Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gewerbe 
  
bieten von Waren, Aufsuchen von Warenbestel- 
lungen oder Ankaufen von Waren bei anderen 
Personen als bei Kaufleuten oder an anderen 
Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wieder- 
verkaufe, das Anbieten von gewerblichen Leistun- 
en, wie es z. B. von Korbmachern, Uhrmachern, 
ühlenärzten, Scherenschleifern ausgeht, und das 
Darbieten von Musikaufführungen, Schaustellun- 
gen, theatralischen Vorstellungen oder sonstigen 
Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der 
Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet (# 55 
GewO). Der so definierte Gew Betrieb im Um- 
herziehen erscheint als ein wohltätiger Faktor im 
wirtschaftlichen Leben insofern, als er für Orte 
und Gegenden, die wegen ihrer Unbedeutenheit 
und Entlegenheit die Niederlassung eines stehen- 
den Gew Betriebs nicht rentabel erscheinen lassen, 
die Möglichkeit der Befriedigung von Bedürfnissen, 
die nur im Handelsverkehr zu decken sind, ge- 
währt. Andererseits führt er die Gefährdungen der 
öffentlichen Sicherheit, Sittlichkeit und Gesund- 
heit mit sich, welche den Gesetzgeber veranlassen 
müssen, hinsichtlich seiner Zulassung und Aus- 
übung die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln 
zu treffen, die eine Einschränkung der sonst be- 
stehenden Gew reiheit bedeuten. 
2) Die gleichen Gesichtspunkte haben zu ähn- 
lichen Maßregeln hinsichtlich derjenigen Formen 
des stehenden Gew Betriebs geführt, die mit dem 
Gew Betrieb im Umherziehen große Aehnlichkeit 
haben, nämlich dem ambulanten Ge- 
werbe, das sich innerhalb des Wohn- 
orts des Gewerbetreibenden in ähnlichen For- 
men und mit ähnlichen Zielen wie jener entwickelt 
und hier von Haus zu Haus oder auf öffentlichen 
Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffent- 
lichen brten betrieben wird. 
Als eine bedeutsame Beschränkung erscheint 
für beide Betriebsformen die Bestimmung, daß 
bestimmte Gegenstände weder feilgeboten noch 
(beim ambulanten Gewerbe zum Wiederverkauf) 
angekauft werden dürfen l Wanderge- 
werbel. 
Insoweit nicht ein Verbot mit Rücksicht auf den 
Gegenstand des Gewerbes besteht, ist der am- 
bulante Gewetrieb gestattet, jedoch kann die 
höhere VerwBehörde (Preußen Reg Präsi- 
dent bezw. in Berlin Pol Präsident, Bayern 
Regierung K. d. J., Sachsen Kreishauptmann- 
schaft, Württemberg Kreisregierung, Ba- 
den Landeskommissär, Hessen Kreisamt, El- 
saß-Lothringen Bezirkspräsident) nach An- 
hörung der Gemeindebehörde oder letztere (Preu- 
ßen Gemeindevorstand bezw. Gutsvorsteher, 
Bayern Magistrat bezw. Gemeindeausschuß 
und Gemeinderat, Sachsen Stadtrat bezw. 
Gemeinderat, Württemberg, Baden und 
Elsaß-Lothringen Gemeinderat, Hes- 
sen Gemeindevertretung) mit Genehmigung 
der ersteren für einzelne Gemeinden den GewBe- 
trieb von einer Erlaubnis abhängig machen, 
sofern es sich handelt um das Feilbieten von Wa- 
ren oder das Ankaufen von Waren bei andern 
Personen als Kaufleuten oder solchen Personen, 
welche die Waren produzieren oder an anderen 
Orten als offenen Verkaufsstellen zum Wieder- 
verkauf, oder um Aufsuchen von Warenbestellun- 
gen bei Personen, in deren GewBetriebe Waren 
der angebotenen Art keine Verwendung finden, 
  
oder um Anbieten gewerblicher Leistungen, hin- 
sichtlich deren dies nicht Landesgebrauch ist (Er- 
laubnisschein), während für Lustbarkeiten 
usw. stets eine Erlaubnis der Ortspolizeibehörde 
erforderlich ist (§ 60a GewO). Zum GewBetrieb 
im Umherziehen dagegen bedarf es stets 
einer Erlaubnis, die in Form eines Wander- 
gewerbescheins erteilt wird (## 42b und 
55 GewO). Ausnahmen hiervon sowie Gründe 
für Versagung des Scheines Wandergewerbe. 
Bei Ausländern liegt es im Ermessen der 
Behörde, ob sie den Schein erteilen will (s 564 
GewO). Nach der Bek des RK v. 27. 11. 96 
(Rö#l 797) ist ihnen der Schein nur im Falle 
eines Bedürfnisses zu erteilen und Zigeunern ist 
er stets zu versagen, während andererseits der 
Mangel eines festen Wohnsitzes im Inland Aus- 
ländern gegenüber nicht einen Versagungsgrund 
bildet. Ueber die Zuständigkeit zur Erteilung des 
Scheins und seine Zurücknahme Wandergewerbe. 
# 4. Der Handelsreisende. Derjenige, wel- 
cher selbständig ein stehendes Gewerbe be- 
treibt, fällt, soweit das Gesetz nicht anders be- 
stimmt, auch dann nicht unter die Vorschriften für 
den Gewetrieb im Umherziehen, wenn er sein 
Gewerbe außerhalb des Gemeindebezirks seiner 
gewerblichen Niederlassung ausübt. Es gilt viel- 
mehr der Grundsatz, daß derjenige, welcher im 
Inland ein zu dauerndem Gebrauch eingerichtetes, 
beständig oder doch in regelmäßiger Wiederkehr 
von ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines 
Gewerbes benutzt, sowohl innerhalb als auch au- 
ßerhalb dieser Niederlassung zum Betriebe dieses 
stehenden Gewerbes befugt ist (§ 42 Gew0). 
Insbesondere ist es ihm gestattet, persönlich oder 
durch in seinem Dienste stehende Reisende für die 
Zwecke seines GewBetriebes Waren aufzukaufen 
und Bestellungen auf Waren zu suchen. Indessen 
gilt diese Befugnis nicht vorbehaltlos; er darf viel- 
mehr die aufgekauften Waren nur behufs 
deren Beförderung nach dem Bestimmungsorte 
mit sich führen, und das Aufkaufen darf nur bei 
Kaufleuten oder solchen Personen, welche die 
Waren produzieren, oder in offenen Verkaufs- 
stellen erfolgen. Ebenso darf das Aufsuchen 
von Bestellungen auf Waren, mit Aus- 
nahme von Druckschriften, anderen Schriften und 
Bildwerken ohne ausdrückliche Aufforderung nur 
bei Kaufleuten in deren Geschäftsräumen oder 
bei solchen Personen geschehen, in deren Ge- 
schäfts-(nicht etwa bloß Gewerbedbetriebe 
Waren der angebotenen Art Verwendung finden 
(einzelne Ausnahmen hat der Bundesrat auf 
Grund gesetzlicher Ermächtigung zugelassen), und 
es dürfen von den Waren, auf welche Bestellungen 
gesucht werden, nur Proben und Muster mitgeführt 
werden, wobei der Bundesrat gleichfalls auf 
Grund gesetzlicher Ermächtigung Ausnahmen zu- 
elassen hat (ugl. Bek v. 27. 11. 96 Abschn. I, 
GBl 745). Werden diese Voraussetzungen nicht 
erfüllt, so fällt dieser sog. Detailreisende unter die 
Vorschriften für den GewBetrieb im Umher- 
ziehen (§ 44 GewO). Im anderen Falle bedarf 
der Handelsreisende einer Legitimations- 
arte. 
Diese wird auf den Antrag des Inhabers 
des stehenden Gewerbebetriebes 
für die Dauer des Kalenderjahres und den Um- 
fang des Reichs von der für seinen Niederlassungs- 
 
	        
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