Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Handwerk — Handwerkskammer 
Elsaß-Lothringen PrüfungsO v. 31. 
5.09). Die Kosten der Prüfungskommission fallen 
der H. Kammer zur Last, welcher die Prüfungs- 
gebühren zufließen. Die Prüfung hat den Nach- 
weis der Befähigung zur selbständigen Ausfüh- 
rung und Kostenberechnung der gewöhnlichen 
Arbeiten des Gewerbes sowic der zu seinem selb- 
ständigen Betricbe sonst notwendigen Kenntnisse, 
insbesondere auch der Buch= und Rechnungsfüh- 
rung, zu erbringen. Die Prüfungszeugnisse sind 
kosten= und stempelfrei (§ 133 Abs 3, Abs 6—9). 
Indessen macht das Gesetz die Ablegung einer 
Meisterprüfung vor der Prüfungskommission nicht 
derartig obligatorisch, daß der Erwerb des Meister- 
titels nur auf diesem Wege möglich wäre. Sie 
kann ersetzt werden durch Prüfungen bei Lehr- 
werkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder 
Prüfungsbehörden, welche vom Staate für ein- 
zelne Gewerbe oder zum Nachweise der Befähi- 
gung zur Anstellung in staatlichen Betrieben ein- 
gesetzt sind, sofern bei ihnen mindestens die gleichen 
Anforderungen gestellt werden: doch sind zu dieser 
Gleichstellung nur die Landes-Zentralbehörden 
befugt, welche die einzelnen Unterrichte anstalten, 
denen, dieses Recht zustehen soll, bezeichnen 
(vgl. B. 5 Preußen HMl 1901 S 340, 
1908 S 211 
Der durch —E solche Prüsung erworbene Mei- 
stertitel ist, was übrigens nicht unbestritten ist, 
kein Titel i. S. des §J 33 StG, da er ja auch 
nicht verliehen wird und mit ihm keine bestimmte 
Rangstellung verbunden ist: er kann deshalb auch 
nicht durch Aberkennung der bürgerlichen Ehren- 
rechte entzogen werden, wie er dem Meister auch 
dann bleibt, wenn ihm die Besugnis zur Anleitung 
von Lehrlingen genommen wird. 
Ueber Meisterkurse vgl. oben S. 283. 
#4. Handwerksgeselle und Handwerklehr= 
ling. Die Arbeitsverhältnisse der Gesellen und Ge- 
hilfen im H. sind von denen der übrigen gewerbli- 
chen Arbeiter nicht verschieden [JArbeiter, ge- 
werbliches. Eine besondere Regelung ist für sie 
nur insoweit getroffen, als das Gesetz darauf dringt, 
daß derjenige, der H. Geselle werden will, vorher die 
Gesellenprüfung ablegt, und daß derjenige Geselle, 
der die Besugnis zur Anleitung von Lehrlingen 
besitzen will, das 24. Lebensjahr vollendet und 
eine Meisterprüfung bestanden haben muß oder 
unter gewissen Voraussetzungen wenigstens die 
Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfung 
bestanden haben muß] Lehrlingswesen lj. 
Außerdem ist den Gesellen bei der Organisation des 
H. eine besondere Rolle und ein beachtenswerter 
Einfluß eingeräumt. In den Innungen nehmen 
die bei den Innungsmitgliedern beschäftigten Ge- 
sellen an der Erfüllung der Aufgaben der Innung 
und ihrer Verwaltung teil, soweit dies durch Ge- 
setz oder Statut bestimmt ist. Dics geschieht durch 
den Gesellenausschuß, den sie zu diesem Zwecke 
wählen. Ebenso wird bei jeder H. Kammer ein 
Gesellenausschuß gebildet, welcher beim Erlasse 
von Vorschriften über die Regelung des Lehrlings- 
wesens, bei Gutachten und Berichten über An- 
gelegenheiten der Gesellen und Lehrlinge sowie 
bei Entscheidung über Beanstandung von Be- 
schlüssen der Prüfungsausschüsse mitwirken muß 
und auch sonst herangezogen werden kann [In- 
nungswesen, Handwerkskammer, 
Lehrlingewesen). 
  
  
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Liüteratur: Siehe Gewerbepolizei. 
schichte: v. Rohrscheidt, Vom Zunftzwang zur Ge- 
werbefreiheit 1898; Roche, Beiträge zur preußischen 
Handwerkerpolltik vom Allg. Landrecht bis zur Allg. 
GewdO v. 1845, 1900; Beyendors, Die Geschichte der 
NR GO 1901; Mascher, Das deutsche Gewerbewesen 1866. 
Die Spezlalschriften sind in der Hauptsache wirtschaftspoli- 
tisch: LDamokc, Der Besähigungeonachweis im H. 1892; 
Kullmann, Das Kleingewerbe 1895; Waentig, Gewerbl. 
Mittelstandspolitik 1898. Die gründlichsten „Untersuchungen 
über die Lage des Handwerks“ in den Schriften des Vereins 
für Sozialpolitik Bd. 62—70 (1895—1897) für Deutschland, 
Bd. 71 (1896) für Oesterreich. Val. allaemein Stieda, 
.Handwerk“ im SWStaatsW * 4, 1097; Biermer, 
„Mittelstandsbewegung“ HW StaatsW ? 6 (1910) 737. 
Nelken. 
Ferner zur Ge- 
Handwerkskammer 
!1 1. Entstehung. # 2. Errichtung. # 3. Wahl der Mitglie- 
der. 1 4. Crganc. 1 5. Ausgaben. 1 6. Vermögensver- 
waltung. # 7. Aussicht. 1 8. Auflösung. 
l5 — Handwerk; SOK — Handwerkskammer! 
## 1. Entstehung der Handwerkskammern. 
Die HK sind aus einem Bedürfnisse einerseits der 
Regierungen nach einem sachverständigen Beirat 
in Angelegenheiten des Handwerks und anderer- 
seits der Handwerker selbst nach einer geordneten 
Vertretung zur Mitwirkung bei der Regelung ihrer 
Interessen hervorgegangen. Sie sind Scelbstver- 
waltungskörper zur Wahrnehmung der Gesamt- 
interessen des H gegenüber und in Ergänzung 
der Gesetzgebung und Verwaltung des Staates. 
Sie beruhen auf der Nov. zur Gew v. 26. 7. 97, 
die erlassen wurde, nachdem ein dem Reichstag 
im Jahr 1895 vorgelegter Spezialgesetzentwurf 
wegen des dort den HPK zugewiesenen beschränk- 
ten Aufgabenkreises eine unfreundliche Aufnahme 
ge unden hatte. 
&# 2. Errichtung. Die HK sind einc obligatori- 
sche Einrichtung, die in jedem Bundesstaate ge- 
troffen werden muß, und von deren Errichtung 
nur da abgesehen werden darf, wo, wie im Kgr. 
Sachsen und in den 3 Hansestädten andere gesetz- 
liche Einrichtungen (Gewerbekammern) vorhanden 
sind, denen die Aufgaben der HK übertragen wer- 
den können. Ihre Errichtung erfolgt durch Verfü- 
gung der Landeszentralbehörde, in welcher auch 
der Bezirk der HK zu bestimmen ist Durch Verfü- 
gung der gleichen Behörde kann eine Abänderung 
des Bezirks ersolgen. Auch können sich mehrere 
Bundesstaaten zur Errichtung gemeinsamer Ö#KKver- 
einigen (§ 103 GewO). Die Verfügung erstreckt sich 
lediglich auf die Errichtung der HK. Ihre 
innere Verfassung wird durch das Stat utgeregelt, 
das gleichfalls von der Landcszentralbehörde zu 
erlassen ist, dessen spätere Abänderungen aber einer 
allerdings genchmigungspflichtigen, Beschlußfas- 
sung der HK unterliegt. Die Genehmigung muß 
versagt werden, wenn der Beschluß in Widerspruch 
mit den gesetzlichen Aufgaben der HK oder sonsti- 
gen gesetzlichen Vorschriften steht. Im übrigen 
hängt die Genehmigung von dem Ermessen der 
Behörde ab. Der Erlaß des Statuts sowic die 
 
	        
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