Gewerbegerichte
gewerblichen Betriebe fehlen. In Ka-
merun und Togo ist das Löschen und Laden im
Schiffsverkehr an Sonn= und Festtagen in der
Regel verboten [7 Hafenl. Auf Samnoa ist der
Schluß der Läden und Schankräume eingehend
geregelt. Für Europäer findet in allen Schutzge-
bieten RGewO # 105a Anwendung, soweit er
privatrechtlichen Inhalts ist (vgl. 5 1 a. E.).
5. Der Gewerbebetrieb im Umherziehen
wird nur ausnahmsweisec einmal vom Gesetz-
geber besonders berücksichtigt. In Südwest-
afrika und in Kamerun bedürfen die Wander-
händler eines GewsScheines. Die betr. Bestim-
mungen ähneln stark den für den Hausierhandel
im Mutterlande gegebenen. In Togo ist eben-
falls der Wandergewerbeschein vorgeschrieben, in-
dessen sind die einschlägigen Normen etwas ein-
fachere. In Kiautschou sind Bäume und Sträu-
cher, mit Ausnahme der Zierbäume und ssträucher
in Töpfen oder Kübeln, vom GewBetriebe im
Umherziehen ausgeschlossen.
## 6. Der Marktverkehr. Abgesehen von eini-
gen ortspolizeilichen Vorschriften in Kamerun und
Togo besteht eine eingehendere Regelung des
Marktwesens nur in Ostafrika. Hier sind für eine
sich ständig vergrößernde Zahl von Ortschaften
einzelne, in den wesentlichen Grundzügen über-
einstimmende Marktverordnungen erlassen. Cha-
rakteristisch für das ostafrikanische Marktrecht ist
der Grundsatz des Marktzwanges. Es besteht hier
einerseits das Verbot des Vorkaufes, d. h. es ist
verboten das Aufkaufen der zum Markte gebrach-
ten Waren vor der Stadt. Dann aber gilt auch
für den Marktort und dessen nächste Umgebung
bis zu 2 km die Vorschrift, daß bestimmte Waren
nur auf dem Markte bezw. in der Markthalle ver-
kauft werden dürfen. Als Gegenstände des
Marktzwanges werden genannt Erzeugnisse der
afrikanischen Landwirtschaft, Viehzucht, Fischerei,
Jagd, Forstwirtschaft, sowie aus diesen allen her-
gestellte Lebens= und Genusmittel, soweit sie der
Befriedigung täglicher Bedürfnisse der Bevölke-
rung dienen sollen. Von den unter diese Begriffs-
kategorien fallenden Gegenständen ist dann aber
eine ganze Reihe vom Marktzwange wiederum
ausgenommen worden.
# 7. Gewerbliche Organisationen. Dem Be-
dürfnisse der gewerblichen Organisation
genügen zur Zeit noch völlig freie kaufmännische
Vereinigungen in den afrikanischen Besitzungen
und in Kiautschou, welche sich den Namen Han-
delskammer beilegen. Die Normen der RGewO
über gewerbliche Organisationen würden, soweit
sie privatrechtlicher Natur sind, auf Europäer An-
wendung finden können; vgl. oben § 1. I(/J noch
Selbstverwaltung in den Kolonien.)
# 8. Die Rechtsverhältnisse der Gewerbege-
hilfen 1) haben bisher noch keinc öffentlichrechtliche
Regelung erfahren, soweit nicht die sich auf Ar-
beiter schlechthin — ohne Rücksicht auf gewerbliche
oder landwirtschaftliche Tätigkeit — beziechenden
Normen Anwendung finden (vgl. v. Hoffmann,
Einführung in das deutsche Kolonialrecht 1911
§ 18). Eine Ausnahme machen hier die in Ost-
afrika für die zu einer Karawane gehörenden
Träger erlassenen Vorschriften. Es wird darin
1) Hier besonders greisen die Normicrungen für Ein-
geborenc ein; vgl. Schutzgebicte. [D. H.1
261
1
angeordnet, daß nur kräftige Leute anzuwerben
sind, es wird das Traggewicht und die Ablösung
geregelt, es wird bestimmt in welcher Weise auf
dem Marsche für Unterhalt und Wohnung zu
sorgen ist, sowie in welcher Höchst- und Mindest-
geschwindigkeit der Weg zurückzulegen ist. — Für
die europäischen Gewerbsgehilfen gelten in allen
Schutzgebieten die privatrechtlichen Bestimmun-
gen des siebenten Titels der Reichsgewerbcord-
nung.
Literatur: H. Edler v. Hoffmann, Das
deutsche Kolonial--GewR, 1906; Derselbe, Einführung
in das deutsche Kolonialrecht 1911 1 17. Ueberblick über
die Fortschritte der Gesetzgebung: Fleischmann in den
einzelnen Jahrgängen des Kolonialjahrbuchs (seit 1908).
H. Sdler v. Hoffmann.
Gewerbegerichte
6 1. Geschichtliches. I. Zeit vor 1869. a) Zunftgerichte
— Innungsschiedsgerichte; b) Fabrikengerichte — conseils
de prudhommes — Gewerbegerichte. — 1I. Gewerbe-
gerichte auf Grund der Gewerbeordnung von 1869 und auf
Grund späterer Gesetze.
*2. Errichtung und Zusammensetzung. " 3. Zuständig-
keit. 3 4. Verfahren. 15. Gewerbegerichte als Einigungs-
ämter. ## 6. Als begutachtende und Anträge stellende
Behörden. # 7. Sonderbestimmungen. " 8. Statistik.
lGew — Gewerbegericht; GewG6G —
geset.]
8 1. Geschichtliches.
I. Bor der Gewerbeordnung von 1869.
Gewerbegerichts-
a) Zunftgerichte — Innungsschiedsge-
richte. Bereits frühzeitig gelangte in Deutschland der
Gedanke zur Durchführung, trotz des Bestehens der ordent-
lichen Gerichtsbarkeit die Entscheidung gewerblicher Streitig-
keiten Sondergerichten zu übertragen. Wir finden im
Mittelalter, jedoch nicht einheitlich geregelt, eine Eerichts-
gewalt des Rats oder der von diesen gewählten Wette-
herrn, ferner, und wohl erst später, der Zünste und Gil-
den. Neben den Zunfstgerichten tauchten sogar Gesellen-
gerichte aus, aber von den Mristern heftig bekämpft und
nicht anerkannt. Die Zunftgerichte hatten übrigens auch eine
gewerbepolizciliche Tätigkeit. Sie kontrollierten die von den
Zunstgenossen hergestellten Waren. Endlich lag es ihnen
ob, gegen kleinere Vergehen der Zunftangehörigen einzu-
schreiten und Strasen zu verhängen.
Die Zünfte übten die Gerichtebarkeit aus cinmal bei den
Morgensvrachen, d. h. bei den Generalversamm-
lungen der Borufsgenossen, bei denen regelmaßig 2 Mit-
glieder des Rats, die sog. Morgensprachenherru zugegen
waren. Man bildete ferner eigene Zunftgerichte aus dem
„Zunftmeister“ — Vorsteher der Zunft — und einer bestimm-
ten Zahl jährlich wechselnder Geschworenen. Derartige Ge-
richte entschieden teils allein, teils wirkten Ratspersonen mit.
Die Berusung gegen ihre Urteile ging stets an den Rat.
Nach dem dreißigjahrigen Krieg sank mit dem Ansehen der
Zünfte auch die Bedeutung ihrer Gerichtsbarkeit, die durch
obrigkeitliche Anordnungen mehr und mehr eingeengt wurde.
Schon durch Reichebeschluß v. 16. 8. 1731 wurde Meistern
und Gesellen auferlegt, sich mit ihren Prozessen an die Cbrig-
keit zu wenden. Es gestattete dieser Reichebeschluß den