Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
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Herrenlose Sachen 
  
Universität Jena bezüglich ihrer Angehörigen 
und den Gemeinden bezüglich der in ihren Kran- 
ken= und Armenhäusern aufgenommenen und dort 
Verstorbenen, Braunschweig (5 112) hebt 
es auf mit einem Vorbehalt für Wolfenbüttel. 
2) Einen weiteren Vorbehalt enthält EG BGB 
à 135 zugunsten landesgesetzlicher Vorschriften, die 
den Fiskus oder einer anderen juristischen Person 
in Ansehung des Nachlasses einer verpflegten 
oder unterstützten Person ein Erbrecht, einen 
Pflichtteilsanspruch oder ein Recht auf bestimmte 
Sachen einräumen. Für Preußen kommen 
in Betracht die Bestimmungen des AL#R II 19 
## 50—75, wonach öffentliche Verpflegungsan- 
stalten ein gesetzliches Erbrecht auf den Nachlaß 
der von ihnen unentgeltlich Verpflegten und in 
dieser Pflege Verstorbenen haben, und das auf 
Grund der V v. 2. 7. 1801 (O. Trib. 24, 292) be- 
stehende Erbrecht der Stadtgemeinde Berlin ge- 
genüber denjenigen Armen, welche eine fortlau- 
seende Unterstützung durch sie erhalten. In 
Bayern können nach A# BGB a 101 die 
öffentlichen Wohltätigkeitsanstalten aus dem Nach- 
laß der von ihnen innerhalb der letzten zehn Jahre 
vor dem Tode unterstützten oder unentgeltlich 
verpflegten Personen Ersatz der für die Unter- 
stützung oder die Verpflegung gemachten Auf- 
wendungen für die ganze Dauer der Leistung ver- 
langen, soweit nicht durch die Geltendmachung 
des Anspruchs der notdürftige Unterhalt eines 
pflichtteilsberechtigten Angehörigen des Erb- 
lassers gefährdet werden würde. Durch ihre 
Satzung kann sich eine öffentliche Verpflegungs- 
anstalt auch das Recht auf die Sachen einräumen, 
die von einer in der Anstalt bis zu ihrem Tode un- 
entgeltlich verpflegten Person zum Zwecke des 
Gebrauchs in der Anstalt eingebracht worden sind. 
In Sachsen war das Erbrecht öffentlicher An- 
stalten durch die §§ 2057, 2060 und 2617 des 
sächsischen BG#B und s 68, 69 der ArmenO v. 
22. 10. 1840 geregelt. Die ss des sächsischen BGW 
hat § 53 des A#S Be# aufgehoben, da dessen 
§5 42—45 den Gegenstand neu regeln. Das neue 
sächsische Landesrecht begründet in erster Linie ein 
gesetzliches Erbrecht für den Fiskus an dem Nach- 
laß eines in einer Landes-Irrenanstalt ohne Hin- 
terlassung von Erben der ersten oder zweiten 
Ordnung oder von Voreltern verstorbener Kran- 
ken, der zu längerer Verpflegung ausgenommen 
oder beibehalten war. Der Fiskus wird, wenn 
der Kranke die letzten vier Jahre vor seinem Tode 
in einer solchen Anstalt zugebracht hat, zur Hälfte, 
bei kürzerer Dauer des Aufenthaltes zu einem 
Dritteile der Erbschaft gesetzlicher Erbe. Dies 
gilt auch dann, wenn der überlebende Ehegatte 
nach den Vorschristen des BGB Alleinerbe sein 
  
würde (§ 42). Ein gleiches gesetzliches Erbrecht 
erkennt § 43 solchen juristischen Personen des 
öffentlichen oder privaten Rechts zu, denen ein 
Ortsarmen-, Ortskrauken-= oder Ortswaisenhaus 
oder cine Bezirksanstalt dieser Art gehört, gegen- 
über den in der Anstalt unentgeltlich aufgenomme- 
neu und in ihr verstorbenen Personen. Darüber 
hinaus gewährt & 45 Versorgungs= und Heilan- 
stalten das gesetzliche Erbrecht gegenüber ihren 
Pfleglingen, sofern es durch die von der zuständi- 
gen staatlichen Behörde ausgestellte oder be- 
stätigte Satzung begründet ist. Das in a 139 
EG BGB ebenfalls vorgesehene Recht der Eigen- 
tümer gewisser Anstalten auf die eingebrachten 
Sachen eines Verstorbenen besteht in Sachsen 
zugunsten der Eigentümer von Zucht= und Ar- 
beitshäusern, Hospitälern, Armen-, Waisen= und 
Korrektionshäusern noch fort nach den noch in 
Kraft befindlichen Bestimmungen in Kap. 1 # 11 
und Kap. III # 7 des Mandates wegen Versor- 
gung der Armen und Abstellung des Bettelwesens 
v. II. 4. 1772 (Codex Aug. 2. Forts. 1. Abt. 
S639 ff), §J 130 des Erbfolgemandates v. 31. 1. 
1829 und § 68 der Armen O v. 22. 1. 40 (vgl. Kloß, 
Sächs. Landespriv. K. S 328 zu V). Baden 
und Württemberg haben von dem Vor- 
behalt des § 159 EG B#B keinen Gebrauch ge- 
macht. Hessen hat durch A#G BB a 286 I 
Ziff. 11 und II Ziff. 7 die entsprechenden Vor- 
schriften des früheren Landesrechts aufgehoben 
und die Materie durch a 127, 128 A# BEn zu- 
gunsten öffentlicher Versorgungs-, Heil-, Besse- 
rungs-, Erziehungs= und Verpflegungsanstalten 
neu geregelt. Elsaß--Lothringen hat von 
dem Vorbehalt des § 139 EG Be# zugunsten 
der Spitäler und Pflegehäuser Gebrauch gemacht 
(Ach BGB # 166). Ebenso gewährt es durch §& 167 
an Stelle des Fiskus derartigen Anstalten das 
Anfallsrecht an den zum persönlichen Gebrauch 
bestimmten Sachen der verstorbenen Anstalts- 
pfleglinge. 
. Herrenlose Grundstücke. Es können in Be- 
tracht kommen neuentstandene, bisher noch nicht in 
Besitz genommene und verlassene Grundstücke. Im 
alltäglichen Staatsleben sind die Einnahmen des 
Staates aus dieser Quelle sehr unbedeutend, und 
zwar um so unbedeutender, je besser das Ka- 
taster= und Grundbuchwesen gestaltet ist, und 
demgemäß die Frage der Herrenlosigkeit von 
Grundstücken außerordentlich selten auftaucht. 
Etwaige koloniale Gebietserwerbung zu Eigen- 
tum des Reichs durch Zueignung herrenloser 
Landstriche in fremden Weltteilen aber fällt 
überhaupt nicht unter das hier zur Erörterung 
stehende Kapitel. Im übrigen vgl. 5 1, Anm. 1. 
1) Im übrigen entsprach es den Grundsätzen des 
deutschen Rechts, daß herrenlose Grundstücke dem 
Staat zufallen. Ihm folgend betrachtete ALK II8 
5#§li 8 und 12 das Recht auf Aneignung herrenloser 
Grundstücke als staatliches Regal. Auch nach dem 
Be# * 928 Abs 2 steht das Recht zur Aneignung 
eines aufgegebenen Grundstücks dem Fiskus des 
Bundesstaates zu, in dessen Gebiet das Grundstück 
liegt; er erwirbt das Eigentum dadurch, daß er sich 
als Eigentümer in das Grundbuch eintragen läßt. 
Dieses Aneignungsrecht des Fiskus erstreckt sich 
auf alle Grundstücke, die zu der Zeit herrenlos sind, 
zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen 
ist. Doch sind durch a 129 EG BGB dicjenigen 
landesgesetzlichen Vorschriften aufrecht erhalten, 
nach welchen das Recht zur Aneignung eines auf- 
gegebenen Grundstücks an Stelle des Fiskus einer 
bestimmten anderen Person zusteht. Demgemäß 
bleiben in Preußen die Bestimmungen in 
Kraft, nach denen auf Grund des örtlichen Rechts 
die Stadtgemeinden das Vorrecht auf die in der 
städtischen Feldmark belegenen herrenlosen Grund- 
stücke vermöge sog. Weiichbildrechtes oder die Guts- 
herren vermöge des sog. (schlesischen) Auen- 
rechtes [J ein Aneignungsrecht hinsichtlich des 
innerhalb der Feldmark oder des Gutsbezirkes 
befindlichen herrenlosen Landes haben (ogl.
	        
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