Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gewerbliches Unterrichtswesen (Textilschulen) 
  
..—7 
zehnten Jahrhunderts zur Verbesserung der 
Handspinnerei in großer Zahl errichtet 
wurden. Mit der Verdrängung der Handspinne- 
rei durch die mechanische Spinnerei gingen diese 
nach und nach ein. Statt dessen wandte sich die 
Aufmerksamkeit der Förderung der Hand- 
weberei zu, die man gegenüber der mechani- 
schen Weberei durch bessere Ausbildung der Weber 
lebens= und konkurrenzfähig zu erhalten hoffte. 
Zu dem Zwecke wurden von 1830 an eine größere 
Zahl von Webe Sch errichtet, von denen die be- 
deutendsten die zu Elberfeld (1844), Mülheim 
a. Rh. (1852), Münchberg i. Bayern (1855) und 
Chemnitz (1857) waren. In Elberfeld wurde auch 
eine chemische Abteilung für Färber, Drucker, 
Bleicher, Farbwarenfabrikanten, Drogisten usw. 
angegliedert, die aber von Anfang an nur schwach 
besucht war. Als die mechanische We- 
berei immer größere Fortschritte machte, trat 
letztere auch in den Schulen in den Vordergrund, 
sodaß heute die Handweberei fast nur noch als 
Grundlage für die Technik des Webens und zur 
Erlernung der Musterung gelehrt wird. Je nach- 
dem die Schulen lediglich die niedere, oder auch 
die höhere textiltechnische Ausbildung bezwecken, 
wird zwischen höheren Textil Sch — schlechthin 
„Textilschulen"“ genannt — und niederen Textil- 
Sch unterschieden; ferner gliedern sich die ein- 
zelnen Anstalten nach dem Stoffmaterial, das 
sie vorzugsweise beim Unterricht berücksichtigen, 
in solche für Baumwolle, Wolle, Seide, Leinen usw. 
Die wichtigsten Textilschulen sind in 
Preußen: 
1. Höhere Fachschulen für Textilindustrie: 
Aachen: für die Wollindustrie mit Abteilung für Spin- 
nerei, Weberei, Färberei, Appretur und Stopfereij; 
Barmen: für die Kleider= und Möbelstoffindustrie, 
die Bandindustrie und die sogenannten „Barmer Artikel“, 
mit Abteilungen für Stoffweberei, Bandweberei, Flechterei, 
Stickerei, Besatzkonfektion, Musterzeichnen und Färberei; 
Berlin: für die Fabrikation in Berlin und Umgegend 
mit Abteilungen für die Manufakturbranche (zur Ausbildung 
von Kaufleuten), für Musterzeichnen, Wäsche= und Kleider- 
konsektion, Posamentiererei= und Besatzkonfektion, Hand- 
und Maschinenstickerei, Wirkerei, Stickerei, Färberei; 
Kottbus: für die Wollindustrie mit Abteilungen für 
Weberei, Färberei, Appretur und Stopfereij; 
Kreseld: für die Seiden- und Sammetindustrie mit 
Abtellungen für Spinnerei (Seidenhaspelei und Schappe- 
spinnerei), Weberei, Färberei, Appretur, Hand= und Ma- 
schinenstickerei, Musterzeichnen und Kravatten-Näherei; 
München--Gladbach: für die Baumwollen= und 
Halbwollen-Industrie mit Abteilungen für Spinnerei, We- 
berel, Färberei und Appretur; 
  
Spremberg: für die Wollen- und Halbwollenindu- 
strie mit Abteilung für Weberei. 
Als Schule mit vereinfachtem Lehrplan und beschränkten 
meist auf das praktische gerichteten Lehrzielen sind noch die 
Webelehranstalten in Bramsche und Eupen, sowie eine 
Anzahl von Webereilehrwerkstätten, sowie der Wanderunter- 
richt für Handweber in Hannover und Schlesien zu nennen, 
die meist nur der Erhaltung der noch in manchen Bezirken 
heimischen Hausweberei dienen. In Schlesien sind ferner 
eine Anzahl staatlicher Stickschulen zur Einbürgerung 
der Lohnstickerei eingerichtet, die etwa 600 Mädchen jährlich 
beschäftigen und diese durch Bermittelung der ebenfalls 
staatlichen „Arbeitsvermittelungsstelle“" in Berlin regelmäßig 
mit Arbeit versehen. Endlich befinden sich im Riesengebirge 
mehrere von Privatpersonen geleitete und vom Staate 
unterstützte Spitzen nähschulen. 
Bavern: Webeschulen zu Augsburg, Münchberg (mit 
höherer Webe Sch und Maschinenstickerei Sch), Lambrecht, 
Passau; außerdem Wanderunterricht in den oberfränkischen 
Handweberbezirken; StickSch in Enchenreuth; Spiten- 
klöppelschulen in Stadlern, Schönsee, Nordhalben und 
Tiefenbach. 
Sachsen: WebSch zu Chemnitz, Krimmitschau, Franken- 
berg, Glauchau, Großschönau, Hainichen, Hohenstein. Ernst. 
thal, Kamenz, Kirchberg, Lichtenstein-Kallenberg, Lungenau, 
Merane, Mittweida, Mülsen, Plauen i. B., Reichenbach 
i. V., Seishennersdorf, Treuen, Werdau, Zittau, Zschoppau; 
— Wirkêch zu Chemnitz und Limbach und die Färber Sch 
zu Chemnitz. Von diesen Anstalten haben nur die Webch 
in Chemnitz, Glauchau, Großschönau, Reichenbach, Seif- 
hennersdorf, Werdau und Zittau, die Wirk Sch in Chemnitz 
und Limbach, sowie die Färber Sch in Chemnitz einen ge- 
schlossenen Tagesunterricht; in den übrigen wird an junge 
Leute, die schon im gewerblichen Leben stehen, in einigen 
Stunden der Woche, meist abends, unterrichtet. 
Ferner befinden sich in Sachsen die Vogtländische Sticke- 
reifachschule zu Plauen und die Fach Sch für Hand- 
maschinen = Stickerei zu SEchneeberg, Posa- 
mentenschulen zu Annaberg und Bärenstein, sowie 
88 Klöppelschulen, worunter die Klöppelschule in 
Schneeberg als Musteranstalt gilt. 
Württemberg: Das Technikum für Textilindustrie in 
Reutlingen, die Web Sch in Eindelfingen und Leichingen, 
sowie die StickSch in Wolsschlugen. 
Hessen: Die Webe Sch zu Lauterbach. 
Sachsen-Weimar: Die WirkSch zu Apolda. 
Neuß: Die WebeSch zu Greiz und Gera. 
Elsaß-Lothringen: Die Spinn= und Webesch 
Mülhausen. 
An FachSch für die Bekleidungsgewerbe sind serner zu 
zu 
nennen die zum großen Teil von Innungen und Priraten 
nunterhaltenen Schneider fachschnulen (etwas rekla- 
Soraut: für die Leinen- und Halbleinen., Baumwollen. 
und Juteindustrie mit Abteilungen für Flachskultur, Spin- 
nerei, Seilerci, Weberei, Färberei, Appretur, Mustlerzeich- 
nen, Kunsthandarbeiten und Konfektion. 
2. Fachschulen für Textilindustrie. 
Forst i. L.: für die Wollen- und Halbwollenindustrie 
mit Abteilungen für Weberei, Färbereli und Appretur; 
Mühlhausen i. Thür.: für die Wollen- und Holb- 
wollenindustrie mit Abteilungen für Weberei, Wirkerei, 
Handarbeiten und Wäschekonfektion; 
Langen bbielau i. Schlesien: für die Baumwollen- 
und Leinenindustric mit Abteilungen für Weberei, Färbereci 
und Konsektion; 
mehaft häufig „Schneiderakademien“ genannt), die Kon- 
sektionsabteilungen, welche für Kinder-, Mädchen= und 
Frauenbekleidung gewöhnlich mit den Mädchen., Fortbil- 
dungs-., Gewerbe- und Frauenarbeitsschulen verbunden sind, 
die Schuhmacher fsachschulen, besonders die Fach ch 
für die Schuh= und Schäftefabrikation in Wermelskirchen 
(Reg Bcz. Düsseldorff und die Handschuhnähschu- 
len in Ziegenhals (Reg Bez. Cppeln), Gaynau (Reg Bez. 
Liegnitz) und Halberstadt. Schließlich sind hier noch zu 
erwähnen die Gerberschulen in Freiberg (Königr. 
Sachsen) und Met#iingen (Württemberg). 
8 10. Bergschulen. Die ersten eigentlichen 
BergSch entstanden zu Klaustal (1811), Bochum 
(1816), Essen, Eieleben (1817), Siegen (1818), 
Ronsdorf: für die Bandindustrie mit Abteilung für 
Weberei; 
Saarbrücken (1822), Tarnowitz (1839), Waldburg 
(1818). Der Unterricht in diesen Anstalten be- 
zweckte in erster Linie die Ausbildung von Stei-
	        
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