Haftung Dritter (Verfahren im allgemeinen)
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wäre ein Sonderprozeß wegen der subsidiären H.
nicht nur zulässig, sondern auch nur allein zu-
lässig und zwar als nachfolgender Strafprozeß.
Wenn allseitig angenommen wird, daß die H. Frage
trotz der Bedingtheit der H. schon im eigentlichen
Strafprozeß mittraktiert werden kann, so be-
ruht diese Abweichung von den allgemeinen Re-
geln des Strafprozesses eben auf der innigen Zu-
sammengehörigkeit der Haftungs= mit der eigent-
lichen Strafsache. Ist der Zusammenhang aber
derart innig, dann hieße es diesen maßgeblichen
Gesichtspunkt wiederum verleugnen, wollte man
ceinen nachfolgenden oder gar vorangehenden
H. Prozeß zulassen. Die bloße Zulassung ciner
Kombination von Delikts- und H. Frage zu gleich-
zeitiger Prozedur wäre Unmotiviert, wenn sie
nicht zugleich eine Ausschließung der Sonder-
prozedur bedeutete.
Endlich fällt, wenn auch nur mehr formell, so
doch unterstützend ins Gewicht, daß auch überall
da, wo sonst im Strafprozeß Tatfolgen, die nicht
den eigentlichen Strafanspruch ausmachen, an
dem Strafrechtswege partizipieren, grundsätzlich
ein Sonderprozeß um ihretwillen unstatthaft ist
(man denke an Buße, Ueberweisung an die Lan-
despolizeibehörde usw.), und da, wo es anders
sein soll, ausdrückliche Bestimmungen getroffen
sind (wie z. B. in StE B F#542). Daß cs sich bei
diesen analogen Erscheinungen nicht, wie hier, um
Tatfolgen gegen Dritte, sondern um solche gegen
den Täter selbst handelt, ist von untergcordneter
Bedeutung, das Gemecinsame ist einmal die bloße
Akzessorietät all dieser Tatfolgen mit bezug auf
den Strafanspruch, und sodann der innige Konnex
dieser mit jenem.
Allenfalls könnte die kriminelle H. für die
Geldstrafe (S 312 Ziff. 2b a) als eine selbständige
Strassache aufgefaßt werden, da sie nur einc cigen-
artige Strafbarkeit wegen Teilnahme an der Tat
darstellt, und die gesonderte Verfolgung von Teil-
nehmern im Sinne der 88 47 f f StEh zulässig
ist. Indessen dürfte kein genügender Grund be-
stchen, diese H. anders als die sonstigen H. Fälle zu
behandeln, da sie eben auch eine Hineinzichung
des Haftbaren in die den eigentlich Schuldigen
treffende Geldstrafe ist und sich so wesentlich von
der (unstarren) H. als regulärer „Teilnehmer“
unterscheidet.
Mithin sind nicht nur diejenigen ausdrücklichen
lung" des Haftbaren und dergl. sprechen (wie
z. B. Bayr. Forst G v. 28. 3. 52 a 69), streng, d. h.
im Sinne olligatorischer konnexer Behandlung
auszulegen (so Hümmer), sondern es ist auch da,
wo eine Vor= oder Nachprozedur nicht ausdrücklich
erwähnt ist, deren Unzulässigkeit anzunehmen (so
Vaillant 20). Die gegenteilige, z. B. in RVt
12, 212; 27, 336; 21, 333, sowie von v. Kries,
Pötsch usw. vertretene Auffassung ist nicht zu
billigen.
Ist sonach ein isolierter H. Prozeß un-
zulässig, so ergeben sich daraus folgende
Konsequenzen:
a) In den Fällen, in denen der Straffall selber
im Wege des Administrativstrafverfahrens ab-
gerügt werden könnte, die H. aber nur durch
Richterspruch verhängt werden kann (S316 Sp. 2),
würde das Beschreiten des ersteren Weges ein
Fallenlassen der Mitheranziehung des Haftbaren
bedeuten. Soll dies vermieden werden, so muß
notwendig die Strafsache als Ganzes vor die Ge-
richte gebracht werden. Die Auffassung, daß in
diesen Fällen 2 getrennte Prozesse zulässig seien,
muß um so mehr abgelehnt werden, als diese sich
sogar vor verschiedenen Behörden abspiclen
würden, und damit der enge Zusammenhang noch
viel gründlicher zerrissen würde, als wenn es sich
um 2 gesonderte Verfahren vor derselben Be-
hörde handeln würde.
b) Unterwirft sich der eigentlich Schuldige der
Strafe im Wege des Submissionsver-
fahrens, so kommt es zu keinem Strafprozeß
gegen ihn und fällt folgeweise auch die H. Frage
prozessual aus (hier kann nur die eigene Sub-
misstn des Haftbaren Abhilfe gewähren, s. un-
en 3).
JMe) Ist der eigentliche Strafprozeß unstatthaft,
etwa wegen Exterritorialität des Täters, so ist
auch ein H. Prozeß unmöglich. Man könnte in
diesen Fällen, wo die konnexe Behandlung recht-
lich unmöglich ist, allerdings den isolierten H. Pro-
zeß für zulässig erklären wollen. Aber demgegen-
über müßte wiederum durchschlagend sein die
Erwägung, daß ein solcher doch nur zu einem be-
dingten Urteil führen könnte (Bedingung nachfol-
gender Verurteilung des Täters usw.), und damit
möglicherweise eine ganz überflüssige Belästigung
des Vertretungspflichtigen darstellen kann, die
dieser sich muß verbitten können.
d) Wird im Strafprozeß gegen den eigentlich
Schuldigen rechtskräftig ein Urteil erlassen, ohne
daß zugleich die H. des Dritten ausgesprochen
wäre, so ist die prozessuale Geltendmachung der
letzteren sortan ausgeschlossen genau wie sonstige
vergessene Partikeln der Strafsache (Nebenstrafen,
Buße usw.) sich durch die Uebergehung im Urteil
erledigen. Das Urteil enthält im Hinblick auf die
übergangenen Punkte einc latente Freisprechung,
die natürlich an der Rechtskraft des Urteils parti-
zipiert und einer Nachtragsprozedur entgegensteht.
Bildet so die H. Frage grundsätzlich nur einen
Bestandteil im eigentlichen, gegen den cigentlich
Schuldigen zu führenden Strafprozaß, so ist doch
a) ein isolierter H. Prozeß insoweit zulässig,
als dies ausdrücklich im Gesetz erklärt ist (vgl.
z. B. Preuß. G betr. d. Verw Stri Verf. v. 26.
7. 97 & 51, 36 IV, Württ. Fiskal Str Pr G v.
25. 8. 79 à 31). Zu beachten bleibt dabei nur, daß
Gesetzesbestimmungen, die von „Mit verurtei-
Landesrecht solche Sonderbestimmungen nur mit
bezug auf solche Prozeduren tressen kann, die ihm
zur Regelung freigegeben sind, und dies nur ohne
Beeinträchtigung der durch Reichsrecht geregelten
Prozeduren (EstPO # 6). Deshalb sind die zit.
Bestimmungen des preuß. Rechts zwar gültig,
soweit sic eine Zerlegung des Strafbescheidsver-
fahrens in ein solches gegen den eigentlich Schul-
digen und ein solches gegen den Haftbaren zulassen;
sie sind aber ungültig, insoweit sic auch nach einem
gerichtlichen Strafverfahren gegen die
eigentlich Schuldigen ein Strafbescheidsverfahren
gegen den Haftbaren zulassen wollen; denn das
gerichtliche Strafverfahren untersteht dem Reichs-
recht, und dieses duldet eine Herausnahme der
H. Frage aus dem Prozeßgegenstand nicht (s.
vorher Spatte 1).
Selbstverständlich ist, daß Landcsrecht einen
isolierten H. Prozeß nach erfolgter Submission
des eigentlich Schuldigen zulassen kann.