Handelskammern (Gesetzgebung; Wahlsysteme)
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Gewerbekammern nur noch im Herzog-
tum Sachsen-Meiningen, aber auch hier nur
dem Namen nach; denn sie besitzen, nach-
dem für das Herzogtum eine besondere Hand-
werkskammer eingerichtet wurde, nicht mehr die
Rechte der Gewerbekammern aus § 1030 GewpO.
Gewerbekammern bestehen a) in Sach-
sen; sie sind im Grunde nach ihrer allmählich ein-
getretenen Loslösung von den HK als Handwerks-
kammern anzusehen, nur daß sie, was zu begrüßen
ist, den Kleinhandel mit umfassen, der doch nicht
vom Handwerk zu trennen ist. d) in Bremen,
Lübeck und Hamburg, wo sie aber teilweise auch
die Industrie mitumfassen und für diese
einebesondere Abteilung einrichteten.
Die Kosten dieser Kammern werden ganz aus
Staatsmitteln bestritten. Es sind ihnen die Rechte
und Pflichten aus & 1030 GewO übertragen.
Bei Ausübung dieser Rechte stimmen aber nur
die Mitglieder der Handwerkerabteilungen.
Im folgenden ist eine Uebersicht über die
H#Kesetzgebung der größeren Staaten gegeben.
Preußen: K9., V v. 11. 2. 48, HKMG# v. 24.
2. 70 und 19. 8.
Bayern: 7 B v. 19. 9. 42, 3. 8. 48,
27. 1. 50, 16. 4. 55, 25. 10. 89, 25. 2. 08.
Sachsen: Gewerbe G v. 15. 10. 61, 23. 6.68,
2. 8. 78, G v. 4. 8. 00, Ausf. V v. 20. 6. 07.
Württemberg: Kgal V v. 19. 9. 54,
17. 2. 58, 4. 7. 74, G v. 30. 7. 99, Kal V v.
22. 3. 0. MinVsa v. 28. 3. 00, Min Vfo v.
13. 12. * V v. 16. 7. 06, Wahlrecht zur I.
Kammer.
Baden: Gewerbe G v. 20. 9. 62 (enth. Er-
mächtigung der Regierung), G v. 11. 12. 78,
26. 4. 86, Nov. v. 12. 9. 98, Min V v. 28. 12. 86,
B6# v. 24. 8. 04 (Wahlrecht zur I. Kammer),
19. 10. 06 und 26. 9. 10.
Hessen: Erst landesherrl. Verordnungen
für einzelne HK (Mainz) G v. 8. II. 71, Gv.
6. 8. 02, G (Nov.) v. 1. 7.08, Min Bek v. 1. 11. 02,
6. 10. 06 (Offenbach), 31. 7. 08 (Mainz).
Mecklen burg Schwerin und Strelitz: B
(vom Landtage gen.) v. 2. 9. 02 (Errichtung einer #t für
beide Großherzogtümer); B (Abänderung) v. 6. 4. 06,
15. 2. 05, 5. 2. 07 betr. Beitragspflicht.
Sachsen-Weimar: Min V v. 5. ö. 77 (betr. die Ge-
werbe kammer); S#K# v. 25. 9. 00; Min Ausf.B v. 8.
11. 00; HAG Neured. v. 25. 7. 06, Min Auef. V v. 25. 7. 07
(LandtagswahlG# v. 10. 4. 09, Wahlrecht zum Landtag).
Oldenburg: Gewerbe= und Handelsverein 1840,
Verband der Handels- und Gewerbe-Vereine 1304; Gv.
19. 2. 00; B v. 23. 4. 00.
Braunschweig: KK v. 3. ö. 41; Gewerbe G v.
S. 64; Min Reskr. v. 13. 3.64; G v. 19. 3. 90:G v. 15. ö.06.
Elsaß-Lothringen: Früheste und Na-
poleonische Zeit (s. § 2, 0), Reorganisation (Louis
Philippe) 16. 6. 32 (Febr. Rev. 1848), 19. 6. 48
(Präsidentschaft Louis Napoleons);
wurden (3. 9. 51) „Iex commercants notables
et principalement les chefs des maisons les plus
anciennes“ (30. 8. 52). G betr. die Erhebung
von Abgaben der HK v. 29. 3. 97, V betr. die
HK v. 14. 4. 97, Nachtrag v. 15. 6. 0,. Min Wahl
v. 11. 7. 97, Nachtrag v. 15. 10. 00. Verfassung
von 1911 (Wahlrecht zur I. Kammer).
4. Wahlsysteme. An Wahlsystemen finden
bei den Wahlen zu den amtlichen Handelsvertre-
tungen Anwendung:
bevorzugt
a) Das allgemeine direkte Vahleecht:
1. in Preußen bei 41 HK und 7 KK, zus. 48 Han-
delsvertretungen; 2. in Bayern, Württemberg,
Baden, Hessen, Meiningen, Altenburg, Koburg,
Hotha, Anhalt, Rudolstadt, Sondershausen, Reuß
L., Lübeck, Bremen, Hamburg und Elsaß-
Lothelnen bei sämtlichen hessischen HK mit
Ausnahme von Darmstadt und Offenbach.
b) Das gesetzliche Dreiklassen-
Abteilungs-Wahlsystem des §&10 Abs.
3 Pr. HKK G: 1) in Preußen bei 11 HKK, — 2) in
Braunschweig.
c) Sonstige Dreiklassen = Abteilungs-
Wahlsysteme verschiedener Art: bei 6 preu-
ßischen HK (z. B. Abgrenzung nach frei gewählten
Gewerbesteuersätzen; auch anderweite Verteilung
der H Mitglieder auf die drei Wahl-Abteilungen.
d) Ein Zweiklassen-Abteilungs-
Wahlsystem verschiedener Art: 1) in Preu-
ßeen bei 7 HK (hier nach Gewerbesteuerklassen,
dort nach frei gewählten Gewerbesteuerbeträgen
oder Halbierung; auch anderweite Verteilung
der HKMMitglieder auf die beiden Wahlabteilun-
gen — 2) in Reuß j. L. und Lippe.
e) Proportional (Plural)-Wahl-
systeme verschiedener Art: 1) in Preußen bei
10 HK (Abstufung der Wahlstimmen nach den
Gewerbesteuerklassen, nach frei gewählten Ge-
werbesteuersätzen oder nach der Höhe des H KBei-
trages — 2) in Rostock (beide Mecklenburg).
k) Indirektes Wahlrecht: im ganzen
Kgr. Sachsen.
nz) Gruppen wahlrecht mit „Wahlauf-
satz“: Kleinhandelskammer in Bremen und De-
taillistenkammer in Hamburg.
m) Gemischte Wahlsysteme in
einem Bezirk: Uin Preußen bei 7 HK —
2) in Darmstadt und Offenbach — 3) in Olden-
burg — 4) in Weimar.
In Preußen kann das Wahlsystem noch durch
einen Wahlzensus derart eingeschränkt werden,
daß das Wahlrecht erst von einem bestimmten
Gewerbesteuersatz ab beginnt. Davon haben 18
HK Gebrauch gemacht. Der Zensus beträgt bei
2 HFr 16 Mk., bei 1:20 Mk., 2224 Mk., 1:28 Mk.,
1:F 30 Mk., 92
32 Mk., 1: 36 Mk. und' 1: 56 Mk.
— Da die Pr. HK nach 84 HKG mit Genehmi-
gung des Ministers für Handel und Gewerbe be-
schließen können, Wahlrecht und Beitragspflicht
von steuerlichen Voraussetzungen abhängig zu
wachen, finden Wahlrechtsänderungen häufig
tatt.
Alles Nähere siehe d. Jahrbuch 1910, wo
aber die oben berücksichtigte Wahlrechtsänderung
der HK Magdeburg noch nicht Aufnahme finden
onnte.
#5. Errichtung, Wahlrecht, Wahlverfahren,
Konstitnierung, Auflösung. Die gesetzlichen Be-
stimmungen bezw. landesherrlichen (Bayern und
Reichslande) oder ministeriellen Verordnungen
(Meiningen) sind für die Errichtung von HK
zwingend in: Bayern, Hessen, Baden,
Mecklenburg, Großherzogtum Sachsen, Olden-
burg, Braunschweig, Meiningen, Altenburg, Go-
tha, Anhalt, Rudolstadt, Sondershausen, den
beiden Reuß, Detmold, Lübeck, Bremen, Ham-
burg und Elsaß--Lothringen; nicht zwingend
also beispielsweise in Preußen.
I. Die Errichtung einer Hoder die Ver-