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1810 und das G über die polizeilichen Verhalt-
nisse der Gewerbe v. 7. 9. 1811. Kam hierin der
Wunsch zum Durchbruch, den Innungszwang
aufzuheben, so bestimmte doch s 31 mit im In-
teresse der KK: „Wird von Landespolizei wegen
in besonderen Fällen zu einem gemeinnützigen
Zwecke nötig erachtet, Gewerbetreibende ge-
wisser Art in eine Korporation zu vereinigen, so
ist jeder verpflichtet, dieser Korporation beizutre-
ten, solange er dies Gewerbe betreibt.“
Auf Grund dieser Bestimmung wurden in den Jahren
1820—1825 gegründet und mit königlichen Privilegien aus-
gestattet die KK Berlin (jetzt beschränkt durch die daneben
begründete HK und die teilweise ebenfalls in den Bezirk
der KK eingreifende 5 K Potsdam, Sitz Berlin), Stettin,
Magdeburg (umgewandelt in eine 5K 1899), Tilsit, Kö-
nigsberg, Danzig, Memel und Elbing.
Der Zwang zum Beitritt war teils direkt ausgesprochen,
teils damit gegeben, daß die Handeltreibenden der ge-
nannten Städte nur durch den Beitritt zur Korporation die
Rechte der Wechselfähigkeit, der Beweiskraft der Handels-
bücher, der Geschäftsfählgkeit der Handlungsgehilfen, des
Rechtes auf Provision usw. erlangten. Hierin brachte dann
Aenderung die Gew O von 1845, die W O von 1849, schließ-
lich aber völlige Freiheit das Handelsgesetzbuch.
Das Es# z. HGB v. 24. 6. 61 à 3 &4 brachte
den KK große organisatorische und auch finan-
zielle Schwierigkeiten, weil man im Zweifel war,
ob sie Innungen seien, ob sie unter der „Handels-
freiheit“ bestehen dürften. Durch § 104 GewO von
1869 wurde aber entschieden, daß die KK keine
Innungen wären und auch nicht der Aussicht
der Gemeindebehörden unterstünden.
Die preuß. H#K Gesetzgebung ordnete (1870) die
KK neben die HK; so erhielten sie wie die HK
das Recht, Gewerbetreibende der in 3 36 GewO
bezeichneten Art öffentlich anzustellen und zu
beeidigen und Ursprungszeugnisse und andere dem
Handelsverkehr dienende Bescheinigungen aus-
zustellen (5KG 8 42). Durch die Novelle zum
HKG von 1897 erlangten die KK ferner zu den
ihnen laut Statut obliegenden konsultativen Be-
fugnissen auch gleich den HK das Recht, „Anstal-
ten, Anlagen und Einrichtungen, die die Förderung
von Handel und Gewerbe, sowie die technische und
geschäftliche Ausbildung, die Erziehung und den
sittlichen Schutz der darin beschäftigten Gehilfen
und Lehrlinge bezwecken, zu begründen, zu unter-
halten und zu unterstützen“. Endlich dürfen sie,
wie die HK: Handelsmäkler öffentlich ermächti-
gen, Vorschläge für die Ernennung von Handels-
richtern machen, Mitglieder der Bezirks-Eisenbahn-
räte ernennen usw. In dieser Verfassung bestehen
die KK noch heute und erweisen sich als den HK
gleichwertig. Von der ihnen laut § 44 HKP zu-
stehenden Befugnis, sich in eine HKK umzuwan-
deln, hat die Mehrzahl von ihnen keinen Gebrauch
gemacht. Sie halten sich der Regierung gegenüber
für freier, weil sie nicht durch Beschluß des Staats-
ministeriums aufgelöst werden können, wie die
HK (OK###43). Auch können einzelne KK solche
Personen, die nach Ansicht ihrer Standesgenossen
ihre kaufmännische Ehre einbüßten, aus der Kor-
poration (also aus der Wählerschaft!) ausschließen.
1l! Handelskammern nach fran-
zösischem Vorbild. Nach dem Vorbilde
der Chambres de commerce (1601 oder 1607
war schon in Marseille ein conseil de commerce
gegründet worden, anfangs nur aus Beamten
Handelskammern (Gesetzgebung)
zusammengesetzt, seit 1664 unter Zuziehung von
Kaufleuten; 1771 an weiteren Plätzen errichtet)
wurden unter französischem Einflusse 1803 ge-
ründet oder neu organisiert die HKK zu: Köln,
ainz und Straßburg i. Elsf. — 1804
wurden dem französischen Vorbilde der cham-
bres consultatives de manufactures, fabriques,
arts et metiers nachgebildet die ebenfalls HK
genannten Organisationen zu: Krefeld, Aachen,
Burtscheid, Stolberg, Eupen, Malmedy, Trier,
Metb, Hagenau, Markirch, Mülhausen und Wesel.
In der Tätigkeit dieser HK hat sich die BVer-
schiedenartigkeit des ihrer Organisation dienenden
Vorbilds schnell verwischt. Nach den Befreiungs-
kriegen wurden die preußischen HK von Preußen
und die HK zu Mainz von Hessen anerkannt. Die
erste von Preußen, durch ein kraft Kgl Verordnung
erlassenes Statut v. 22. 6. 30, errichtete HK ist
die zu Elberfeld und Barmern (seit 1871
getrennt). Sind in der Verordnung einzelne Be-
stimmungen den französischen Gesetzen nachge-
bildet, so ist doch etwas von der preußischen
Selbstverwaltung auf die Organisation der HK
übergegangen; erstens erhielt jeder Steuerpflich-
tige auch ein Wahlrecht zur HK (in Abweichung
von den KK erschöpft sich freilich bei den H#K hierin
das Recht der Wählerschaft), und zweitens bekam
das gewählte Kollegium, die HK, das Recht, sich
selbst ihren Vorsitzenden zu wählen und seine Ge-
schäfte völlig selbständig zu ordnen. Durch Kal B
von 1831 wurden diese Grundsätze auch auf die
aus der französischen Zeit stammenden H über-
tragen. Allen HK wurde (wie den KK) die Ver-
tretung nicht nur des Handels, sondern auch des
Manufakturgewerbes und der Schiffahrt zur
Pflicht gemacht.
# 3. Handelskammer-Gesetzgebung der deut-
schen Staaten. Scit 1841 förderte die Regierung
Preußens die Entstehung von HK auch in den öst-
lichen Landesteilen (Erfurt, Halle); hierbei wurde
auf das Erfordernis, daß die Mitglieder der HK
von der Regierung zu bestätigen seien, verzichtet.
Unterm 11. 2. 48 suchte eine Kgl. Verordnung
eine „einheitliche Unterlage für den weiteren Aus-
bau dieser Einrichtungen zu schaffen“. Der Ver-
ordnung folgte das G v. 24. 2. 70, das auch für
die 1866 erworbenen preußischen Gebiete in Gelt-
ung gesetzt wurde. Das Gesetz besteht (nach einem
leider mißglückten Versuch vom Jahre 1896, die
HK Organisation über das ganze preußische Staats-
gebiet organisch auszudehnen) noch heute und zwar
in der durch eine Notnovelle vom Jahre 1897 ab-
geänderten Fassung v. 24. 2. 70, 19. 8. 97.
Die deutschen Staaten folgen der H Kesetz-
gebung Preußens. Fast überall zeigt sich bei
ihnen aber eine Entwicklung zu einer ein-
heitlichen, das ganze Staatsgebiet umfassenden
Regelung, die nur in Lippe, Waldeck, in kleinen
Gebietsteilen Badens und in Oldenburg-Birken-
feld nebst fürstl. lübischen Gebietsteilen fehlt. Die
Umbildung der Handelsvertretungen vollzog sich
in neuerer Zeit bei wechselnden und wachsenden
Aufgaben des deutschen Gewerbes verhältnis-
mäßig rasch. Nachdem in Bayern durch die Ge-
setzgebung von 1908 die Gewerbekammern aufge-
hoben und in Sachsen durch Entschließung der
H#k zu Zittau (zum 31. 12. 10) die früher ver-
einigten beiden Abteilungen der H##t verselb-
ständigt wurden, bestehen Handels= und