Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Hinterlegungswesen (VII. Elsaß-Lothringen) 
  
Ueberschuß diente zur Bestreitung der Verw Kosten 
und Bildung eines Reservefonds (die bedeuten- 
den auf diese Weise der französischen Depositen- 
verwaltung zufließenden und von dieser haupt- 
sächlich zum Ankaufe von Staatsrenten benutzten 
Gelder bilden die Hauptursache des stetigen 
hohen Kursstandes der französischen Rente). Diese 
Grundsätze haben bei der Neuregelung des Spar- 
kassenwesens in Elsaß-Lothringen im Jahre 1895 
insofern eine Aenderung erfahren, als in größeren 
Gemeinden durch Gemeinderatsbeschluß mit Ge- 
nehmigung des Min den Sparkassen die Befug- 
nis zur selbständigen Anlage eines Teils der 
Sparkassengelder erteilt werden kann, wenn die 
Gemeinde für die Verbindlichkeiten der Sparkasse 
in Höhe dieses Teils die Bürgschaft übernimmt. 
Daneben empfängt die Depositenverwaltung in 
großem Umfange Gelder der Bezirke, Gemein- 
den, öffentlichen Anstalten, Kirchenfabriken usw., 
ferner der Landesversicherungsanstalt, der Be- 
rufsgenossenschaften und der Krankenkassen. Es 
besteht ein bankmäßiger Kontokorrentverkehr, der 
den Einlegern den Vorteil bietet, daß der Staat 
der Bankier ist und ihnen Zinsen (5 3) gutschreibt, 
welche hinter den von reellen Bankhäusern für 
tägliches Geld unter gewöhnlichen Verhältnissen 
vergüteten Zinsen mindestens nicht zurückbleiben. 
Der Staat selbst benutzt die Einrichtung der De- 
positenverwaltung in ähnlicher Weise, indem die 
einzelnen Steuerstellen die von ihnen erhobenen 
Einnahmen nicht an die Landeshauptkasse, son- 
dern für deren Rechnung an die Depositenver- 
waltung abliefern, welche sie auf das Konto der 
Landeshauptkasse trägt und verzinst. 
Die auf diesen verschiedenen Wegen der Depositenver- 
waltung zufließenden Gelder, welche eine im wesentlichen 
durch Gegenwerte gedeckte schwebende Schuld 
des Landes bilden, sind sehr bedeutend. Sie betrugen 
amm 31. 3. 10 nahezu 150 Millionen. Hiervon kamen auf H 
im engeren Sinne, d. h. auf die im B# vorgesehenen 
H, auf Sicherheitsleistungen einschließlich der von VerwBe- 
hörden festgesetzten Unternehmerkautionen, ferner der 
Amts- und Zeitungskautionen: 6,9 Millionen, auf ange- 
legte Gelder bevormundeter Personen 2,5 Millionen, auf 
die Gelder der Sparkassen und der Hilfsgenossenschaften 
109,8 Millionen, auf die Kontokorrentguthaben der Ge- 
meinden, der öffentlichen Anstalten, der Landesversicherungs- 
anstalt, der Berufsgenossenschaften, der Landeshauptkasse 
usw. 30,3 Millionen. 
Neben diesen Geldern hat die Depositenverwaltung 
Wertpapiere in sehr erheblichem Umfange, am 31. 3. 10 
mehr als 172 Millionen, zu verwalten. Sie selbst hat einen 
großen Teil der ihr zugeflossenen Gelder, 78,5 Millionen, 
in Wertpapieren angelegt (daneben 49,5 Millionen in 
Schuldbuchforderungen); außerdem sind alle diejenigen 
Körperschaften, welche zu Bareinlagen berechtigt sind, auch 
befugt, ihre Wertpapiere der Depositenverwaltung zur Auf- 
bewahrung zu übergeben. Ferner hat diese die in Wert- 
papieren gestellten Amtskautionen der Staats-- und Ge- 
meindebeamten zu verwahren. Einschließlich der als eigent- 
liche H, insbesondere auch von Vormündern, übergebenen 
Werte betrugen die fremden Wertvaviere Ende März 1910 
rund 93,4 Millionen. Uebrigens sind der St D#bedeutende 
Verluste durch das Sinken der Kurse der Staats- und son- 
sligen Anlagepaviere entstanden. Am 31. 3. 10 hat der 
Kurswert ihrer Paviere 9,6 Millionen weniger betragen 
als die Ankaufskosten; der buchmaßig vorhandene Sicher- 
heitssonds (unten # 5) von 6,7 Millionen bestand also tat- 
sächlich überhaupt nicht. 
  
#&2. Einrichtung. In der ersten Zeit war die 
Verwaltung des HW infolge gesetzlicher Ermäch- 
tigung unter Staatsaufsicht einer Privatbank 
überlassen, die gegen eine dem Staate zu leistende 
Vergütung für eigene Rechnung die Geschäfte 
führte. Infolge G v. 24. 3. 86 wurde Aenderung 
dahin getroffen, daß die Geschäftsführung nach 
außen der Bank verblieb, die Nutzbarmachung 
der Gelder aber durch das Min für Rechnung des 
Staates erfolgte. Durch G v. 4. 4. 93 wurde eine 
besondere Behörde, die „Staatsdepositenverwal- 
tung“" gebildet, die mit einer eigenen die Ein= und 
Auszahlungen und den Geschäftsverkehr mit den 
Beteiligten besorgenden Kasse versehen ist. Diese 
Behörde besteht aus einem Vorsitzenden und zwei 
Mitgliedern, von denen eines die Befähigung zum 
Richteramte besitzen muß. Dem Vorsitzenden, der 
vom Kaiser ernannt wird, liegt die Aufsicht über 
das Bureau= und Kassenpersonal ob; im übrigen 
haben die lim Nebenamte vom Min ernannten) 
Mitglieder gleiche Befugnisse und gleiche Ver- 
antwortlichkeit. Das Min führt die Oberaufsicht 
und erläßt die Geschäftsanweisung. Der Kasse 
steht ein Rendant vor. Eine Kommission, be- 
stehend aus einem vom Statthalter ernannten 
Vorsitzenden und 4 Mitgliedern, von denen 2 vom 
Statthalter berufen und 2 bisher durch den Landes- 
ausschuß, künftig durch die zweite Kammer des 
Landtags gewählt werden, übt eine kortlaufende 
Kontrolle über alle der StDV. (Staatsdepositen- 
verwaltung) obliegenden Geschäfte aus. Eine Re- 
vision muß mindestens einmal jährlich stattfinden. 
Die Kommission hat außerdem die Rechnungsab- 
nahme zu prüfen und die Rechnung mit Bericht 
der zur Kontrolle des Landeshaushalts berufenen 
Behörde (Rechnungshof des Deutschen Reichs) vor- 
zulegen. — Zur Beschaffung von Betriebsmitteln 
ist die St DV berechtigt, Schatzanweisungen bis 
zum vierten Teile der Depositenbestände auszu- 
geben. « 
§3.Rechtsverhålmiffegegeuüberdeucht- 
legern. Die Regelung ist erfolgt durch G v. 1. 
11. 99 und die auf Grund dieses Gesetzes erlasse- 
nen Verordnungen und Ausführungsvorschriften. 
Die Ausführungsbestimmungen v. 23. 12. 99 
geben eingehende Anordnungen über die bei den 
H zu beobachtenden Förmlichkeiten, vielfach im 
Anschluß an die Bestimmungen für Preußen. 
Hervorzuheben ist, daß die Hbaren Geldes und in 
gewissen dringenden Fällen auch von Wertpapie- 
ren außer bei der Kasse der St DV auch bei den 
Verkehrssteuerämtern, die sich an allen Amts- 
gerichtssitzen befinden und als Gerichtskassen die- 
nen, erfolgen kann. — Die hinterlegten Gelder 
gehen in das Eigentum der St D überz letztere 
haftet für das Kapital zum eingezahlten Betrag 
und für die Zinsen. Die näheren Bestimmungen 
über die Verzinsung sind Kaiserlicher Ver- 
ordnung überlassen. 
V v. 19. 12. 99 setzt für die hinterlegten Gelder im enge- 
ren Sinne (im Gegensatze zu den angelegten Geldern) den 
Zinsfuß auf 2% fest mit der Maßgabe, daß der Zinsenlauf 
vom 60. Tage nach der Eingahlung ab beginnt; die von 
Notaren kraft besonderer landeerechtlichen Vorschriften ein- 
dezahlten Gelder werden jedoch mit 3% verzinst (vom 60. 
Tage ab); ebenso die Amts- und Zeitungskautionen; für 
diese beginnt der Zinsenlauf am Tage der der Einzahlung 
folgenden Monatedekade; Zinseszinsen werden nicht ge- 
wahrt. Für die Sparkassengelder und die Gelder der Hilfs-
	        
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