Gefängniswesen
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3. Arten und Sinrichtungen der Gefäng-
nisse.
A. Bürgerliche Gefängnisse:
I. Nach ihrem Zwecke unterscheidet man
Zivil-, Polizei= und Kriminalgefängnisse.
1. Die Zivilgefängnisse dienen zur
Vollziehung der Straf= und Zwangshaft gegen
Zeugen und Parteien in Zivil-, Straf-- und
Verw Prozessen (z. B. ZBPO f/ 380, 390, 653,
888 ff, 901 ff, G ss I78 ff, StP O 38 50, 69,
95, das preuß. G v. 18. 2. 80, betr. das Ver-
fahren in Auseinandersetzungsangelegenheiten,
88 1, 43 (GS 59—67). In den ZivilGh wird
der Sicherheitsarrest — 8PO 918 — sowie die
nach 8 Jo der KonkO verhängte Haft voll-
zogen. 2. In den Polizeigefängnissen
(staatlichen oder kommunalen) werden Perso-
nen ausgenommen, wenn ihr eigener Schutz
(z. B. Verhütung der Wiederholung eines Selbst-
mordversuchs) oder die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Sittlichkeit, Sicherheit und Ruhe diese
Maßregel dringend erheischt; so nach dem preuß.
G v. 12. 2.50 961(68 45 f). Die PolizeiG dienen
zur vorläufigen Verwahrung von Schüblingen,
von Ausgewiesenen, die dem Ausweisungsbefehl
nicht Folge leisteten, von Auszuliefernden und
zum Vollzuge polizeilicher Ordnungs= und
Zwangsmaßregeln. In die PolizeiG pflegen auch
die nach # 127 St POvorläufig Festgenommenen
eingebracht zu werden. Sie dienen ferner zum
Vollzuge der durch polizeiliche Strafverfügungen
festgestellten Haftstrafen (St O s§ 453 ff).
3. Die Kriminalgefängnisse sind
Untersuchungs= oder StrafGh (Strafanstalten,
d. h. Zuchthäuser). Die Scheidung nach dem
Zwecke ist aber nicht überall durchgeführt. Wohl
sind in den cigentlichen Strafhäusern in der Re-
gel nur Strafgefangene untergebracht; meistens
dienen aber die nämlichen Gefängnisse zur Auf-
nahme vorläufig Festgenommener und Unter-
suchungsgefangener, zur Vollstreckung von G= und
Haftstrafen, sowie von Zwangshaft und Ord-
nungsstrafen. In manchen G sind nur Männer
oder Frauen verwahrt; für jugendliche Straf-
gefangene sind teils besondere Anstalten vorhan-
den, teils besondere Häuser oder Abteilungen in
größeren G. Die Festungshaft wird entweder
auf Festungen oder in besonderen Räumen von
G vollzogen. Erkrankte Gefangene, die nicht we-
gen ihrer Erkrankung entlassen werden, finden
entweder in besonderen Räumen der Strafanstal-
ten oder in solchen der Krankenhäuser Unterkunft.
Die Grundsätze bestimmen in den vorgenann-
ten Beziehungen:
„# 1. Bei der Vollstreckung der gerichtlich erkannten
Freiheitsstrasen werden die Strafgefangenen nach Mög-
lichkeit getrennt von Gefangenen anderer Art untergebracht.
2. Die Anstalten für Zuchthaussträflinge werden in be-
sonderen Gebäuden eingerichtet. Ist eine solche Einrichtung
nicht tunlich, so werden die Aufenthalts-, Arbeits-, Schlaf-
und Erholungsräume für Zuchthaussträflinge von den glei-
chen Räumen für Gefangene anderer Art vollständig getrennt
gehalten. Im öbrigen werden die notwendigen Einrich-
tungen getroffen, um jeden BVerkehr der Zuchthaussträflinge
mit Gesangenen anderer Art zu verhüten; dies gilt insbe-
sondere für gemeinsamen Gottesdienst und gemeinsamen
Schulunterricht. ## 3. Weibliche Strafgefangene werden
der Regel nach in besonderen Anstalten (Abteilungen) unter-
gebracht. Sofern dies ausnahmsweise nicht tunlich ist,
werden die notwendigen Einrichtungen getroffen, um
jeden Berkehr zwischen weiblichen und männlichen Ge-
fangenen zu verhüten. ## 4. Strafgesangene, welche das
18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden von
erwachsenen Gefangenen derart getrennt gehalten, daß
jeder Verkehr zwischen ihnen ausgeschlossen bleibt. Zur
Verbüßung von Strafen, deren Dauer einen Monat über-
steigt, werden sie der Regel nach in besonderen Anstalten
(Abteilungen) untergebracht. Sie können darin bis zum
vollendeten 20. Lebensjahre und, falls der dann noch zu
verbüßende Strafrest die Dauer von 3 Monaten nicht über-
steigt, bis zur Verbüßung dieses Strafrestes behalten wer-
den. 1 5. Bei Herstellung neuer Einzelzellen wird in der
Regel ein Luftraum von 22 chm und für die Fenster eine
Lichtfläche von 1 am als Mindestmaß angenommen; für
Zellen, dic zum Aufenthalte nur bei Nacht und in der ar-
beitsfreien Zeit oder zur Ausnahme nicht arbeitender Ge-
sangener mit einer Strafzeit von höchstens 2 Wochen be-
stimmt sind, beträgt das Mindestmaß des Luftraumes
11 chm, das Mindestmaß der Lichtfläche des Fensters am.
Jedes Bellenfenster wird so eingerichtet, doß es minde-
stens zur Hälfte geöffnet werden lann. Räumc, welche zum
gemeinschaftlichen Aufenthalt bei Tag und Nacht dienen,
werden in der Regel nicht stärker belegt, als daß auf jede
darin untergebrachte Person ein Lustraum von 16 chm
entfällt. In gemcinschaftlichen Schlafräumen beträgt in der
Regel der auf die Person entfallende Luftraum nicht weni-
ger als 10, in gemeinschaftlichen Arbeitsräumen nicht weni-
ger al? 8 chm. 1 6. Gefangene, welche Festungshaft ver-
büßen (Festungsgesangene), werden in besonders dazu ein-
gerichteten Zimmern von einfocher Ausstattung, getrennt
von den für Gefangene anderer Art bestimmten Räumen,
untergebracht. Die Gefangenen dürfen, soweit nicht für
einzelne Fälle der Borstand Ausnahmen bewilligt, dic ihnen
zugewiesenen Zimmer nur während der Zeit verlassen,
welche ihnen zur Bewegung im Freien gewährt ist. 1 7.
Sind vorübergehend wegen Ueberfüllung der Strafanstal-
ten Abweichungen von den Grundsätzen über die Unter-
bringung der Gefangenen nicht zu vermeiden, so werden die
erforderlichen Maßnahmen durch die oberste Aussichtsbehörde
getrofsen. 1 27. Die Behandlung erkrankter Gefangener
findet in der Regel innerhalb der Strafanstalt selbst oder
in einer nur für erkrankte Gefangene bestimmten Anstalt
statt. Nur sofern der Zustand des Erkrankten es erfordert,
wird er in einer anderen von der Aussichtsbehörde bestimm-
ten Heilanstalt untergebracht. Auf erkrankte Gefangene
finden die Grundsätge über Trennung der Gefangenen
(/1 2 und 4) keine Anwendung.“
In neuerer Zeit ist verschiedentlich der Gedanke
der Errichtung von Strafirrenanstalten
angeregt worden. Hier bestehen aber noch große
Schwierigkeiten wegen der Unterhaltungspflicht
und auch technischer Art. Bewährt haben sich die
als Annexe von Strafhäusern eingerichteten Be-
obachtungsanstalten für geistig erkrankte Ge-
fangene, wo diese aber nur bis zur bald eintreten-
den Genesung oder bis zur Einweisung in öffent-
liche Irrenanstalten verbleiben. Die dauernde
Verwahrung der irren Verbrecher in den öffent-
lichen Irrenanstalten begegnet vielfachem Wider-
spruch. Endlich sind Anstalten vorhanden zur
Vollziehung der korrektionellen Nachhaft, St GB
# 362, „Arbeitshäuser“, meist kommunale Ein-
richtungen von Provinzen oder großen Städten
unter staatlicher Oberaufsicht [Korrigen-
denwesenl.
Nicht zu den G sind zu rechnen die Zwangs-
erziehungsanstalten für kriminelle Jugendliche
.(87* 55, 56 StGB). [N Fürsorgcerziehungl.
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