242
Gewerbe
bieten von Waren, Aufsuchen von Warenbestel-
lungen oder Ankaufen von Waren bei anderen
Personen als bei Kaufleuten oder an anderen
Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wieder-
verkaufe, das Anbieten von gewerblichen Leistun-
en, wie es z. B. von Korbmachern, Uhrmachern,
ühlenärzten, Scherenschleifern ausgeht, und das
Darbieten von Musikaufführungen, Schaustellun-
gen, theatralischen Vorstellungen oder sonstigen
Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der
Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet (# 55
GewO). Der so definierte Gew Betrieb im Um-
herziehen erscheint als ein wohltätiger Faktor im
wirtschaftlichen Leben insofern, als er für Orte
und Gegenden, die wegen ihrer Unbedeutenheit
und Entlegenheit die Niederlassung eines stehen-
den Gew Betriebs nicht rentabel erscheinen lassen,
die Möglichkeit der Befriedigung von Bedürfnissen,
die nur im Handelsverkehr zu decken sind, ge-
währt. Andererseits führt er die Gefährdungen der
öffentlichen Sicherheit, Sittlichkeit und Gesund-
heit mit sich, welche den Gesetzgeber veranlassen
müssen, hinsichtlich seiner Zulassung und Aus-
übung die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln
zu treffen, die eine Einschränkung der sonst be-
stehenden Gew reiheit bedeuten.
2) Die gleichen Gesichtspunkte haben zu ähn-
lichen Maßregeln hinsichtlich derjenigen Formen
des stehenden Gew Betriebs geführt, die mit dem
Gew Betrieb im Umherziehen große Aehnlichkeit
haben, nämlich dem ambulanten Ge-
werbe, das sich innerhalb des Wohn-
orts des Gewerbetreibenden in ähnlichen For-
men und mit ähnlichen Zielen wie jener entwickelt
und hier von Haus zu Haus oder auf öffentlichen
Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffent-
lichen brten betrieben wird.
Als eine bedeutsame Beschränkung erscheint
für beide Betriebsformen die Bestimmung, daß
bestimmte Gegenstände weder feilgeboten noch
(beim ambulanten Gewerbe zum Wiederverkauf)
angekauft werden dürfen l Wanderge-
werbel.
Insoweit nicht ein Verbot mit Rücksicht auf den
Gegenstand des Gewerbes besteht, ist der am-
bulante Gewetrieb gestattet, jedoch kann die
höhere VerwBehörde (Preußen Reg Präsi-
dent bezw. in Berlin Pol Präsident, Bayern
Regierung K. d. J., Sachsen Kreishauptmann-
schaft, Württemberg Kreisregierung, Ba-
den Landeskommissär, Hessen Kreisamt, El-
saß-Lothringen Bezirkspräsident) nach An-
hörung der Gemeindebehörde oder letztere (Preu-
ßen Gemeindevorstand bezw. Gutsvorsteher,
Bayern Magistrat bezw. Gemeindeausschuß
und Gemeinderat, Sachsen Stadtrat bezw.
Gemeinderat, Württemberg, Baden und
Elsaß-Lothringen Gemeinderat, Hes-
sen Gemeindevertretung) mit Genehmigung
der ersteren für einzelne Gemeinden den GewBe-
trieb von einer Erlaubnis abhängig machen,
sofern es sich handelt um das Feilbieten von Wa-
ren oder das Ankaufen von Waren bei andern
Personen als Kaufleuten oder solchen Personen,
welche die Waren produzieren oder an anderen
Orten als offenen Verkaufsstellen zum Wieder-
verkauf, oder um Aufsuchen von Warenbestellun-
gen bei Personen, in deren GewBetriebe Waren
der angebotenen Art keine Verwendung finden,
oder um Anbieten gewerblicher Leistungen, hin-
sichtlich deren dies nicht Landesgebrauch ist (Er-
laubnisschein), während für Lustbarkeiten
usw. stets eine Erlaubnis der Ortspolizeibehörde
erforderlich ist (§ 60a GewO). Zum GewBetrieb
im Umherziehen dagegen bedarf es stets
einer Erlaubnis, die in Form eines Wander-
gewerbescheins erteilt wird (## 42b und
55 GewO). Ausnahmen hiervon sowie Gründe
für Versagung des Scheines Wandergewerbe.
Bei Ausländern liegt es im Ermessen der
Behörde, ob sie den Schein erteilen will (s 564
GewO). Nach der Bek des RK v. 27. 11. 96
(Rö#l 797) ist ihnen der Schein nur im Falle
eines Bedürfnisses zu erteilen und Zigeunern ist
er stets zu versagen, während andererseits der
Mangel eines festen Wohnsitzes im Inland Aus-
ländern gegenüber nicht einen Versagungsgrund
bildet. Ueber die Zuständigkeit zur Erteilung des
Scheins und seine Zurücknahme Wandergewerbe.
# 4. Der Handelsreisende. Derjenige, wel-
cher selbständig ein stehendes Gewerbe be-
treibt, fällt, soweit das Gesetz nicht anders be-
stimmt, auch dann nicht unter die Vorschriften für
den Gewetrieb im Umherziehen, wenn er sein
Gewerbe außerhalb des Gemeindebezirks seiner
gewerblichen Niederlassung ausübt. Es gilt viel-
mehr der Grundsatz, daß derjenige, welcher im
Inland ein zu dauerndem Gebrauch eingerichtetes,
beständig oder doch in regelmäßiger Wiederkehr
von ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines
Gewerbes benutzt, sowohl innerhalb als auch au-
ßerhalb dieser Niederlassung zum Betriebe dieses
stehenden Gewerbes befugt ist (§ 42 Gew0).
Insbesondere ist es ihm gestattet, persönlich oder
durch in seinem Dienste stehende Reisende für die
Zwecke seines GewBetriebes Waren aufzukaufen
und Bestellungen auf Waren zu suchen. Indessen
gilt diese Befugnis nicht vorbehaltlos; er darf viel-
mehr die aufgekauften Waren nur behufs
deren Beförderung nach dem Bestimmungsorte
mit sich führen, und das Aufkaufen darf nur bei
Kaufleuten oder solchen Personen, welche die
Waren produzieren, oder in offenen Verkaufs-
stellen erfolgen. Ebenso darf das Aufsuchen
von Bestellungen auf Waren, mit Aus-
nahme von Druckschriften, anderen Schriften und
Bildwerken ohne ausdrückliche Aufforderung nur
bei Kaufleuten in deren Geschäftsräumen oder
bei solchen Personen geschehen, in deren Ge-
schäfts-(nicht etwa bloß Gewerbedbetriebe
Waren der angebotenen Art Verwendung finden
(einzelne Ausnahmen hat der Bundesrat auf
Grund gesetzlicher Ermächtigung zugelassen), und
es dürfen von den Waren, auf welche Bestellungen
gesucht werden, nur Proben und Muster mitgeführt
werden, wobei der Bundesrat gleichfalls auf
Grund gesetzlicher Ermächtigung Ausnahmen zu-
elassen hat (ugl. Bek v. 27. 11. 96 Abschn. I,
GBl 745). Werden diese Voraussetzungen nicht
erfüllt, so fällt dieser sog. Detailreisende unter die
Vorschriften für den GewBetrieb im Umher-
ziehen (§ 44 GewO). Im anderen Falle bedarf
der Handelsreisende einer Legitimations-
arte.
Diese wird auf den Antrag des Inhabers
des stehenden Gewerbebetriebes
für die Dauer des Kalenderjahres und den Um-
fang des Reichs von der für seinen Niederlassungs-