Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Handelskammerm (Organisation; Handelstag) 
  
steht ein Sekretär (Syndikus), der in Preußen 
mittelbarer Staatsbeamter ist, also der Diszipli- 
narbefugnis des Reg Präsidenten untersteht und 
wie jeder Staatsbeamte von der Regierung auf 
das Interesse des Staates beeidigt wird (vgl. 
Verh. der Ver. der HGK Sekr. zu München, 1908). 
2. Die Handelsgremien sind eine Art 
örtlich eng begrenzter, nicht ganz vollwertiger H#K. 
(s. Der Handelsvorstand Nürnberg 1560—1910, 
Sss). Sie sind nur in Bayern eingerichtet und 
bestehen hier jetzt laut Min Entschl. v. 15. 12. 08, 
18. 5. 09 und 10. 2. 10 in 35 kleineren Ortschaften. 
Sie haben die Befugnis, für ihren Bezirk Ur- 
sprungszeugnisse und dergl. Bescheinigungen aus- 
zustellen, dürfen aber nur einen Farbstempel, kein 
Siegel, führen, und zwar ohne Königskrone (1). 
Sonst liegt ihnen wie den HK, an deren Wahlen 
sie übrigens auch beteiligt sind, die Förderung und 
Vertretung der Interessen von Handel, Industrie, 
Schiffahrt und Bergbau ihres Bezirkes ob, sie 
haben bei der Ernennung der Handelsrichter mit- 
zuwirken, den HKX Material für die Abfassung des 
Jahresberichtes zu liefern usw. In örtlichen An- 
gelegenheiten verkehren sie direkt mit den Behör- 
den; in wichtigeren Fällen haben sie die HOK zu 
benachrichtigen. Beim Verkehr mit dem Min 
haben sie sich stets der Vermittelung der HK zu 
bedienen (HOn V I§ 1 u. 16, Min E v. 18. 5. 09). 
3. Die Kommissionen (Fachkommissio- 
nen) umfassen nicht nur, wie die Ausschüsse, eine 
Auswahl von HMitgliedern, sondern suchen aus 
der HKWählerschaft für bestimmte Aufgaben Mit- 
arbeiter heranzuziehen. Sie sollen das Interesse 
für die Hn Tätigkeit mehren, und der HK neue 
Informationsquellen erschließen. Die Fachkom- 
missionen sind nicht ganz ohne Gefahr für die 
HKTätigkeit; denn wenn sie nicht „Dekorations- 
stück“ bleiben, so belasten sie stark die selbständige 
Arbeit der H#Kz auch neigen sie dazu, die HKK Son- 
derinteressen dienstbar zu machen. Besondere 
Bedeutung haben neuerdings die Kleinhan= 
delsausschüsse (richtiger -Kommissionen) 
der H#K erlangt, insofern sie einen Ersatz für De- 
taillistenkammern bilden. Einige HK haben diese 
Kommissionen nicht auf den Klein handel be- 
schränkt, sondern auch Kleingewerbetreibende zu- 
gelassen. In Bayern ist gesetzlich bei jeder HK 
eine Kommission (gen. Ausschuß) der Klein- 
gewerbetreibenden aus 4—6 nicht dem 
Handwerk angehörigen Kleingewerbetreibenden 
des § 4 HGB zu bilden. 
Aehnlich verhält es sich mit den Kommissionen 
für Handlungsgehilfen. Sie sind eine 
Art Surrogat für dic Handlungsgehilsenkammern. 
Freiwillig wurden sie bislang nur von den H#K 
Magdeburg, Mannheim, Köln, Frankfurt a. Main, 
Bromberg und Solingen geschaffen. In Bayern 
ordnete das neue H## die Bildung von Kommis- 
sionen aus 6—14 Vertretern der Handlungsgehil- 
sen und technischen Angestellten bei jeder OK an. 
Die Mitglieder sind zu den einschlägigen Bera- 
tungen der H# zuzuziehen und haben die Rechte 
und Pflichten von H#K Mitgliedern (V 8§# 14 u. 15). 
4. Beteiligung an Vereinen. Es 
ward von jeher als „unwirtschaftlich" empfunden, 
daß bei vielen Materien, wie namentlich bei den 
  
meisten wichtigen Gesetzentwürfen dieselbe Arbeit! 
von allen 150 HK zu leisten sei. Die H#K bedienen 
sich daher schon seit längerer Zeit bewährter 
  
Vereine, wie des „Zentralvereins für Binnen- 
schiffahrt", des „Deutschen Verbandes für das 
kaufmännische Unterrichtswesen" des „Handels- 
vertragsvereins“ usw., um bei wichtigen Fragen 
nicht mehr durch eigene Ausarbeitungen sondern 
vielmehr indirekt durch die Beeinflussung der 
Stellungnahme dieser Instanzen zu wirken. 
5. Zweckverbände schufen sich die HK fuͤr gewisse 
Einzelausfgaben, so die großenteils von der HK zu Magdeburg 
angeregten Berbände, die Vorschriften für Sachverständige 
und deren Handhabung vereinbarten, beispielsweise für 
Probenehmer von Zucker und von Melasse, von Handels- 
düngemitteln und Kraftfuttermitteln, von Getreide, Oel- 
saaten und Hülsenfrüchten, von Sämereien usw.; desgl. die 
Vorschriften für Bücherrevisoren, für Handelschemiker und 
für Dispacheure; ferner die Vereinigungen zur Auslobung 
von Prämien für die Aufdeckung von Schiffdiebstählen und 
Hehlereien (Jahrbuch 516—534); endlich Arbeitsausschüsse 
am Rhein und an der Elbe zur Bekämpsfung der Schiffahrts- 
abgaben; Hauptstelle für deutsche Eisenbahnfragen in 
Mannheim. 
6. Handelskammervereinigungen 
und Verbände. Viele HK sind an HKVer- 
bänden beteiligt. Seit Jahren fest gefügt sind die 
Beratungen der HK im Königreich Sachsen und 
reich an nützlichen Arbeiten die des Verbandes 
mitteldeutscher HK, des niederrheinisch-westfäli- 
schen Industriebezirks usw. 
5 10. Der deutsche Handelstag ist eine nicht- 
amtliche HK Vereinigung, die seit 1899 wieder 
sämtliche deutschen amtlichen Handelsvertretun- 
gen umschließt. Es gehören ihm übrigens aus 
früheren Zeiten noch einige Vereine an. Seit 
der Gründung des DHT (1861 in Heidelberg) 
haben 37 Vollversammlungen stattgefunden. Die 
Druckberichte hierüber, die Ausschuß-Berichte und 
die Mitteilungen an die Mitglieder, d. h. die HK, 
enthalten ein gut Stück deutscher Wirtschafts- 
geschichte der letzten 50 Jahre (von einer Fest- 
schrift ist 1911 Band I erschienen). 
1. Dic Satzungen des DH wurden wie- 
derholt geändert, das letzte Mal auf Anregung der 
HK zu Magdeburg (Festschrift 1876/1906) im 
Jahre 1901. Höchstes Organ des DS# ist die 
Vollversammlung, die gewöhnlich im 
Jahr nur einmal zusammentritt. Sie wird von 
den HK mit beliebig viel Abgesandten beschickt, 
die alle Stimmrecht haben, wenn nicht nach HK 
(Plural-Stimmrecht, gestaffelt nach den Beiträgen 
bis zu 7 Stimmen) abgestimmt wird. 
Die Schwerkraft der Wirksamkeit des DH liegt 
seit seinem Bestehen (ein „Vorstand“ wurde zwar 
1901 geschaffen, aber mit unzulänglichen Befug- 
nissen ausgestattet) im großen Ausschuß, dessen 
Beratungen sich durch Gründlichkeit, Sachkunde, 
politische Erfahrung und Bedeutsamkeit des be- 
teiligten Personenkreises auszeichnen. 
Der Ausschuß setzt sich solgendermaßen zusammen: Die- 
jenigen Mitglieder, für die ein Jahresbeitrag von mindestens 
1000 Mk. festgesetzt ist, entsenden aus ihrer Mitte je 1, die 
Aeltesten der Kaufmannschaft und die OK zu Berlin je 2 
Personen in den Ausschuß. Die Vollversammlung wählt 
außerdem 24 Personen, die einem Mitalied des deutschen 
Handelstages angehören müssen. Der Ausschuß selbst kann 
noch 8 Personen zuwählen, die nicht einem Mitglied des 
deutschen Handelstages anzugehören brauchen. Zu den 
Obliegenheiten des Ausschusses gehören u. a. die Fest- 
stellung der Tagesordnung und die Vorbereitung der Ver- 
  
heandlungen für die Vollversammlung, dic selbständige Er-
	        
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