393). In Bayern bildet
der Uferschutz an den schiff= oder flößbaren Flüssen
nach a 92 des bayer. Wasser G v. 23. 3. 07 eine
Kreislast. Da sich die staatliche Unterhaltung der
schiffbaren Flüsse im allgemeinen nur soweit er-
streckt, als das Schiffahrtinteresse reicht, werden.
Regulierungswerke, die lediglich den Nutzen der an-
grenzenden Grundstücke bezwecken, nur auf Kosten
der Grundstücksbesitzer ausge führt, es sei denn, daß
sie durch eine im Schiffahrtinteresse vorgenommene
Flußkorrektion notwendig werden. Die Anlieger
bedürfen zu allen an öffentlichen Flüssen vorzu-
nehmenden eigentlichen Wasserbauten der staat-
lichen Genehmigung, nicht aber zu bloßen Ufer-
bauten. Da größere Flußregulicrungen fast immer
auf den Grundwasserstand und die Abwässerungs-
verhältnisse der angrenzenden Grundstücke, und
zwar oft auf erhebliche Entfernungen, einwirken,
so ist es im Landeskultur-Interesse geboten, vor
Feststellung der betreffenden Pläne den Grund-
besitzern Gelegenheit zur Acußerung zu geben.
In dem preuß. Strombauverwaltungs G v. 20. 8.
1883 ist dies ausdrücklich vorgeschrieben (§ 2).
5* 3. Die Unterhaltung der nichtschiffbaren
Wasserläufe. a) Preußen. Im Geltungs-
bereich des Allgemeinen Land-
rechts sind die Uferbesitzer zur Räumung der
nichtschiffbaren Wasserläufe insoweit verpflichtet,
als die Räumung im Interesse dritter, namentlich
zur Beschaffung der Vorflut, geboten ist (ALR
1I, 8 599; Vorflutedikt v. 15. 11. 1811 910; Privat-
fluße v. 28. 2. 43 5 7). Die Ortspolizeibehörde
— auf dem Lande also der Amtsvorsteher — kann
die Räumung anordnen und, wenn über die
Räumungspflicht Streit ist, interimistisch bestim-
men, durch wen die Räumung bewirkt werden
soll (§7 Abs 2 Gv. 28. 2. 43). Ueber die gegen
diese polizeiliche Anordnung zulässigen Rechts-
mittel bestimmt der § 66 Zust G v. 1. 8. 83. Eine
weitergehende Unterhaltungspflicht in Bezug auf
die Privatflüsse besteht nicht, namentlich kann der
Uferschutz nur insofern erzwungen werden, als
durch Uferabbruch eine die Vorflut beeinträchti-
gende Verschlammung oder Versandung des
Flußbetts herbeigeführt oder durch Verstrauchung
und Anlandungen der ordnungsmäßige Ablauf
des Wassers gehindert wird (OVG 5, 253; 8, 229).
Ebensowenig kann der einzelne Besitzer zu Regu-
lierungsarbeiten gegen seinen Willen herange-
zogen werden, abgesehen vom Falle der Bildung
einer Wassergenossenschaft (NI. Andererseits be-
darf der Uferbesitzer zu Uferschutz= und Regulie-
rungsanlagen bei Privatflüssen im allgemeinen
keiner polizeilichen Genehmigung. Zur vollstän-
digen Verlegung des Flußlaufs, auch wenn er sie
ganz auf eigenem Grund und Boden vornehmen
und den Fluß noch innerhalb seines Besitztums
in das ursprüngliche Bett zurückführen will, be-
darf er jedoch nach einer neueren Entsch des O#####
der Genehmigung der Wasserpolizeibehörde (Pr.
Verw Bl 31, 310). Gehören die Ufer des Flusses
verschiedenen Eigentümern, so ist der einzelne im
Interesse des gegenüberliegenden Nachbars an ge-
wisse Beschränkungen gebunden (§229 ff ALR 19);
z. B. bedarf er polizeilicher Genehmigung für den
Bau von Buhnen oder sonstigen Anlagen, durch
welche eine schon vorhandene Anlandung der Ge-
fahr der Abtreibung ausgesetzt wird. Die Mangel-
haftigkeit der altpreußischen Gesetzgebung auf die-
sem Gebiete liegt auf der Hand und ist auch in
amtlichen Kundgebungen wiederholt anerkannt.
Die ordnungsmäßige Unterhaltung der nicht selten
arg verwilderten Flüsse übersteigt vielfach die
Kräfte des Anliegers, der vielleicht mit einem
langen schmalen Streifen den Fluß berührt und
rechtlich zu einer Leistung verpflichtet ist, die viel
weniger seinem eigenen Grundstück, als dem
Grundstücke der oberhalb und unterhalb angren-
zenden Besitzer zugute kommt. Ein solches Ver-
hältnis muß die Exekutive lähmen. Eine systema-
tische und von technisch richtigen Grundsätzen ge-
leitete Pflege der nichtschiffbaren Flußläufe wird
daher durch die jetzige Gesetzgebung nicht gewähr-
leistet. Es wird deshalb bei künftigen gesetzgeberi-
schen Maßnahmen auf dem Gebiete des Wasser-