Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Haftung Dritter (Submission; Prozeßverhältnis) 
  
b) Außerdem kann sich in einem Strafprozeß 
die H. Frage ev. dadurch verselbständigen, daß sie 
in lite bleibt, während die eigentliche Strafsache 
rechtskräftig erledigt wird (darüber unten S. 320). 
3. Eines eigentlichen prozessualen Vorgehens 
gegen den Haftbaren bedarf es jedoch 
dann und insoweit nicht, wenn und insoweit 
Landesrecht ein das Strafverfahren ersetzendes 
Submissionsverfahren kennt (z. B. 
Preuß. G betr. d. Verw Str Vf. v. 26. 7.97 8 20 f), 
und sich der Haftbare in den Formen dieses Ver- 
fahrens dem H. Anspruch freiwillig unterwirft. 
Ist auch das Submissionsverfahren regelmäßig 
nur auf den eigentlich Schuldigen zugeschnitten, 
so ist doch mit bezug auf den Haftbaren die In- 
teressenlage insofern die gleiche (Ersparung von 
Weiterungen und Kosten), und es muß deshalb 
Analogie platzgreifen, es wäre denn, daß im Gesetz 
ausdrücklich das Gegenteil angcordnet wäre (als 
solche gegenteilige Anordnung ist die Bestimmung, 
daß die H. durch „richterliches Erkenntnis“ zu ver- 
hängen sei, nicht anzusehen, da damit offenbar 
nur der Verwtrafprozeß ausgeschlossen sein 
soll; so auch Pötsch 114). 
Der (von Katzenstein 173 Anm. 11 in Zweifel 
gezogene) Wert der Submission des Haftbaren 
ist folgender: 
a) Nach einem Strafprozeß gegen den eigent- 
lich Schuldigen, in dem zwar gegen diesen ein 
Strafurteil erlassen, die H. aber nicht mit aus- 
gesprochen worden ist, ebenso nach einer Sub- 
mission des eigentlich Schuldigen gewährt die 
Submission die (nach oben Ziff. 2 sonst verschlosse- 
ne) Möglichkeit, die Haftbaren heranzuziehen. 
b) Aehnliches gilt, wenn sich eigentlich Schul- 
diger und Vertretungspflichtiger gleichzei- 
tig freiwillig unterwerfen. 
Pc) Aber auch die vor dem Strafprozeß oder der 
Submission des eigentlich Schuldigen erklärte 
Submission des Vertretungspflichtigen ist von 
Wert. Sie ist zwar ihrem Wesen nach bedingt 
durch nachfolgende Verurteilung oder Submission 
des eigentlich Schuldigen und ist, wenn solche aus- 
bleibt, bedcutungslos. Aber sie entlastet jedenfalls 
den künftigen Strafprozeß, derart, daß in diesem 
die H. Frage, weil schon bedingt erledigt, außer 
Betracht bleibt. 
4. Damit ein prozessuales Vorgehen gegen den 
Haftbaren zulässig sei, müssen namentlich folgende 
Klagerechtsvoraussetzungen gege- 
ben sein: 
a) Er muß der inländischen Gerichtsbarkeit 
unterfallen, und zwar der Strafgerichtsbarkeit. 
b) Er muß passiv parteifähig sein, d. h. ein We- 
sen, gegen das denkbarerweise ein Anspruch der 
geltend gemachten Art bestehen kann. Die Par- 
teisähigkeit disferenziert sich also je nachdem ob es 
sich um die kriminelle H., um die bürgerlichrecht- 
liche, um dic verwaltungerechtliche oder die kosten- 
rechtliche H. handelt; z. B. sind Kinder und juri- 
stische Personen für kriminelle H. parteinnfähig, 
für bürgerlichrechtliche und verwaltungsrechtliche 
parteifähig. 
5. Besondere Prozeßvorausset- 
zungen, d. i. Umstände, die rechtlich erforder- 
lich sind für die Zulässigkeit des konkreten Prozesses 
und die Gültigkeit des Prozeßverhältnisses, gibt 
es im Normalfalle für den H. Prozeß nicht. Denn 
im Normalfalle ist dieser inbegriffen in dem eigent- 
  
  
lichen Strafprozeß. Die viel erörterte und sehr 
verschieden beantwortete Frage nach der Zu- 
ständigkeit löst sich also sehr einfach dahin, daß sich 
der Haftbare unangesehen seine eigenen Be- 
ziehungen zu dem Gericht da zu verantworten 
hat, wohin die cigentliche Strafsache gehört. 
Nur in dem Ausnahmefalle eines isolierten 
H. Prozesses muß die sachliche wie örtliche Zu- 
ständigkeit nach der H. Sache und der zur H. heran- 
gezogenen Person bemessen werden (wobei ein 
forum delicti nur für kriminelle H. denkbar und 
da gegeben ist, wo der in Anspruch Genommene 
sein schuldhaftes Verhalten entfaltet hat), wäh- 
rend in diesem Falle die aus der Person des eigent- 
lich Schuldigen gegebenen Zuständigkeiten wegen 
der Zerreißung des Zusammenhangs nicht mit- 
sprechen. 
6. Das Prozeßverhältnis gegen den 
als haftbar in Anspruch zu nehmenden entsteht 
nach dem Satze Judex ne procedat ex officio 
immer nur durch „Klage“ oder Klage- 
surrogat. 
Da aber der H. Anspruch der prozessualen Selb- 
ständigkeit entbehrt und ohne weiteres dem Straf- 
anspruch adhäriert, so wird er durch eine lediglich 
auf letzteren gerichtete Klage auch dann mit rechts- 
hängig, wenn in der Klage seiner keine Erwäh- 
nung geschehen ist (AM Pötsch). Durch die Straf- 
klage wider den eigentlich Schuldigen ist das Ge- 
richt im Verhältnis zu dem Kläger auch mit dem 
Annex der eigentlichen Strassache, der H. Sache, 
befaßt, sodaß die Nichtmitaburteilung der letzteren 
diese nicht in lite läßt, sondern im Sinne latenter 
Freisprechung erledigt. 
Da aber andererseits das moderne Prozeßrecht 
dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs huldigt, 
derart, daß ohne solches Eingriffe in die Rechts- 
sphäre wirksam nicht verhängt werden können, 
so bleibt der Haftbare selber von dem Prozeßver= 
hältnis solange unberührt, als er nicht in den Pro- 
zeß hineingezogen, d. h. zu ihm zugezogen worden 
ist (ugl. hierzu Re St 22, 41). Diese Erforderlich- 
leit der Zuziehung ist teilweise in den Gesetzen er- 
wähnt oder angedeutet (vgl. Preuß. Rheinschiff- 
Ger G v. 8. 3. 79 § 13 II, Preuß. Elbzoll Ger G 
v. 9. 3. 79 5J 7, Preuß. G über d. Verw Strif. 
v. 26. 7. 97 7+5 27, Bayr. Forst G v. 28. 3. 52 
a 69, Württ. Fiskalstrafproz G v. 25. 8. 79 a 30, 31), 
sie gilt aber allgemein. 
Diese Zuziehung kann, soweit sie nicht in den 
Gesetzen näher normiert ist (vgl. z. B. Württ. 
Fisk Str Pr G 30 II) durch das klagende Staats- 
organ oder (nach erfolgter Klage) durch das Ge- 
richt geschehen, sie kann in Form einer Ladung 
oder einer einfachen schriftlichen oder mündlichen 
Mitteilung geschehen. Jedenfalls aber muß sie 
schon in erster Instanz erfolgen, da sonst ein pro- 
zessual unzulässiger Instanzverlust unterlaufen 
würde. Wäre die Hereinziehung in den Prozeß 
in erster Instanz oder überhaupt versäumt worden, 
so wäre damit die Angelegenheit negativ erledigt 
(soweit nicht ausnahmsweise ein Nachtragsverfah- 
ren zugelassen ist, S 317 Sp. 2 unten), und ein 
dennoch etwa gefällter Ausspruch gegen den Paft- 
baren rechtsungültig und wirkungslos, weil die 
Verteidigungsmöglichkeit gröblichst beschränkend. 
Von einem Eintritt des Haftbaren in den 
Prozeß, etwa als Nebenintervenient (so v. Kries, 
Pötsch) kann keine Rede sein; er würde dadurch
	        
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