Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Herrenlose Sachen 
  
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die Bezeichnung „Fiskusrecht“ üblich ist, in erster 
Linie um ein staatliches Ordnungsbedürfnis, 
dessen Wahrnehmung erst in zweiter Linie ge- 
legentliche Staatseinnahmen liefert. Man könnte 
hieraus, ähnlich wie bezüglich der Geldstrafen, einige 
Verwandtschaft mit den Gebühren insofern ab- 
leiten, als man die Gesamtheit der aus Zueignung 
herrenloser Sachen dem Staat erwachsenden Ein- 
nahmen als eine intermittierend zum Anfall kom- 
mende Art von Gegenleistung für die auf dem 
Schutz der Sachen, des Eigentums und des Besitzes 
verwendeten Staatsleistungen betrachtet. 
Geschichtlich ist der heute in der Haupt- 
sache aus staatlichem Ordnungsbedürfnis zu recht- 
fertigende Anspruch des Staates auf gewisse her- 
renlose Sachen innig mit der Ausbildung der 
Regalität verwachsen, durch welche die Vorrechte 
des Fiskus über die Besitznahme herrenloser Sa- 
chen als Regal besonderer Art erklärt worden ½). 
Mit dem durch die moderne Staatsentwickelung 
eingetretenen Verfall der Regalität, welcher heut- 
zutage die Streichung der Regalien als einer be- 
sonderen Gattung der Staatseinnahmen recht- 
fertigt, ist auch diese Staatseinnahme als Regal- 
einnahme aus den deutschen Staatsbudgets fast 
ganz verschwunden. 
1I. Die einzelnen Arten der Staats- 
einnahmen aus herrenlosen Sachen. Finanziell 
wie grundsätzlich am bedeutungsvollsten sind die 
Einnahmen aus Erbschaften, die dem Fiskus als 
gesetzlichem Erben zufallen (§ 2). Als Staatsein- 
nahmen sind von geringerer Bedeutung die aus 
herrenlosen Grundstücken (§3) und aus herrenlosen 
beweglichen Sachen, insbesondere aus gefunde- 
nem Schatz und sonstigem Fund (NI erfließenden 
Einnahmen. Bei diesen letzteren Arten greift 
häufiger als bei den erblosen Verlassenschaften 
nach den maßgebenden Rechtsvorschriften die 
Bestimmung Platz, daß die herrenlosen Gegen- 
stände oder der Erlös daraus in der Hauptsache 
an Private, im übrigen aber nicht an die Staats- 
kasse, sondern an andere öffentliche Kassen, ins- 
besondere Gemeindekassen, Armenkassen, Unter- 
stützungskassen usw. fallen. 
Da die vorbezeichneten fiskalischen Sonder- 
rechte durch das geltende bürgerliche Recht be- 
stimmt sind, so werden sie gegenwärtig durch das 
Be und seine Nebengesetze umgrenzt. 
Es sei noch darauf hingewiesen, daß hier über- 
haupt nur von solchen — dem Betrage nach nicht 
erheblichen — Staatseinnahmen aus herrenlosen 
Sachen die Rede sein soll, die unter gewöhnlichen 
Verhältnissen als zufällige Einnahme sich ergeben. 
Die außerordentlichen, dem Betrage nach weit 
erheblicheren, Einnahmen, die unter besonderen 
Verhältnissen, namentlich im Kriegsfall aus dem 
Beuterecht, sich ergeben, sollen hier überhaupt 
nicht erörtert werden. 
#2. Erblose Berlassenschaften. Die erblosen 
Verlassenschaften fielen gemeinrechtlich, wie nach 
1) Bal. hierzu Eckstein, Das Schatz= und Fundregal und 
seine Entwicklung im Teutschen Rechte (Mitteil. des In- 
stituts für österreich. Geschich:'ssorschung Bd. 31, 1910). Eine 
Besonderheit: Martin Wolff, Das Erbrecht des Fiskus und 
das Urheberrecht (Zherings Jahrbücher Bd. 44, 1902, S. 331). 
In den Schupygebieten lebt diese Regalität wieder auf, 
zugunsten des Fiskus des einzelnen Schungebietes. Ueber her- 
renlose Grundstucke 7 Landfrage (Schutzebiete). (D. H.] 
  
den meisten Partikularrechten dem Fiskus zu. 
Dies beruhte auf der dem älteren römischen Recht 
eigenen Rechtsanschauung, daß der Nachlaß, 
wenn sich weder Testaments- noch Intestatserben 
fanden, herrenlos und der freien Okkupation eines 
jeden anheim gegeben sei. Nach BGB F 1936 
wird der Fiskus in Ermangelung von Verwandten 
oder einem überlebenden Ehegatten des Erb- 
lassers schlechthin als dessen gesetzlicher Erbe be- 
handelt. Damit ist die Vorstellung eines erblosen 
Nachlasses völlig aufgegeben. Auch gesetzlicher 
Vorerbe wird der Fiskus beim Fehlen gesetzlicher 
Erben, wenn der Eoblasser seine testamentarischen. 
Erben ohne weitere Verfügung unter einem An- 
fangstermin oder einer aufschiebenden Bedingung 
ernannt hat (§5 2105). Das gesetzliche Erbrecht des 
Fiskus setzt nach § 1936 voraus, daß der Erblasser 
ein Deutscher war. Es ist ein notwendiges gesetz- 
liches Erbrecht, denn der Fiskus kann die Erb- 
schaft, selbst wenn sie überschuldet ist, nicht aus- 
schlagen (5 1942 Abs 2). Die einzelnen Regeln 
des BGB über die Erbenstellung des Fiskus ge- 
hören nicht hierher. 
1) Erbberechtigt ist der Fiskus des Heimatsstaates. 
Nach a 138 Ec BGB kann aber statt seiner das 
Landesrecht eine Körperschaft, Stiftung oder 
Anstalt des öffentlichen Rechts als gesetzliche Erbin 
bezeichnen. Solche Gerechtsame haben in Deutsch- 
land nach altem Herkommen zahlreiche Korpo- 
rationen, insbesondere solche, die früher die Ge- 
richtsbarkeit hatten (Stobbe, Deutsches Priv.N. 
5, 162; Dernburg, Bürg. R. 5, 57 5 22). In 
Preußen erkennt sie der durch AG BGB a 89 
nicht berührte § 20 ALKR II 16 an, indem er das 
Erbrecht des Staates auf erledigte Verlassenschaf- 
ten moralischen oder anderen Personen insofern 
zugesteht, als sie nachweisen können, es vom Staat 
auf eine rechtsgültige Weise erlangt zu haben. 
Auf Grund der Constitutio Joachimica v. 27. 12. 
1508 war vom Kurfürst Joachim I. den Städten 
Berlin und Kölln das Recht auf erblose Verlassen- 
schaften als Ausfluß der Gerichtsbarkeit zuge- 
standen worden. Dies Erbrecht der Stadt Ber- 
lin ist später durch den vom König genehmigten 
Vertrag zwischen dem Fiskus und der Stadt 
Berlin v. 10. und 16. 12. 1846 in seinem bisherigen 
Umfange als selbständige Gerechtsame aufrecht 
erhalten. Es besteht also nach dem Vorbehalt 
des ES Be## noch fort (Heydemann, Elemente 
der Joachimica 250; Holtze, Exkurs über das 
Okkupationsrecht der Stadt Berlin, Schr. des 
Vereins f. d. Geschichte Berlins 1892, auch 
Holtze bei Gruchot 37, 323). (Heydemann hat 
ähnliche Urkunden zugunsten anderer märkischer 
Städte z. B. Frankfurt a. O. abgedruckt.) 
Die Ausführungsgesetze zum BE haben von 
dem Vorbehalt nur teilweise Gebrauch gemacht. 
Preußen, Bayern, Sachsen, Würt- 
temberg, Baden, Hessen haben eine 
Sonder regelung in ihren Ausführungegesetzen 
zum BGB nicht eintreten lassen. Elsaß- 
Lothringen dagegen hat durch AG BGn 
§s# 166 ein Erbrecht des Pflegehauses gegenüber 
. Anstaltsmündeln begründet (s. Kisch, Elf.-Lothr. 
Landesprivatrecht 
Schwerin gesteht (F 252) das Recht der ge- 
setzlichen Erbfolge Rostock und Wismar zu, sofern 
& 189). Mecklenburg- 
der Erblasser der städtischen Gerichtsbarkeit un- 
terstand, Sachsen -Weimar (7 731) der
	        
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