Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Herrenlose Sachen 
395 
  
  
  
Wentzel, Prov. Recht des Herzogtums Schlesien 
und der Grafschaft Glatz 1839 S 14, 178; Westpr. 
Prov. Recht 8 77). Landesgesetzliche Vorschriften, 
wonach das Aneignungsrecht an Stelle des Fiskus 
anderen Personen zusteht, bestehen z. Zt. nicht in 
Bayern, Sachsen, Württemberg, 
Baden, Hessen. Dagegen kommt für El- 
saß-Lothringen die Vorschrift des a 66 
G v. 3. Frimaire VII. in Betracht, nach der sich 
der Eigentümer von gewissen Grundsteuern da- 
durch befreien kann, daß er zugunsten der Gemein- 
de, in der das Grundstück liegt, auf dieses förmlich 
Hsh (vgl. Kisch, Els.-Lothr. Priv. R S 585 
iff. 2) 
2) Was insbesondere den Eigentumserwerb kraft 
Uferrechts anlangt, so hat sich die partikulare 
Gesetzgebung dem Grundsatz des älteren deutschen 
Rechts, daß die im öffentlichen Fluß sich bildenden 
Inseln (] dem Staate als Regal zugehörten, nicht 
angeschlossen, sondern vorwiegend bestimmt, daß 
die privaten Ufereigentümer die zunächst Berech- 
tigten sind. Das Gleiche gilt auch hinsichtlich der 
Anschwemmungen (Alluvionen) und der ange- 
triebenen Grundstücksteile (Avulsionen). Da das 
BGn das Uferrecht nicht geregelt hat, bleiben 
nach EG Bo(71 a 65 dic landesgesetzlichen Vor- 
schriften über „Anlandungen, entste hende Inseln 
und Flußbetten“ unberührt. Für 3 reußen 
sind aufrecht erhalten ALR IVO gsg 225ff. Nach 
ALR 1115 8 70 gehört dem Staate das verlassene 
Flußbett, wenn er selbst dem Strome durch einen 
Durchstich ein anderes Bett angewiesen hat. Für 
Bayern sind dic etwa noch vorhandenen älteren 
Gesetze durch UG BGBal aufgehoben. Maß- 
gebend sind hinfort die einschlägigen Bostimmun- 
gen des Wasserbenutzungs G v. 28. 5. 52 und das 
Gesetz über den Ufersihutz von demselben Tage 
(Komm. zu beiden von Potzl bei Dollmannl! Bd. 2 
S 45/290 und 367/432, Aufl. II). Das Wasser- 
benutzungsgesetz hat die vielfach früher bestehen- 
den Vorrechte des Fiskus beseitigt. Dagegen fällt 
die im Flußbett eines öffentlichen Gewässers ge- 
bildete Insel im allgemeinen in das Eigentum 
des Staates (a 28; Näheres bei Oertmann, 
Bayr. Land. Priv. N. I 355 ff). In Sachsen 
gilt, soweit nicht einzelne Gegenstände besonders 
gesetzlich geregelt sind, noch das gemeine Wasser- 
recht. Das Anwachsungsrecht bei Anlandungen 
usw. steht nach herrschender Meinung auch bei 
öffentlichen Flüssen nicht dem Staat, sondern den 
Privatrigentümern zu. Nur die sich in der Elbe 
  
  
bildenden Inseln fallen nach § 13 Abf 7 der Elb- 
strom-, User= und DammO v. 7. 8. 1819 an den 
Staat, der für ihre Beseitigung im Interesse der 
Schissahrt zu sorgen hat (vgl. Kloß, Sächs. Land.= 
Priv. R. 205 ff). In Hessen sieht das G v. 
11. 7. 87 als Normalfall das Eigentum des Staa- 
tes an schiffbaren Flüssen vor. 
sallen im Normalsall daher auch die Inseln, die 
sich im Flusse bilden. Gleiches gilt für den Fall, 
daß der Fluß dauernd soin Bett verläßt, ein neucs 
Bett bildet, sowie für Landanschwemmungen. 
Für Elsa 4 Lothringen hat das AS Bo 
in den §# 50—56 die Materic in Anlehnung an 
das frühere Re cht neu geregelt. Nach § 53 fallen 
Inseln, die sich im Bett schiff= und flösbarer Was- 
44 rläufe bilde u, in das Privateigentum des Staa- 
es. 
In sein Eigentum, 
Auch ein durch Freilegung des Flußbettes 
allmählich ausgetrocknetes Bett der schiff-- und 
flößbaren Wasserläufe verwandelt sich in privates 
Staatseigentum (vgl. Kisch 185 ff). 
#§s 4. Sonstige Erwerbsfälle (Mobilien). In 
weit geringerem Maße als bei den Grundstücken 
führt die von Staatsordnung wegen getroffene 
Regelung des Eigentums an herrenlosen beweg- 
lichen Gegenständen zu einer Staatseinnahme. 
Soweit nicht dem Finder, und besonders beim 
Schatz dem Finder und Grundeigentümer zun 
sammen, der ganze Fundwert belassen ist, sind es 
lokale Gemeinwirtschaften und Unterstützungs- 
genossenschaften, denen eine Anteilnahme am 
Fundwert durch Staatsgesetz zusteht, und nur aus- 
nahmsweise bei besonderer Lagerung der Ver- 
haältnisse geben die hier in Betracht kommenden 
Vorgänge nach bisherigem Rechte Anlaß zu einer 
Bereicherung des Staates IX Fundsachen)j. 
Unter einem Schatz versteht das BGB l 984 
in wesentlicher Uebereinstimmung mit dem ge- 
meinen Recht und dem AL#li eine Sache, die so- 
lange verborgen gelegen hat, daß der Eigentümer 
nicht mehr zu ermitteln ist. Wird cin Schatz ent- 
deckt und infolge der Entdockung in Besitz genom- 
men, so erwirbt nach BGB das Eigentum zur 
Hälfte der Entdecker, zur Hälfte der Eigentümer 
der Sache, in der der Schatz vorborgen war. 
Einen Anspruch für den Fiskus begründet das 
Be nicht. Damit sind die früheren landesgesetz- 
lichen Bestimmungen, die z. B. in Preußen 
und Bayern den Schatz dem Staate dann 
zuwiesen, wenn Zauberkünste angewendet wa- 
ren, be seitigt. 
Kraft Reichsrechts fällt dem Landesfiskus das 
Vermögen der in seinem Gebiet ansässigen Ver- 
eine nach deren Auflösung zu, wenn über die Be- 
zugsberechtigten eine anderweitige Bestimmung 
nicht besteht und der Vrrein nicht ausschließlich 
den Interessen der Mitglieder dient (IF 45, 46 
Be). Auch hinsichtlich der Aneignung beson- 
derer Arten von beweglichen Sachen gelten 
reichsgesetzliche Sondervorschriften. So flicßen 
nach # 26 des Poste# v. 28. 10. 71 (RGBl 347) 
die Beträge, die in einer unbestellbaren Postsen- 
dung enthalten sind, oder die aus dem Verkaufe 
der vorgefundenen Gegenstände oder zurückge- 
lassener Passagiereffekten gelöst werden, sowie 
unbestellbare auf Postsendungen eingezahlte Be- 
träge nach Abzug d.s Portos und der sonstigen 
Kosten zur Post-Armen= oder Unterstützungskasse. 
Ebenso werden nach §# 35 der StrandungsO v. 
17.5.71R3Bl 73) Gegenstände, die in Seenot (JI 
vom Strande aus geborgen sind, desgleichen 
Secauswurf und strandtriftige Güter, falls durch 
das vorgeschriebene Aufgobotsverfahron der Emp- 
fangsberechtigte nicht ermittelt wird, dem Landes- 
fiskus überwiesen. 
Literatur: Klüber, Oeffentliches Recht des 
teutschen Bundes und der Bundesstaaten? 1831, #1# 336, 
337; Bergius, Grundfätze der Finanzwissenschaft ? 1871, 
S. 192: A. Wagner, Finanzwissenschaft, II. Teil? 
1890, S. 193; HW StaatsW :, 4. Bd., Art. Fiskus. Dern- 
*8 VBürg. R. d. deutsch. R., Bd. 5 1 22 und Ergän- 
zungsbände dazu: Oertmann, Bayer. Landesprivatrecht 
1903, Bo. 1, S 355; nloß, Sächs. Landesprivatrecht 
S. 32 205 f.; Kisch, UEls.-Lothr. Landesprivatrecht §& 139. 
v. Mayr (Saran).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.