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Gewerbliches Unterrichtswesen (Lehrkräfte)
ist ein „Beirat“ gebildet, dessen Mitglieder aus den
bei den gewerblichen Fortb Sch beteiligten Kreisen,
insbesondere aus Vertretern der Gemeinden, dem
Stande der Gewerbe- und Handelslehrer, sowie
Angehörigen gewerblicher und kaufmännischer
Berufe entnommen werden. — Was die Fach S
betrifft, so sind die Baugewerk Sch einschließli
der höheren Maschinenbau Sch und die Kunst-
gewerbe Sch in Stuttgart — beides staatliche An-
stalten — unmittelbar dem Min des Kirchen-- und
Schulwesens unterstellt. Andere gewerbliche Fach-
Sch, wie das Technikum der Textilindustrie in
Reutlingen, einige kleinere Textil- und Bauhand-
werker Sch, die Fach Sch für Feinmechaniker, Uhr-
macher und Elektrotechniker in Schwenningen a.
Neckar, die Fach Sch für Edelmetallindustrie in
Gmünd, für Harmonikaindustrie in Trossingen
ressortieren unter der Oberleitung des Min Inn
von der „Zentralstelle für Gewerbe und Handel“.
V. Baden: Die unmittelbare Leitung der auf
das gewerbliche und kaufmännische Unterrichts-
wesen bezüglichen Angelegenheiten wird von dem
dem Min Inn unmittelbar untergeordneten „Groß-
herzogl. Landesgewerbeamt“ ausgeübt, und zwar
von der Abteilung II dieser Behörde, deren Ab-
teilung 1 die auf die Förderung des Gewerbes im
allgemeinen bezüglichen Angelegenheiten besorgt.
Das Landesgewerbcamt besteht aus einem Di-
rektor, dem in Abteilung II ein zweiter Beamter
im Hauptamt und 3 weitere ordentliche Mitglie-
der im Nebenamt beigegeben sind. Von den letz-
teren soll stets eines Mitglied der zentralen Schul-
behörde des Oberschulrats sein. Außerdem ist
diesem Amt zur sachverständigen Beratung in
allgemeinen Angelegenheiten des gewerblichen
und kaufmännischen Unterrichtswesens, insbe-
sondere über organisatorische Fragen, sowie über
wichtigere auf den Lehrplan bezügliche Fragen
der „Landesgewerbeschulrat“ beigegeben, wolcher
sich unter dem Vorsitz des Direktors, den oben ge-
nannten ordentlichen Mitgliedern des Landes-
gewerbeamts und einer Anzahl außerordentlicher
Mitglieder zusammensetzt, die vom Min Inn je-
weils auf die Dauer von 3 Jahren ernannt werden.
Der Landesgewerbeschulrat wird nach Bedarf zu
Sitzungen einberufen. Zur ständigen Prüfung
und technischen Beaufsichtigung ist für die gewerb-
lichen Sch ein „Gewerbeinspektor“ und für die
kaufmännischen Sch ein „Handelsschulinspektor“
angestellt. — Die örtliche Aussichtsinstanz ist für
die Gewerbe Sch der „Gewerbeschulrat“, für die
Handels Sch der „Handelsschulrat“, kolle giale Be-
hörden, denen der Bürgermeister als Vorsitzender,
ein weiteres Mitglied der Gemeindebehörde, Di-
rektoren und Lehrer, Vertreter der Arbeitgeber
und Arbeitnehmer, nach Wunsch auch Geistliche,
technische Beamte, Aerzte angehören. Diese Be-
hörden haben ungefähr dieselben Befugnisse wie
in Preußen die Kuratorien (s. oben).
VI. Hessen: Das gewerbliche Unterrichtswesen
untersteht der Abteilung für Landwirtschaft, Han-
del und Gewerbe im Min Inn. Ihm ist die mit
der unmittelbaren Beaussichtigung der Sch be-
traute „Zentralstelle für die Gewerbe“ unterge-
ordnet, an der als technischer Schulaussichtsbeam-
ter ein „Gewerbeschulinspektor“ angesteollt ist.
z 6. Lehrkräfte. Fur den Unterricht an den
gewerblichen Sch sind Lebrer und Lehrerinnen
nötig, die neben Lehrgeschick und der für jede un-
terrichtliche und erziehliche Tätigkeit erforderlichen
allgemeinen Bildung und sittlichen Zuverlässigkeit
ein ausreichendes Maß von technischen Kenntnissen
und Fertigkeiten besitzen. Diese letzteren lassen
sich nur zum kleinen Teil theoretisch erlernen, in
der Hauptsache müssen sie durch längere praktische
Uebung in gewerblichen und kaufmännischen Be-
trieben erworben werden. Von den Lehrern der
Kunstgewerbe-= und Zeichen Sch wird auch noch
künstlerische Veranlagung verlangt. Bei dieser
Vielseitigkeit der Ansprüche hält es schwer, geeig-
nete Lehrkräfte für den gewerblichen Unterricht
zu gewinnen, besonders nachdem im 19. Jahr-
hundert mit den Fortschritten der technischen Wis-
senschaften und der Entwicklung der Geschäfts-
und Verkehrsverbindungen die Produktions= und
Absatzverhältnisse immer komplizierter geworden
sind. Verhältnismäßig am leichtesten läßt sich die
Lehrerfrage bei den reinen Fach Sch lösen, da sich
für sic unter den seit etwa 15 Jahren dort gelten-
den günstigen Anstellungsbedingungen (haupt-
amtliche, feste, pensionsberechtigte Anstellung mit
auskömmlichen Gehaltssätzen) theoretisch und
praktisch geschulte Techniker, die sich als Lehrer
eignen, in der Regel finden lassen. Schwieri-
ger ist die Lehrergewinnung bei den Fortbch,
in denen Schüler der verschiedensten Berufsarten
zu unterrichten sind und wo die Lehrer daher eine,
wenn auch nicht sehr tiefgehende, so doch ziemlich
umfassende technische Bildung haben müssen.
Können hier — wie in großen Städten — wenig-
stens einige Lehrer hauptamtlich angestellt und
Fachklassen gebildet werden, so gelingt es wohl,
der Schwierigkeiten Herr zu werden. Ganz un-
günstig liegen die Verhältnisse aber in den Fortb-
Sch der mittleren und kleineren Städte, sowie
auf dem Lande, wo die Lehrer nur nebenamtlich
beschäftigt, verhältnismäßig niedrig bezahlt wer-
den und wo geeignete Techniker, die nebenamtlich
zum Unterricht mit herangezogen werden könnten,
kaum vorhanden sind. Die Lehrerfrage beschäftigt
daher auch fortgesetzt alle gewerblichen Schul-
verwaltungen, ohne daß es bisher gelungen wäre,
eine völlig befriedigende Lösung zu finden.
Einstweilen sucht man durch Kurse zu helfen, die
dauernd oder periodisch an größeren Fach Sch ver-
anstaltet und zu denen angehende oder schon im
Schuldienst stehende Lehrer zur Aus= und Fort-
bildung einberufen werden. Solche Kurse sind in
Preußen bei einer großen Zahl von Fach= und
Fortb Sch eingerichtet. In Bayern besteht an der
Kgl Bau Sch zu München ein Gewoechrerinstitut,
das die Fortbildung und Ausbildung von Lehrern
an den gewerblichen Fortb Sch, die Vermittlung
der Beschaffung von Lehrmitteln für solche Sch und
die Ueberwachung des Zeichenunterrichts an ge-
werblichen Fortb Sch zur Aufgabe hat (vgl. Denk-
schrist über den Vollzug des § 13 des Landtagsab-
schiedes v. 23. 3.07). Auch mit der Baugewerk Sch
in Karloruhe ist ein Institut zur Ausbildung von
GewSchullehrern verbunden. Nach dem Muster
von Baden ist die Lehrerausbildung auch in der
Hauptsache für Württemberg geregelt.
Die Ausbildung der Handarbeits-, Haushal-
tungs-, Gewerbeschul= und Handelslehrerinnen
erfolgt in allen Bundesstaaten nach ziemlich gleich-
artigen Grundsätzen in den von den zuständigen
Ministerien anerkannten Seminaren nach den
dafür vorgeschriebenen Lehrplänen. Sie dauert