Gewässer (B. Reinhaltung)
ist die Reinhaltung im geltenden Rechte weder
für alle Arten der Gewässer noch auch für alle
Landesteile gleichmäßig und nach einheitlichen
Gesichtspunkten geregelt. Die Kab O v. 24. 2. 1816
betrifft nur die schiff= und flößbaren Flüsse und
Kanäle, der § 3 des Privatfluß G v. 28. 2. 43
die (nicht schiffbaren) Privatflüsse. Beide Gesetze,
die nur in den sog. alten Provinzen gelten, unter-
sagen die Verunreinigung, insoweit sie durch ge-
werbliche Anlagen herbeigeführt wird, die Ka-
binettsorder jedoch nur, wenn sie durch Einwerfen
fester Stoffe erfolgt. Die Kabinettsorder stellt
ferner jede erhebliche Verunreinigung unter
Strafe, während §& 3 des Privatfluß G die Verun-
reinigung nur dann verbietet, wenn dadurch der
Bedarf der Umgegend an reinem Wasser beein-
trächtigt oder eine erhebliche Belästigung des
Publikums verursacht wird. Außerdem kann nach
z 6 die Anlegung von Hanf= und Flachsröten von
der Polizei untersagt werden, wenn dadurch die
Heilsamkeit der Luft beeinträchtigt wird, eine Be-
stimmung, die kaum noch praktische Bedeutung
hat, da sie nur noch für geschlossene Gewässer im
Sinne des Fischereirechts (Vgilt, für nicht geschlos-
sene Gewässer aber durch den # 44 Fischerei G v.
30. 5. 74 ersetzt ist. Der im rheinischen Rechts-
gebiete noch geltende a 42 der Ordonnance von
1669 untersagt jede Verunreinigung schiff= und
flößbarer Flüsse. Die allgemeine Strafbestim-
mung des §& 27 des Feld- und Forstpolizei G v.
1. 4. 80 hat nur ein sehr beschränktes Anwendungs-
gebiet, insofern die Strafandrohung unter Nr. 1
für unbefugtes Hanf= und Flachsröten nur für
den Fall des § 6 des PrivatflußG Bedeutung hat,
die Nr. 2 nur das Aufweichen und Reinigen von
Fellen und das Waschen von Schafen in Ge-
wässern betrifft und unter Nr. 3 eine sonstige
Verunreinigung nur unter Strafe gestellt ist, wenn
sie unbefugt erfolgt, also unter Verstoß gegen eine
andere gesetzliche Vorschrift, insbesondere gegen
s3 PrivatflußC, der eine eigene Strafandrohung
nicht enthält. Schließlich besteht noch eine Anzahl
gesetzlicher Bestimmungen mit mehr lokalem Gel-
tungsbereiche, von denen nur der in einzelnen
Teilen der Provinz Hessen-Nassau noch geltende
à 58 des bayerischen G v. 28. 5. 52 erwähnt sei,
wonach die Benutzung des Wassers zum Betriebe
von Gerbereien, chemischen Fabriken, Bleichen
und zu anderen Bestimmungen, durch welche die
Eigenschaften des Wassers auf schädliche Art ver-
unreinigt werden, der besonderen Bewilligung
und Beschränkung durch die Verw Behörde un-
terliegt. «
2. Soweit die vorstehend aufgeführten Be-
stimmungen eine ausreichende Handhabe, für die
Reinhaltung zu sorgen, nicht bieten, kann die Pol-
Behörde auf Grund der Bestimmungen des als all-
gemeines preußisches Landesrecht (OVG 7, 391;
15, 434) für den ganzen Umfang der Monarchie
geltenden § 10 II, 17 ALn sowie des Gesetzes
über die Pol Verwaltung v. 11. 3. 50 (GS 265)
und des §& 6 der V über die Pol Verwaltung in
den neu erworbenen Landesteilen v. 20. 9. 67
(65 1529) gegen eine Verunreinigung der Ge-
wässer einschreiten, wenn die Voraussetzungen
dieser Gesetze gegeben sind, insbesondere also,
wenn es sich um die „Abwendung einer dem
Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben
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ist dann bei ihren Maßnahmen nicht an die
für ein privatrechtliches Vorgehen unerläßliche
Voraussetzung einer das gemeinübliche Maß über-
schreitenden Verunreinigung (s. 2) gebunden.
Ein polizeiliches Einschreiten wird sich insbeson-
dere häufig aus dem Gesichtspunkt einer durch
die Verunreinigung drohenden Gesundheitsgefahr
rechtfertigen lassen, wobei es genügt, wenn eine
auch nur mittelbare Gesundheitsgefahr, wie sie
z. B. üble Ausdünstungen im Gefolge haben
können, zu besorgen ist (OVG im Pr. VBl 17, 431).
Der Verunreinigung eines öffentlichen
Flusses kann die Pol Behörde ferner, ohne an die
Schranken des # 10 II 17 ALR gebunden zu
sein, auch von dem Gesichtspunkt aus entgegen-
treten, daß darin niemand ohne Genehmigung der
zuständigen Behörde etwas vornehmen darf, was
über den Gemeingebrauch hinausgeht, und daß
die Bescitigung dessen, was hiernach der Geneh-
migung bedurfte, aber die Genehmigung nicht
erhalten hat, lediglich deshalb verlangt werden
kann, weil es nicht genehmigt worden ist (OVG-
32, 263; Pr. VBl 31, 44).
Die für das polizciliche Vorgehen zum Schutze
der Reinhaltung maßgebenden Gesichtspunkte
sind erschöpfend in der MinVfg v. 20. 2. 01
(MliV 91) zusammengestellt.
3. Besondere Vorschriften sind erlassen für
Kanalisationsunternehmungen
größeren Umfangs, für die durch die Min E v.
1. 9. 77, 8. 9. 86 und 30. 3. 96 (Mli V 257,
223, 70) eine vorgängige Genehmigung vorge-
schrieben ist, und zwar nicht nur, wenn die Kana-
lisationswässer unmittelbar einem öffentlichen
Wasserlaufe zugeführt werden sollen, sondern
auch dann, wenn dies unter Vermittelung von
Privatgewässern geschehen soll, und selbst dann,
wenn der Einlaß der Kanalisationswässer in ein
Privatgewässer beabsichtigt wird, das überhaupt
keinen Abfluß nach einem öffentlichen Gewässer
hat. Die Anordnung verfolgt den Zweck, der Ver-
unreinigung der Wasserläufe durch Kanalisations=
wässer, namentlich aus größeren Gemeinwesen,
überall nach gleichen Grundsätzen vorzubeugen.
Die Prüfung und Genehmigung geschieht deshalb
auch in der Ministerialinstanz.
4. Für die fortlaufende Beobachtung und Ver-
wertung der Fortschritte auf dem Gebiete der
Reinhaltung ist im Jahre 1901 die Kgl Ver-
suchs= und Prüfungsanstalt für Was-
serversorgung und Abwässerbesei-
tigung in Berlin ins Leben gerufen worden,
bei der sowohl Behörden wie Privatpersonen
gegen mäßige Gebühren sachkundigen Rat er-
langen können (Geschäftsanweisung in Heft 1
Sb5 der „Mitteilungen aus der Kgl Versuchs-
und Prüfungsanstalt").
Duellen: 1. Reichsrecht im Texte 1 2 an-
gegeben. 2. Preußen: a) Für die ganze Monarchie:
43, 44, 150 Nr. 7 Fischerei v. 30. 5. 74 (GE 197),
1.27 Feld- und Forstpolizeic# v. 1. 4. 80 (GS 230); b) für
den Bezirk der 9 alten Provinzen: Kab O v. 24. 2. 1816,
die Verhütung der Verunreinigung der schiff= und flöß-
baren Flüsse und Kanäle betr. (GS# 108), 11 3, 6 G über
die Benutzung der Privatflüsse v. 28. 2. 43 (GS 41), ein-
geführt in der Rheinprovinz durch V v. 9. 1. 45 (GS 35);
c) für den Geltungsbereich des rheinischen Rechtes: Titre
bevorstehenden Gefahr" handelt. Die Pol Behörde! XXVI # ° der ordonnance du mols d’'aodt 1669 sur le