Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Hamburg — Handel 
herleitet. Besonders ausgezeichnet ist auf ge- 
schichtlicher Grundlage die evangelisch-lutherische 
Kirche, deren Patronat der Senat innehat, und 
die die Stellung einer Landeskirche einnimmt. 
Ihre kirchliche Verwaltung wird durch einen Kir- 
chenrat und durch eine Synode geübt, die sich auf 
der Einteilung des Staatsgebictes in vier Kirchen- 
kreise aufbaut. 
## 6. Mittel der Berwaltung, Kontrolle und 
Rechtsprechung. An speziellen Mitteln der 
Hamburgischen Verwaltung sind außer 
den allgemeinen der Verfügung, der Ermächti- 
gung, des Befehls und der Anerkennung haupt- 
sächlich der polizeiliche Zivilprozeß über gewisse 
Taxstreitigkeiten und auf Grund der Dienstboten- 
ordnung hervorzuheben. Ferner haben die Ham- 
burgischen Verwaltungen ein cigentümliches, einen 
gerichtlichen Schuldtitel nicht voraussetzendes 
Zwangsverfahren, wenn es sich handelt um Ein- 
ziehung von Steuern, Gesällen, Abgaben, Ge- 
bühren, sowie Leistungen nach gesetzlichen Nor- 
men und bestimmten Tarifen. Innerhalb ihrer 
Kompetenz hat die Pol Behörde eine Art von 
Disziplinargewalt, Vorladungen bei Strafe bis 
Mk 30.— zu erlassen, und bei Ungebühr in Ver- 
handlung oder Eingabe Strafen bis zu Mk. 300.— 
festzusetzen. 
Während die Kontrolle der Verwaltung 
in Bezug auf die Zweckmäßigkeit nur durch die 
Bürgerschaft geführt werden kann, unterliegt die 
Rechtmäßigkeit der einzelnen VerwHandlung an 
erster Stelle der Kontrolle des Bürgerausschusses 
und dem Widerspruchsrecht der Deputationsvor- 
sitzenden. 
Bei Mangel einer eigentlichen Verw Gerichts- 
barkeit 1) können aber in H. von dem durch einen 
Verwült Betroffenen die ordentlichen 
Gerichte angerufen werden, und zwar sowohl 
— alles unter Beobachtung gewisser Voraussetzun- 
gen und Formalien — um eine Verw Behörde, 
ein Mitglied oder einen Beamten zu Schadens- 
ersatz, Genugtuung oder Abhilfe zu zwingen, oder 
um die Rechtsgültigkeit bestimmter Verordnungen 
usw. zu prüfen. Im übrigen gilt in der Hauptsache 
ein frist= und formloses Beschwerdeverfahren, und 
zwar in erster Stelle an die vorgesetzte Behörde, 
in letzter an den Senat. Frist= und Formvor= 
schriften sind nur zu beobachten, wenn von den 
Behörden auferlegte Geldzahlungen, wie Steuer- 
ansätze, Immobilienabgaben usw. im Rechts- 
wege angefochten werden sollen, und bei Be- 
schwerden gegen polizeiliche Strafverfügungen 
und Strafbescheide der Verw Behörde. 
Quellen: Anderson Lappenberg, Sammlung 
der Berordnungen der Freien Hansestadt Hamburg 1814 
bis 1866. Seit 1867 Gesetsammlung und Amtsblatt (oben 
S. 329 III). Staatshandbuch. 
Literatur: Wolffsson, Das Staatsrecht der 
Freien und Hansestadt H. (in Marquardsen HB, III. Band, 
II. Halbband Abt. 2), 1884; v. Melle, Das Hamburgische 
Staatsrecht 1891; Wulfs,. Hamburgische Gesetze und 
Berordnungen?; Seelig, Geschichtliche Entwicklung der 
Hamburgischen Bürgerschaft 1900; Derselbe, Hambur- 
gisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage 1902; 
  
1) Unter dem 12. 12. 1910 hat der Senat der Bürger- 
schaft den Entwurf eines Gesetzes über Verwaltungsge- 
richtsbarkeit vorgelegt. 
  
  
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Derselbe, Das Hamburgische Wahlgesetz zur Bürger 
schaft im Jahrbuch des Oefsentl. Rechts 2, 122 ff. 
Seelig. 
Handel 
EEXIIIIII 
I. Einleitung. 11. Begriff. 1 2. Arten des Handels. 
II. Der Inlandshandel. 1 3. Voraussetzungen 
des stehenden Handelsbetriebs; allgemeine Pflichten des 
Kaufmanns. 1 4. Beschränkungen in der Zulassung zu ein- 
zelnen Handelsgewerben, #15. im Betriebe außerhalb der 
Handelsniederlassung. ##6. Weitere Beschränkungen (ofsene 
Verkaufsstellen). 1 7. Beschränkungen bei Edelmetallwaren 
mit Feingehaltsbezeichnung. 
III. Der Auslandshandel. 18. Geschichtlicher 
Rückblick. # 9. Die rechtlichen Grundlagen. 1 10. Staatliche 
Fürsorge. 
IV. Behörden und Handelsvertretungen. 
* 11. Im Reich. 1 12. In den Bundocsstaaten. 
V. Anhang: Ausstellungen (Arten, amtlliche För- 
derung, Bekämpsung). 
Im allgemeinen 1 Gewerbe 
I. Einleitung 
## 1. Begriff des Handels. Dem Ausdruck H. 
wird sowohl in der Wissenschaft als in der Gesetz- 
gebung ein verschiedener Inhalt gegeben. Vom 
volkswirtschaftlichen Standpunkte ver- 
stehen wir unter H. diejenige berufliche Tätigkeit, 
welche die Verteilung der Güter durch Vermitt- 
lung des Uebergangs vom Hersteller auf den Ver- 
braucher bewirkt. In diesem Sinne steht der H. 
im Gegensatz zur Erzeugung der Waren, die teils 
durch die Landwirtschaft teils durch die Produk- 
tionsgewerbe erfolgt. Die letzteren gliedern sich 
in Urproduktion (Bergbau, Steinbruch= u. ä. Be- 
triebe) und Fabrikation (Be= oder Verarbeitung 
von Gütern). Produktionsgewerbe und H. fallen 
unter den allgemeinen Begriff Gewerbe, der fer- 
ner auch solche weder auf die Güterherstellung noch 
auf die Güterverteilung gerichtete, gegen Entgelt 
berufsmäßig ausgeübte Tätigkeiten umfaßt, welche 
von selbständigen Personen betrieben werden 
(z. B. Straßengewerbe, einzelne Handwerke wie 
Barbiere, Schornsteinfeger, dagegen nicht der Be- 
ruf der in abhängiger Stellung, als Beamte, Ar- 
beiter und dergl. tätigen Personen). Der H. er- 
scheint am häufigsten in der Gestalt, daß der 
Handeltreibende, der Kaufmann, Waren auf- 
kauft und demnächst wieder verkauft. In den 
Rahmen seiner Tätigkeit fällt die Behandlung 
der Ware, soweit sie zum Schutze gegen Verderb 
oder Verschlechterung nötig ist, ihre Umpackung, 
deren Notwendigkeit sich aus dem Absatz in klei- 
neren Mengen ergibt, die Sonderung der Ware 
nach der verschiedenen Güte ihrer einzelnen Be- 
standtecile, die Zusammenmischung gleichartiger 
Waren, um eine Ware von einer bestimmten Be- 
schaffenheit zu erzielen. Dagegen fällt eine das 
Wesen der Ware ändernde Bearbeitung bereits in 
das Gebiet des Produktionsgewerbes. Als H. ist 
ferner die Tätigkeit des Kommissionärs anzusehen,
	        
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