Handel (Schranken für den Betrieb) 335
Warenbestellung beim Publikum in der Form des
Geschäftsreisens (das sog. Detailreisen) vielfach
einen verdeckten Wandergewerbebetrieb darstellte,
daneben auch Rücksichten auf das seßhafte Ge-
werbe, das unter dem Wettbewerb der Geschäfts-
reisenden zu leiden hatte, führten zu einer wesent-
lichen Einengung der Grenzen des Geschäfts-
reisens. Der gegenwärtige Rechtszustand beruht
hauptsächlich auf den Novellen zur GewO v. 1.
7. 83 und 6. 8. 96. Näheres oben S. 242, ferner
FHandelsverträge, Wandergewerbe.
Für Handlungsreisende, die für
ausländische Häuser reisen, sind drei
Fälle zu unterscheiden:
a) In den H. Verträgen mit Cesterreich-Ungarn, der
Schweiz, Belgien, Serbien, Rumänien, Rußland, Italien,
Griechenland, Bulgarien und Schweden, sowie in dem Son-
derabkommen mit Frankreich v. 2. 7. 02 (R#nl 1903
S 47) ist vereinbart, daß Handlungereisende eines der Ver-
tragsstaaten, die durch eine von den dortigen Behörden
ausgestellte Gewerbeleginimationeskarte als Vertreter eines
dort ansässigen stehenden Gewerbebetriebes gekennzeichnet
sind, im Gebiete des andern Teils wie dessen Handlungs-
reisende behandelt werden sollen. Die Handlungereisenden
der erwähnten Staaten bedürsen daher in Deutschland keiner
Legitimationskarte (S. 212 o. E.), sofern sie im Besitze einer
ordnungsmäßigen Gewerbelegitimationskarte des Staates
sind, in dem die Niederlassung, für die sie reisen, belegen
ist. Ebenso genügt für deutsche Handlungsreisende die
Gewerbelegitimationskarte, die sie mit Rücksicht auf ihre
Tätigkeit in einem dieser Staaten im Znlande erhalten ha-
ben, auch für ihren Betriecb im Zulande. Tie Ausstellung
der Gewerbelegitimationskarten geschieht in Preußen durch
die zur Ausstellung von Paßkarten befugten Behörden, in
Bayvern durch die Distriktsverwaltungebehörden (in Mün-
chen durch den Magistrat), in Wurttemberg durch die Cber-
ämter, in Baden durch die Bezirksamter. Für Versagung
und Zurücknahme der Gewerbelegitimationskarte gelten die
gleichen Bestimmungen wie fuür die Legitimationskarten.
b) Handlungsreisende, die andern Staaten angehören,
erhalten, sofern diesen Staaten in Deutschland das Recht
der Meistbegünstigung hinsichtlich des Gewerbebetriebs ver-
tragsmäßig zusteht, in Deutschland eine Gewerbelegiti=
mationskarte, auf Grund deren sie innerhalb des Reichs-
gebiets mit denselben Besugnissen wie ein inländischer
Handlungsreisender ihre Tatigkeit ausüben lönnen.
c) Handlungsreisende aus andern Staaten als unter a
und b aufge führt sind, bedürfen für ihre Tätigkeit im
Inlande eines Wandergewerbescheins.
#6. Weitere Beschränkungen im Betriebe des
Handelsgewerbes. Der Grundsatz der H. Freihceit
betrifft nur die Zulassung zu einem H. Ge-
werbe. Er besagt, daß jede Person jedes H.Ge-
werbe betreiben darf, soweit nicht durch reichsge-
setzliche Vorschrift Ausnahmen (§ 44) vorgesehen sind.
Dagegen sind mit der H. Freiheit Beschränkungen
in der Ausübung des Gewerbes wohl verein-
bar und bestehen auch in großem Umfange. Sie
finden ihre Rechtfertigung in der Fürsorge, die der
Staat auf den verschiedensten Gebieten im In-
teresse der Allgemeinheit übt. Sie können nicht
nur durch Reichsgesetz begründet werden, sondern
auch durch landesrechtliche Bestimmungen, ins-
besondere auch innerhalb des Rahmens der den
Pol Behörden zustehenden Machtbe fugnisse durch
Pol Verordnung. Solche Beschränkungen ver-
stoßen dann nicht gegen die H. Freiheit, wenn sie
auf besonderen außerhalb des H. liegenden Er-
wägungen staatlicher Fürsorge beruhen, z. B. auf
Erwägungen der Sozialpolitik, der Gesundheits-
pflege, der Sittlichkeit, der Sicherheitspolizei usw.
Insoweit diese Gebiete landesrechtlicher Regelung
vorbehalten sind, kann der Betrieb der Gewerbe
landesrechtlichen Einschränkungen unterworsen
werden. Diese Beschränkungen finden ihre Dar-
stellung bei den einzelnen in Frage kommenden
Gebieten. Hier genügen einige Bemerkungen.
1. In der Gewp selbst sind einige Beschrän-
kungen des H. Gewerbes vorgesehen, die in sozial-
politischer Fürsorge ihren Grund haben.
Für offene Verkaufsstellen sind zur
Durchführung der Vorschriften, die den kaufmänni-
schen Angestellten Sonntagsruhe und regelmäßige
Arbeitsruhe sichern sollen, Bestimmungen getrof-
sen, die den Ladenschluß zu bestimmten
Zeiten vorschreiben; vgl. oben S. 241.
2. Beschränkungen des H. ergeben sich als Folge
einer größeren Zahl von Reich sgesetzen, z. B.
zum Schutze des Urheberrechts und des gewerb-
lichen Eigentums, zum Schutze gegen unlauteren.
Wettbewerb, gegen Verfälschung von Nahrungs-
und Genußmitteln [und einzelnen Gegenständen
des täglichen Gebrauchs. In das letztere Gebiect
fallen ferner die Spezialgesetze über die Ver-
wendung gesundheitsschädlicher Farben und blei-
und zinkhaltiger Gesäße, und über den Verkehr
mit künstlichen Süßstoffen, Kunstbutter und Wein.
Für diejenigen Waren, welche Gegenstand indi-
rekter Besteuerung sind, enthalten die einzelnen
Steuergesetze mehrfach Beschränkungen des H.,
dic zur Sicherung des Steueraufkommens geboten
sind. Der H. mit Vieh, Fleisch und anderen tie-
rischen Erzeugnissen ist durch die Viehseuchen= und
Fleischschaugesetzgebung Beschränkungen unter-
worfen. I/ Schlacktvich= und Fleischbeschau.)
3. Beispicele landesrechtlicher Be-
schränkungen des H. bieten die Verkaufs-
beschränkungen, die durch die landesgesetzlichen
Bestimmungen über die Schonzeiten für Wild und
über die Schonung des Fischbestandes vorgesehen
sind [/ Jagd, Fischerei). Für die Betriebsstätten
sind bau= und sicherheitspolizeiliche Vorschriften
in den Baupolizeiordnungen INI getroffen. Auch
gegen Ueberfüllung der Verkaufsstellen kann durch
Pol Verordnung wegen der daraus namentlich bei
Ausbruch eines Feuers sich ergebenden Gefahr
Vorsorge getroffen werden. Endlich ist man in
einzelnen Bundesstaaten dazu übergegangen, den
Betrieb der Warenhäuser IX1 durch Einführung
besonders hoher Steuern zu erschweren, in Preu-
ßen durch das G v. 16. 7. 00 (G— 294). Ob dieses
im wesentlichen auf Gründen des Wettbewerbs
beruhende Vorgehen mit dem Zweck der Gewerbe-
freiheit vereinbar ist, kaun zweiselhaft sein, das
O## (StSt 10, 470) hat die Zulässigkeit der
preußischen Warenhaussteuer im Erk. v. 6. 3. 02
im Hinblick auf § 5 des Gesetzes anerkannt.
§# 7. Beschränkungen des Hanudels in Edel-
metallwaren mit Feingehaltsbezeichnung. Für
den Wert von Gold- und Silberwaren ist in
hohem Grade bestimmend der Grad der Reinheit
des verarbeiteten Metalls, sein Feingehalt.
Durch Anpreisung des Verkäufers oder durch
eine dem wirklichen Mischungsverhältnisse nicht
entsprechende, auf der Ware angebrachte Fein-
gehaltsbezeichnung kann der Käufer leicht irre-