Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gewerbe (I. Gewerbepolizei) 
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Weise einschränkende Bestimmungen hinsichtlich 
der Ausübung des Gewerbes enthalten, 
kommt in erster Linie das Gesetz betr. unlauteren 
Wettbewerb in Betracht, das den Aus- 
schreitungen im Reklamewesen, den auf Täuschung 
berechneten Ausverkäufen, den unlauteren Be- 
nachteiligungen der Konkurrenten durch auf Täu- 
schung berechnete Benutzung von kaufmännischen 
Namen oder Verrat von Geschäfts= und Betriebs- 
geheimnissen oder unwahre Behauptungen über 
sie entgegentreten will. Auf gleicher Linie be- 
wegen sich die Gesetze zum Schutze der Waren- 
bezeichnungen, und dem gleichen Rechtsschutze 
dienen auch die Gesetze zum Schutze der gewerb- 
lichen Erfindungen und des Urheberrechts, welche 
den übrigen Gewerbetreibenden die gewerbliche 
Verwertung des geschützten Gegenstandes im 
Interesse des Erfinders und Urhebers verbieten. 
5) Als eine Beschränkung in der Ausübung 
des Gewetriebes müssen auch diejenigen Vor- 
schriften erachtet werden, welche zum Schutze 
der gewerblichen Arbeiter getroffen 
sind. An sich begreift die Befugnis zum selb- 
ständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes das 
Recht in sich, in beliebiger Zahl Gesellen, Ge- 
hilfen, Arbeiter jeder Art anzunehmen, und es 
finden in der Wahl des Arbeits= und Hilfsperso- 
nals keine Beschränkungen statt. Solche kennt 
das Gesetz aber einmal hinsichtlich der Lehrlingshal- 
tung [J Handwerks] und ferner in den Be- 
stimmungen über die Beschäftigung jugendlicher 
und weiblicher Personen sowie zum Schutze der 
gewerblichen Arbeiter in gesundheitlicher und 
sittlicher Beziehung [IX Arbeiterschutz, Gewerbe- 
aufsichtl!. 
6) Die Art der Ausübung des Gewerbes wird 
auch durch die gesetzliche Vorschrift beeinflußt, 
wonach die Zentralbehörden befugt sind, hin- 
sichtlich der Pfandleiher [AIl, Pfandvermittler 
und Auktionatoren, sowie der Stellenver- 
mittler X] Vorschriften über den Umfang der 
Befugnisse und Verpflichtungen, ihren 
Geschäftsbetrieb, Bücherführung und entsprechen- 
de polizeiliche Kontrolle zu treffen (s§ 38 GewO 
und Stellenvermittler G). 
7) Endlich sind auch die Bestimmungen des Ge- 
setzes über die Sonntagsruhe hierher zu 
rechnen. Insoweit diese sich auf den Arbeiterschutz 
beziehen J Arbeiterschutz. Indessen gehen sie 
über den bloßen Arbeiterschutz insofern hinaus, 
als sie einen GewnBetrieb an Sonn= und Fest- 
tagen in offenen Verkaufsstellen insoweit verbie- 
ten als an diesen Tagen Gehilfen, Lehrlinge und 
Arbeiter im Handelsgewerbe nicht beschäftigt wer- 
den dürfen, eine Vorschrift, die auf den Geschäfts- 
betrieb von Konsum-= und anderen Vereinen ent- 
sprechende Anwendung findet. Ebenso kann auf 
Antrag von mindestens zwei Dritteln der betei- 
ligten Gewerbetreibenden für eine Gemeinde 
oder mehrere örtlich zusammenhängende Gemein- 
den durch die höhere Verw Behörde (lin Preu- 
ßen Reg Präsident bezw. Berliner Pol Präsident, 
in Bayern Kreisregierung K. d. J., Sach- 
sen Kreishauptmannschaft, Württemberg 
Kreisregierung, Baden Bezirksrat, Hessen 
Kreisamt, Elsaß---Lothringen Bezirksprä- 
sident) vorgeschrieben werden, daß an Sonn= und 
Festtagen in bestimmten Gewerben, deren voll- 
ständige oder teilweise Ausübung zur Befriedi- 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. II. 
  
  
gung täglicher oder an diesen Tagen besonders 
hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung 
erforderlich ist, wie dies namentlich im Barbier- 
und Friseurgewerbe der Fall ist, ein Betrieb nur 
insoweit stattfinden darf, als die Beschäftigung 
von Gehilfen darin zugelassen ist (s§ss 41 a und 
41b GewO). 
8) In derselben Richtung bewegen sich die Be- 
stimmungen über den Ladenschluß. Hier—- 
nach müssen von 9 Uhr abends bis 5 Uhr mor- 
gens offene Verkaufsstellen für den geschäftlichen 
Verkehr geschlossen sein; doch sieht das Gesetz 
sowohl Ausnahmen als auch weitergehende Be- 
stimmungen vor. In ersterer Beziehung ist ein 
Verkehr über 9 Uhr abends gestattet für unvor- 
hergesehene Notfälle, ferner nach näherer Be- 
stimmung der höheren Verw Behörde (wie zuvor, 
nur für Württemberg Oberamt) in Städten, die 
nach der letzten Volkszählung weniger als 2000 
Einw. haben, sowie in ländlichen Gemeinden, 
sofern sich in ihnen der Geschäftsverkehr vor- 
nehmlich auf einzelne Tage der Woche oder auf 
einzelne Stunden des Tages beschränkt. Außer- 
dem kann überall an höchstens 40 von der Orts- 
polizeibehörde zu bestimmenden Tagen die Laden- 
schlußzeit bis 10 Uhr abends erstreckt werden. 
Weitergehend ist dagegen die Bestimmung, daß 
auf Antrag von mindestens 2 der beteiligten 
Geschäfteinhaber für einzelne Gemeinden durch 
Anordnung der höheren Verw Behörde nach An- 
hörung der Gemeindebehörde für alle oder ein- 
zelne Geschäftszweige angeordnet werden kann, 
daß die offenen Verkaufsstellen während be- 
stimmter Zeiträume oder während des ganzen 
Jahres auch in der Zeit zwischen 8 und 9 Uhr 
abends und 5 und 7 Uhr morgens für den ge- 
schäftlichen Verkehr geschlossen sein müssen. Ueber 
das zur Feststellung der erforderlichen Zahl von 
Geschäftsinhabern zu beobachtende Verfahren hat 
der BR in der Bek v. 25. 1. 02 Rll 38 eine 
Regelung getroffen. Die Bestimmungen betr. 
die Ladenschlußzeit wirken entsprechend auch auf 
den ambulanten und den Wander GewBetrieb 
(s. & 3) zurück (I§& 139e u. 139f GewO). 
# 3. Der ambulante Gewerbebetrieb; der 
Gewerbebetrieb im Umherziehen. Wenn die 
GewO Gewreiheit gewährleistet, so bezieht sich 
diese nur auf den stehenden GewBetrieb. Als 
solcher erscheint nach dem Gesetz aber jeder Gew- 
Betrieb, der nicht als GewBetrieb im Umher- 
ziehen, wie ihn die Gew O definiert, zu qualifizieren 
ist, also z. B. auch der Marktverkehr (s. 35 5). In- 
dessen behandelt sie die als ambulanten Gewe- 
trieb zu bezeichnenden Formen des GewBetricbs 
vielfach nach den Grundsätzen, welche für den 
Gewgetrieb im Umherziehen aufsgestellt sind. 
1) Ein Gewerbebetrieb im Umher- 
ziehen liegt nur dann vor, wenn ein Gewerbe- 
treibender außerhalb des Gemeinde bezirkes 
seines Wohnorts oder seiner ihm gleichgestellten 
nächsten Umgebung ohne Begründung einer ge- 
werblichen Niederlassung, welche die Absicht vor- 
aussetzt, in einem bestimmten Lokale dauernd ein 
Gewerbe betreiben zu wollen, und ohne vorgängige 
Bestellung (als welche die Aufforderung an ihn 
erachtet werden muß, sich bei dem Auffordernden 
behufs Abschlusses eines bestimmten Geschäfts 
einzufinden) in eigener Person die nachbenannten 
gewerblichen Handlungen vornimmt: das Feil- 
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