Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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(so RG, betr. die subsidiäre H. des Brennerei- 
unternehmers, v. 8. 7. 68 5 1, Branntwöt v. 
8. 7. 68 § 66, RG v. 8. 7. 68 betr. die subsidiäre 
H. des Brauereiunternehmers § 1, R v. 19. 
7. 69 betr. die Steuerfreiheit des Branntweins pp. 
#s 4, Braut G v. 31. 5. 72 F 38, Zucker St Gv. 
27. 5. 96 5 58, Elbschiff Konvent. v. 13. 4. 44 
a 30 Ziff. 1, letztere mit der Erweiterung, daß 
gegen den Vormann weder die Geldstrafe noch 
die subsidiäre Gefängnisstrafe vollstreckbar ge- 
wesen sein darf). » 
Ueber die Frage nach der sachlichen Bedeutung 
dieser Verschiedenheit im Ausdruck ist unten 87 Ziff. 
2 zu handeln. Dagegen ist hier noch zu bemerken, 
daß nirgends ein Verschulden des Haftba- 
ren daran, daß der Anspruch gegen den Primus 
aus fällt, verlangt wird. Uebrigens kommt 
gelegentlich auch eine doppelte Subsidiarität vor, 
so in ElbschiffKonvent. v. 13. 4. 44 a 30", wo 
zunächst (neben andern Personen) der Schiffs- 
führer subsidiär haftet, und erst hinter diesem der 
am Schiff Berechtigte mit dem Schiff. Z 
b) Seltener sind die Fälle, in denen die H. eine 
unmittelbare, eine Solidar= oder Mithaf-= 
tung ist (so deutsch-ägyptisches Zoll Regl v. 19. 
7. 92 a 34, 36 I, Württ. GewSt G v. 28. 4. 73 
[8. 8. 03] a 106). Die H. ist hier unbedingt, sie 
rangiert mit der auf den gleichen Inhalt gehenden 
Verbindlichkeit des Täters derart, daß der Haft- 
bare angefaßt werden kann ohne Rücksicht darauf, 
ob die Heranziehung des Täters zu der Leistung 
ebensogut möglich wäre. Natürlich aber erlischt 
die H. auch in diesen Fällen dadurch, daß der 
Täter zahlt. 
Die Solidar . ist insofern eine ungewöhnliche 
Erscheinung, als sie das in der Natur der Sache 
begründete Reihenfolgeverhältnis verschiebt und 
auffallenderweise einen bloß in lockerer Be- 
ziehung zu der Tat Stehenden ebenso behandelt, 
wie den primo loco („eigentlich“) Schuldigen. 
Schon deshalb versteht es sich von selbst, daß alle 
Haftungen, die nicht im Gesetz unzweideutig als 
solidarische markiert sind, nur subsidiär sind, was 
sich übrigens in der Regel auch aus dem Wort- 
laut: „Haftung" „für" den Anderen ergibt, ein 
Wortlaut, der bei Fehlen des Zusatzes „solidarisch“ 
nur sehr gezwungen aus Mithaftung bezogen 
werden könnte (daher umichtig Pötsch 33-34. 
Richtig Hümmer 90-91; Vaillant 31). 
5 3. Charakter der Haftung. Abgesehen von 
den in § 2 erörterten Punkten ist die gesetzliche 
Regelung des Instituts der H. eine sehr dürftige 
und lückenhafte. 
1. Der Ausdruck „Haftung“ läßt zunächst einen 
Zweifel nach der Richtung hin aufkommen, 
welcher Art das Rechtsverhältnis 
zwischen dem Berechtigten und dem Haftbaren ist. 
Bedeutet die „Haftung" germanistischer Termi- 
nologie entsprechend, daß der Haftbare keine Lei- 
stungspflicht hat, sondern nur die Befriedigung 
des Berechtigten aus seinem Vermögen zu dulden 
hat? Oder siellt die H. trotz dieses Namens eine 
wirkliche Leistungs-(Zahlungs-) Pflicht dar? 
Ein Teil der einschlägigen Gesetze scheint auf 
die erstere Auffassung hinzudeuten: Die R v. 
8. 7. 68 betr. die subsidiäre H. des Brennerei- 
unternehmers bezw. des Brauereciunternehmers 
§5D1, ferner das Branntwein St G v. 8. 7. 68 566, 
  
Haftung Dritter (rechtliche Eingliederung) 
4 und das Brausteuer G v. 31. 5.72 5 38 sprechen 
von H. des Haftbaren „mit seinem Vermögen“, 
also scheinbar unter Ablehnung einer obligatori- 
schen (persönlichen) Leistungspflicht. Doch dürfte 
hierauf kein Gewicht zu legen sein, da hierbei 
offenbar nur an den Gegensatz der Vermögens- 
strafe zu der etwaigen für den Unvermögensfall 
in Betracht kommenden Freiheitsstrafe zu denken 
ist. Grundsätzlich wird vielmehr die Zahlung als 
Inhalt einer Obligation des Haftbaren aufzu- 
fassen sein, da diese Lösung praktisch einfacher ist 
und sich Bedenken aus der Person des Haftbaren 
nicht erheben. Nur in Fällen des a 30 Ziff. 2 der 
Elbschiff Konvention v. 13. 4. 44 liegt die Sache 
anders; hier haftet „das Schiff“ für den Schiffs- 
führer, d. h. es besteht gegen den am Schiffe Be- 
rechtigten kein obligatorischer Anspruch auf Er- 
legung der Summc, sondern nur ähnlich wie bei 
der Grundschuld eine Befugnis des Berechtigten 
sich aus dem Schiffe zu befriedigen, ein Anspruch 
gegen den am Schiffe Berechtigten, diese Befric- 
digung (Vollstreckung) zu dulden. 
2. Schwieriger ist die Frage, welchem 
Rechtsteil die H. angehört. 
a) Zwar kann insofern kein Zweifel obwalten, 
als es sich um die H. für „Wertsersatz“ 
oder „Entschädigung“" handelt. Die An- 
sprüche auf Ausgleichung des Schadens, der aus 
einer unerlaubten Handlung entstanden ist, sind 
bürgerlichrechtliche und ändern diesen 
ihren Charakter weder dadurch, daß ein „Dritter"“, 
einerlei ob mitschuldig oder nicht, in sie verstrickt 
wird, noch dadurch, daß das Aufkommenmüssen 
für den Schaden nur bedingt (subsidiär) gestaltet 
wird. 
b) Lebhaft umstritten ist dagegen die Frage, 
ob die H. für die Geldstrafe bürgerlichrecht- 
lichen — oder strafrechtlichen — oder öffentlich- 
rechtlichen, aber nicht strafrechtlichen (also verwal- 
tungsrechtlichen) Charakter habe, oder ob sie von 
Allem etwas sei oder umgekehrt als „undenkbares. 
Rechtsgebilde“ (Kronecker) nirgends richtig unter- 
zubringen sei. Dabei wird regelmäßig die Ein- 
heitlichkeit des Instituts als selbstverständlich 
unterstellt. In Wahrheit wird aber zu unter- 
scheiden sein: 
a) In denjenigen Haftungsfällen, in denen ein 
eigenes, wenn auch cv. gesetzlich präsumiertes, 
Verschulden des Haftbaren im Hinblick auf die 
Tatbegehung Voraussetzung der Hastung ist, ist 
die „Haftbarkeit“ eine strafrechtliche, also 
= Strafbarkeit. Denn hier wird der Haftbare 
augenscheinlich um deswillen zu der Leistung 
herangezogen, weil er schuldhaft die Tat des 
Täters ermöglicht hat, weil er m. a. W. schuldhaft 
Beihilfe dazu goeleistet hat, sei es durch po- 
sitives Handeln, z. B. durch Uebertragung der 
Dienstverrichtung, die die Tatbegehung ermög- 
lichte, an den Täter, sei es als negative Beihilfe 
durch Unterlassung der Verhinderung des Delikts. 
Der Haftbare tritt als mitschuldiger Gehilfe in 
den Strafnexus ein. Die wesentlichen Züge der 
Strafe: vom Staate für schuldhaftes Verhalten 
verhängtes Uebel — sind ja unzweifelhaft vor- 
handen. 
Anomal ist dabei allerdings zunächst die Starr- 
heit der Strafe des Teilnehmers, die indes in den 
absolut bestimmten Strafdrohungen ihr Seiten- 
das R# betr. die Steuerfreiheit usw. v. 19. 7. 69 stück findet. Anomal ist ferner die Verkoppelung
	        
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