Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Handelsstatistik 
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von 1872, obwohl gegen den früheren Stand 
ein wesentlicher Fortschritt, ließ noch Vieles zu 
wünschen übrig. Erst die jetzt im wesentlichen 
noch gültige Hauptregelung durch Gesetz von 
1879 gab der St eine gefestigte Unterlage, wie sie 
behuf Erzielung zuverlässiger und ausreichender 
Ergebnisse nötig war. Eine umfassendere Ausge- 
staltung erfolgte 1906 bei Erlaß des neuen Zoll- 
tarifgesetzes und führte zu einer Neuredak- 
tion des Gesetzes von 187)0, die jetzt als 
Gesetz, betr. die St des Warenverkehrs mit dem 
Auslande v. 7. 2. 06 (RGl 109) die gesetzliche 
Grundlage für die deutsche H t abgibt, innerhalb 
deren dann eingehendere Ausführungsvorschriften 
des Bundesrats (RZBl 1906 S 137, 193) die 
Einzelheiten regeln. 
2. Begrenzung. Die materielle Be- 
grenzung der deutschen HSt auf den Waren- 
verkehr mit dem Auslande ist schon durch die Be- 
griffsbestimmung gegeben. Die drei Arten des 
auswärtigen Warenverkehrs, wie sie als Einfuhr, 
Ausfuhr und Durchfuhr zur Erscheinung kommen, 
werden sämtlich in einer entsprechenden Weise 
für sich von der St berücksichtigt. An und für sich 
würden für den äußeren Umfang, die gebiet- 
liche Abgrenzung, lediglich die Grenzen 
des Deutschen Reichs in Betracht kommen müssen. 
Nach Maßgabe der geschichtlichen Entwicklung und 
dem engen Anschluß der HSt an die Zollver- 
hältnisse finden einerseits die Insel Helgoland und 
die eine Rrihe kleinerer Gemeinden umfassenden 
Badischen Zollausschlüsse vom deutschen Gebiet 
keine Berücksichtigung, andererseits aber sind 
als nicht zum Deutschen Reich gehörig, jedoch mit 
im Zollverbande desselben stehend das Großher- 
zogtum Luxemburg und die Oesterreichischen Ge- 
meinden Jungholz und Mittelberg in die St ein- 
bezogen. 
Auch nach Begründung des Deutschen Reiches 
gelang es wegen der großen entgegenstehenden 
Hemmnisse zunächst nicht, die Zollausschlüsse und 
so namentlich die wichtigen Hafenplätze Bremen 
und Hamburg, über die sich ein wesentlicher Teil 
des deutschen Außenhandels bewegt, mit in die St 
einzubeziehen. Dieses wurde erst 1906 ermöglicht. 
Folgeweise ist bezüglich der statistischen Daten 
aus den einzelnen Zeitabschnitten nicht ohne 
weiteres eine volle Vergleichbarkeit vorhanden. 
# 3. Feststellungen im einzelnen. 1. Han- 
delsgruppierung. Die deutsche HSt 
nimmt eine dreifache Gruppierung in dem 
gesamten für den auswärtigen Warenverkehr in 
Betracht kommenden H vor und unterscheidet bei 
ihren Festlegungen Generalhandel, Ge- 
samteigenhandel und Spezialhan- 
del. Auch in der Abgrenzung dieser einzelnen 
HGruppen zeigt sich für die nach den verschiedenen 
allgemeinen Regelungen sich abhebenden Zeit- 
abschnitte eine gewisse Verschiedenheit, welche 
die Vergleichbarkeit der Ergebnisse beeinträchtigt. 
— Jetzt begreift der Generalhandel in der 
Einfuhr die aus dem Auslande in das deutsche 
Wirtschaftsgebiet (vor 1906 Zollgebiet) eingeführ- 
ten sowie die unmittelbar durchgeführten Waren 
und in der Ausfuhr die aus dem deutschen Wirt- 
schaftsgebiet (vor 1906 Zollgebiet) nach dem Aus- 
lande ausge führten sowie die unmittelbar durch- 
geführten Waren. Der Gesamteigenhan- 
del umfaßt die vorstehend bei Ein= und Ausfuhr 
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. 
  
aufgeührten Waren mit Ausnahme der un- 
mittelbaren Durchfuhr. — Durch den Spe- 
zialhandeel wird festgelegt bei der Einfuhr 
einmal die Einfuhr in den freien Verkehr des 
deutschen Wirtschaftsgebiets unmittelbar oder 
mit Begleitpapieren, auch von Freibezirken, Nie- 
derlagen, Konten usw., sowie die Einfuhr von 
Gegenständen zum Schiffbau usw. und der Be- 
darf an ausländischen Waren für ausgehende 
deutsche Schiffe, und ferner die Einfuhr in das 
Wirtschaftsgebiet zur Veredelung auf inlän- 
dische Rechnung (seit 1897); bei der Ausfuhr: 
einmal die Ausfuhr aus dem freien Verkehr des 
Wirtschaftsgebiets einschließlich der unter Steuer- 
überwachung ausgehenden, einer Verbrauchs- 
oder Stempelabgabe unterliegenden inländischen. 
Waren (Bier, Branntwein, Salz, Schaumwein, 
Spielkarten, Taback, Zucker, seit 1909 Essigsäure, 
Leuchtmittel, Zündwaren) und ferner die Aus- 
fuhr aus dem deutschen Wirtschaftsgebiet nach der 
Veredelung auf inländische Rechnung (seit 1897). 
2. Verkehrsrichtung. Nach dem Her- 
kunftsland bei der Einfuhr und nach dem 
Bestimmungsland bei der Ausfuhr, schei- 
det die deutsche HSt den auswärtigen Waren- 
verkehr erst seit der Regelung von 1879 aus, 
während früher nur nach dem Uebergang über die 
einzelnen Grenzstrecken eingeteilt wurde. Als 
Land der Herkunft sah man zunächst dasjenige 
Gebiet an, aus dem die Versendung der Waren 
erfolgt ist, und als Land der Bestimmung das- 
jenige Gebiet, wohin die Versendung der Waren 
erfolgt ist; der Handel als solcher war 
mithin maßgebend, es wurde Klärung über den 
Kauf und Verkauf der Waren geschafft. Seit 
1906 gilt als Herkunftsland dasjenige Land, wo 
die Ware hergestellt worden ist, und als Be- 
stimmungsland dasjenige Land, in dessen Ver- 
brauch die Ware übergeht; es wird also nunmehr 
nach Ursprung und Verbrau ge- 
schieden. Die prinzipielle Aenderung beruht we- 
sentlich in Rücksichten auf die Anmeldung zur 
Verzollung und auf die praktische Verwertung der 
Ergebnisse bei den Zolltarifs= und Handelsver- 
tragsverhandlungen. 
3. Warenmengee. Die einheitliche Fest- 
legung der Warenmengen bot zunächst bei dem 
Mangel eines einheitlichen und ausschließlichen 
Maßstabes für alle Waren und speziell auch durch 
den Unterschied zwischen Rohgewicht und Rein- 
gewicht größere Schwierigkeiten. Seit 1879 sind 
solche in der Hauptsache dadurch gehoben, daß im 
Statistischen Warenverzeichnis (unten S. 354) für 
jede Ware der Maßstab (Kilogramm, Festmeter, 
Faß, Stück, Liter usw.), wonach die Anmeldung 
zu erfolgen hat, besonders vorgeschrieben ist. Für 
die Regel ist das Gewicht und zwar das Rein- 
gewicht der Waren — unter bestimmten Vor- 
aussetzungen Rohgewicht und Verpackungsart — 
anzumelden. Bei Waren, die nach anderen 
Maßstäben als nach dem Gewicht gehandelt 
werden, ist vielfach im Interesse der Wertfest- 
legung neben der Gewichtsangabe auch die An- 
gabe nach dem anderen Maßstab gefordert. 
4. Warengattung. Für die praktische 
Verwertbarkeit der Ergebnisse der Ht ist eine 
möglichst weitgehende Ausscheidung der Waren 
nach Art und Gattung von der größten Bedeutung. 
Die deutsche H St hat ihre Ausscheidung nach der 
Il. 23
	        
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