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Handelskammer — Handelsstatistik
gegeben werden, um sie in der Pflege der Han-
delsbeziehungen jener Auslandsdistrikte zum Deut-
schen Reiche zu unterstützen und zu ergänzen. Sie
werden auf etwa 5 Jahre ins Ausland entsandt.
Leider übernimmt das Reich noch nicht ihre end-
gültige Anstellung und Versorgung= sodaß die
ersuchung für sie naheliegt, sich im Auslande auf
Kosten des Deutschen Reiches eine kaufmännishe
Position zu schaffen. Gegenwärtig gibt es solche
Sachverständigen bei den Konsularbehörden zu
Kalkutta, Johannesburg, Sydney, Schanghai,
Yokohama, St. Petersburg, Valparaiso, Konstan-
tinopel, Bukarest, New= York, Chicago und Mexiko,
Die Handelssachverständigen haben sich im allge-
meinen bewährtj; sie beschränken sich nicht darauf,
Berichte zu schreiben, sondern kommen von Zeit
zu Zeit nach Deutschland und suchen hier an allen
bedeutenden Handelsplätzen auf den HK mit der
Kaufmannschaft Fühlung. Das hat sich als vor-
treffliches Mittel erwiesen, den deutschen Aus-
fuhrhandel zu fördern.
#12. Internationaler Zusammenschluß von
Handelsvertretungen. Seit einigen Jahren be-
mühen sich die amtlichen Handelsvertretungen
unter Beteiligung freier Vereine, internationale
Handelsfragen, wie die des Wechselrechtes, des
Weltportos, des Ausstellungswesens, der Neu-
tralität der Seewege, der Vereinheitlichung der
Zolltarife und der Handelsstatistik, der Festlegung
des Osterfestes usw. gemeinsam zu beraten und in
gegenseitigem Einvernehmen zu fördern. Zur
Vorbereitung der Versammlungen, die spätestens
alle 2 Jahre zu berufen sind (1905 Lüttich, 1906
Mailand, 1908 Prag, 1910 London) und zur Aus-
führung der Beschlüsse dient ein ständiges Komitee,
in das jedes Land bis zu 3 Delegierte entsenden
darf. Die Einrichtung befindet sich noch im Sta-
Jum der Entwickelung, verspricht aber guten
Erfolg.
Liüteratur: Wendtland, Jahrbuch der deutschen
HK. Jahrg. I 1905, II 1910; Bolksw. Handbuch:
Ein Führer durch alle Gebiete des neuzeitlichen Organisa-
tionswesens, 1909; Art. „Handelskammern“ im WBVerwlR
(Landgraf), HW StaatsW (Maresch), W Volksw. (Rath.
gen); HWpr Berw (Hoffmann) und Kürschners Jahrb.
(Blaustein); v. Kaufmann, Die Vertretung der wirt-
schaftlichen Interessen in den Staaten Europas, 1879;
v. Kaufmann, Die Reform der Hdt. 1883; BVölcker.
Die Gutachten der preuß. HK betr. die Reorganisation,
1895; Bosberg-Rekow, Die wirtschaftlichen In-
teressenvertretungen, 1896; v. Martius, Materialien
zur Beurteilung der Frage der Interessenvertretungen (ohne
Jahr); R. Graetzer, Die Organisation der Berufs-
interessen, 1890; Grunzel, System der Handelspolitik,
1910 (S 67 fg); Schaeffle, Das Problem der Wirt-
schaftskammern, 83 Staatsw 1895; Aclteste der Kauf-
mannschaft von Berlin, die D., ihre Organi-
sation und Tätigkeit, 1906 (A. Mayer) Auslands K, 1905
(Literatur S. 75/76); Verband mitteld. Han-
delskammern, (Behrend) Wesen und Aufgaben
(1902), Befugnisse (1002 u. 1904), 1903 (v. Boenigk), Be-
sugnisse; Riesen feld, Handels- und Schiffahrts- Sachver-
ständige, 1901; Stegemann, Die staatsr. Stellung
der HPK. JahrbGVerw WW 12 H. 2; Kuhlmann, Das
Recht der gesetzl. Berufsvertretungen, 1908; Riesen-
feld, Kaufmännische Schiedsgerichte, 1897; Haffner,
Das ständige kaufmännische Schiedsgericht, 1911; Meyer-
stein, Die rechtliche Stellung der HK und ihrer Beamten,
PruBerwl 26; Behrend, Zur Reform der H##erichte
(Arch. f. Sozialwiss. 20, 431); Gensel, Der D# 1861
bis 1901, 1902; Weigert, Die Handlungsgehilfenfrage,
1911; Krüger, Der Beruf des prakt. Bolkswirtes
(Jahrb GVerw## 1907); Behrend, Die Ausbildung
der HKBeamten (B. f. Soz. 1907 u. Bereinig. d. H##t-
Sekr., München 1908, Königsberg, 1910)) Graßmann,
Deutsche Konsular-Berichterstattung, 1910. — Kommen-
tare zu den 5K G: Preußen: Stegemann 1892, Reitz 1897
und bes. Lusensky 1909. Elsaß-Lothringen: Scheid 1898.—
Zeitschriften: Deutsches Handelsblatt 1872 u. 1873.
„Handel und Gewerbe“, her. v. DoT. Bolksw. Blätter
1905 (Sozialstatistik der #Beamten, Blaustein), 1906
(Handelstag, ÖK und Bereine, Blaustein), 1908 (Finanz-
wirtschaft der ÖK# v. Rüts), (der Dx und seine Organe,
Schneider). Pr. Ministerialbl. f. H. u. Gew. „Die Handels-
kammer“, her. von v. Boenigk. — Festschriften:
Alona, Cöln (Bd. I Matthieu Schwan); Krefeld (Zeyß,
D. Entst. der HK); Frankfurt, Magdeburg (1876—1906,
Behrend, Magdeburger Großkaufleute); Dirr, Der Handels-
vorstand Nürnberg 1560—1910, 1910; Straßburg i. Eis.;
Württemberg. SKt (Huber, Die HK, 1906); Handelstag
Festschrift I, 1911; semmer Schupp u. Wettstein, (zur Ent-
stehungsgeschichte des Do 1011). Behrend.
Handelsstatistik
* 1. Begriff und Entwicklung. 1 2. Begrenzung.
1 8. Feststellungen im Einzelnen (1. Handelsgruppierung.
2. Berkehrsrichtung. 3. Warenmenge. 4. Warengattung
(Statistisches Warenverzeichnis ). 5. Warenwert). 14. Ma-
tertalbeschaffung (1. Behörden. 2. Anmeldepflicht. 3. Sta-
tistische Gebühr). # 5. Berarbeitung und Beröffentlichung.
I0 — Handel; St — Statistik.]
# 1. Begriff und Entwicklung. Die deutsche
HSt hat nach gesetzlicher Festlegung die näheren
zahlenmäßigen Nachweise für den sich über die
Grenzen des Deutschen Reiches vollziehenden
Warenverkehr zu erbringen. Sie umfaßt mithin
nicht den gesamten H Deutschlands, sondern nur
den H mit dem Auslande. Sie begreift aber auch
nicht den gesamten auswärtigen H, sondern wie-
derum nur den auswärtigen Warenß, den HVer-
kehr, soweit er seine Begleichung in Geld oder
Geldsurrogaten findet, nicht mit berührend. Die
deutsche HSt stellt sich mithin als eine Stati-
stik des Warenverkehrs mit dem
Auslande dar. Die gleiche Begriffsbe-
schränkung für die HSt finden wir übrigens auch
in den übrigen Kulturstaaten. Sie ist namentlie
durch die großen Schwierigkeiten bedingt, die
sich schon der Durchführung dieser eingeschränk-
ten Statistik entgegensetzen. [ Handel S 3391.
Geschichtliche Entwicklung. Die
deutsche HSt, zunächst allerdings nur ein be-
schränkteres Gebiet Deutschlands umfassend, be-
ginnt nach der Begründung des deutschen Zoll-
vereins, der erst die erforderliche einheitliche
Grundlage abgeben konnte. Die „Kommer-
zialnachweisungen " des Zollvereins, die
1835 einsetzen, blieben jedoch trotz ihrer gründliche-
ren Umgestaltung vom Jahre 1856 stets nur sehr
lückenhaft und unbefriedigend. Selbst die erste
Regelung des Deutschen Reichs