Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
steht, in Verbindung mit dem Organ der Ver- 
mögensverwaltung, welches in einer zweckwidri- 
gen Benutzung eine vermögensrechtliche Schädi- 
gung erblicken könnte. Die Art der Zusammen- 
wirkung ist nach Staatsrecht verschieden. Vgl. 
Näheres J Kirchengebäude. Dasselbe gilt auch 
von den konfessionellen Kirchhöfen, welche — 
allerdings im Rahmen der Kirchenhoheit — der 
geistlichen Jurisdiktion der Bischöfe und Konsisto- 
rien unterstellt sind und der Beaufsichtigung des 
Ortsgeistlichen unterliegen. Auch für das Staats- 
recht gilt der Satz, daß die heiligen Sachen zur 
Disposition der geistlichen Oberen gestellt sind und 
die Widmung resp. Hingabe zur Weihe einen Ver- 
zicht auf die eigene Verfügung bedeutet. Dieser 
Verzicht kann allerdings ausdrücklich oder auch 
schon durch die Umstände beschränkt sein. Beispiele 
bieten die Anstaltskirchen der verschiedensten Art. 
Das Recht ist aber über diese Ausschließbefugnis 
der kirchlichen Oberen hinausgegangen und hat 
Rechtsgeschäfte, welche einen profanen Ge- 
brauch zur Folge haben müßten, ein= für 
allemal mit Nichtigkeit belegt. Das ist die partielle 
Extrakommerzialität des modernen Rechts. 
Dies ist gemeines Kirchenrecht. Dasselbe gilt 
vor allem im Gebiet des bayerischen Landrechts 
(Cod. Max. p. IIc. 1 32; dazu Kreittmayr a. a. O.). 
Andere Staaten haben die bezeichnete Extra- 
kommerzialität auf die zum öffentlichen 
Gottesdienst bestimmten h. S., die Kirchen mit 
ihrem Geräte, Kirchhöfe und Glocken beschränkt. 
Dies hängt mit der oben gestreiften begrifflichen 
Verschiedenheit zusammen. In der Tat erschöpft 
sich hierin das staatliche Interesse. Es steht fest, 
daß heute die Verkehrsbeschränkungen betr. der 
gottesdienstlichen Sachen nicht in deren Sacertät, 
sondern nur in der Oeffentlichkeit ihren Grund 
haben (Friedberg 585 #1). Daher die Fassung des 
à 133 des EG z. BGB „öffentlichen Got- 
tesdienst", „öffentlichen Begräbnisstätte“. 
Die Extrakommerzialität will verhindern, daß Sa- 
chen ihrem gemeinnützigen Zweck entfremdet 
werden; sie erstreckt sich daher nur auf Sachen, die 
einem staatlich anerkannten öffentlichen Zweck 
dienen. Dagegen liegt für den Staat kein Grund 
vor, Sachen, welche privaten, wenn auch gottes- 
dienstlichen Zwecken dienen, anders zu behandeln, 
als die übrigen res privatae. Mit dem Aufgeben 
des Gesichtspunktes der Weihe kommt man von 
selbst zu der Auffassung, daß nur die dem öffent- 
lichen Gottesdienst dienenden Sachen des privi- 
legierten Schutzes wert sind. Das ist insbesondere 
der Standpunkt des preußischen ALR (Hinschius 
4, 175). Das werden wir selbst als den Willen des 
sächsischen Gesetzgebers anzusehen haben, obschon 
hier unsere Frage als eine kirchenrechtliche be- 
zeichnet wurde (vgl. darüber Hinschius 4, 176). 
Ich nehme es für alle Staaten außer Bayern an. 
Besonders hervorzuheben ist das französische Recht 
(jetzt A# ## 44; vgl. weiter Hinschius 4, 176 f). 
Für Baden vgl. Dorner--Seng, Bad. Landespri- 
vatrecht S 120, 122. 
Insoweit die h. S. zum Kirchengut gehören, 
also im kirchlichen Eigentum stehen, gelten außer- 
dem noch besondere Veräußerungsbeschränkungen 
Kirchenvermögen)j. 
Man hat demnach zwei Arten von Verboten zu 
unterscheiden: 1. Verkehrsbeschränkun- 
gen, welche der Sache resp. der Erhaltung der 
S 
  
  
  
  
Heilige Sachen 
Zweckbestimmungen und 2. Aussichts- 
rechtliche Veräußerungsverbote, 
welche dem Schutz der besitzenden 
5 und mithin der Erhaltung des 
Kirchen vermögens dienen. 
1. Die Verkehrsbeschränkungen, 
welche die gottesdienstliche Weiterbenützung si- 
chern wollen, beschränken die Sache selbst und 
stellen dingliche Belastungen dar, die sich aus dem 
Zwecke ergeben und auf öffentlichem Recht be- 
ruhen (Mot z. BGB 3, 27). Sie sind daher durch 
das BG#B nicht berührt worden. Die Verletzung 
der im öffentlichen Interesse erlassenen Verkehrs- 
bestimmungen, deren grundbuchlicher Eintrag 
überflüssig und unzulässig ist (Mot 1, 214), hat 
absolute Nichtigkeit zur Folge. Für Rechtsge- 
schäfte ist das jetzt im BGB # 134 ausdrücklich 
gesagt. Darnach ist jeder Verkauf, der dem Zwecke 
der res sacra zuwiderlaufen würde und dem das 
decretum de profanando der Kirchenbehörde fehlt 
(vgl. auch den Entw einer bayer. KeO in 
der Fassung der K. d. Abg. am Schluß), absolut 
nichtig. Auch die Grundsätze über den gutgläubigen 
Erwerb greifen beim absoluten Veräußerungsver- 
bot nicht Platz. Denn es handelt sich nicht bloß 
um einen Mangel in dem Rechte des Veräuße= 
rers, sondern das Veräußerungsgeschäft selbst 
ist zugleich verboten und nichtig (Mot 1, 214). 
Das gilt dann aber auch für die Ersitzung. Denn 
deren Zulässigkeit ist von dem Inhalt des Verbots 
abhängig (Mot a. a. O.), und da müßte die Ent- 
stehung eines freien Eigentums als Aufhebung 
der gottesdienstlichen Zweckbestimmung ange- 
sehen werden. Aus derselben Erwägung ist auch 
die Verpfändung und Zwangsvollstreckung aus- 
geschlossen, was übrigens neuerliche Landesgesetze 
noch besonders gesagt haben (vgl. Friedberg 584 ½#; 
dieser operiert indes in erster Linie mit der „Ana- 
logie“ des § 811 der ZPO). Die Mot z. BGB 
3, 27 betonen mit Recht: „Soweit es sich hier 
um Verhältnisse handelt, welche im öffentlichen 
Rechte wurzeln, muß die Ordnung derselben den 
Bundesstaaten verbleiben“. Aber das Es# z. BGB, 
auf welches die Mot 3, 27 verweisen, enthält 
nichts. Der Vorbehalt von a 133 ist beschränkt 
und war nur im Hinblick auf die privatrecht- 
lichen Kirchstuhl- und Begräbnisrechte veran- 
laßt. Aber der generelle Vorbehalt ergibt sich ja 
aus EG# à 55, wonach das öffentliche Recht durch 
das B# unberührt geblieben ist. Rechtsquelle 
für alle h. S. ist nach wie vor das öffentliche Recht, 
mithin das Landesrecht (Dorner-Seng, Bad. 
Landesprivatrecht 118), das aus Anlaß der AG 
z. BGB nur teilweise einer Revision unterzogen 
ward (a. a. O. 118). Nach allen deutschen Staats- 
können die h. S. nur insoweit Ge- 
des Privatrechts sein, „als nicht die in der 
begründete Bestimmung der 
Sache hindernd entgegentritt“ (Mot 3, 27). 
2. Die staatsaufsichtsrechtlichen 
Veräußerungsverbote des Kirchen- 
resp. Staatskirchenrechts sind Verfügungsbeschrän- 
kungen der gesetzlichen Vertreter zum Schutze des 
Kirchenvermögens. Auch diese Normen sind, weil 
öffentlich-rechtlich, durch das B## nicht berührt 
worden (Mot 1, 81). Verbotswidrige Verfügun- 
gen dieser Art sind aber nach BG#B 5l 135 nur der 
Kirche gegenüber unwirksam. Ersitzung ist hier 
zulässig und für die Zwangsvollstreckung greift 
  
  
  
	        
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