Geistliche (Katholische Kirche)
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(G v. 11. 5. 73 532; G v. 56. 7. 87 àa 3; G v. 20.
8. 76 8 26). Denselben Vorschriften unterliegt
ferner die Ausũbung einer Stellvertretung oder
Hilfeleistung in einem der erwähnten Aemter in
Preußen, Hessen und Sachsen, in
Baden allgemein die öffentliche Ausübung
kirchlicher Funktionen, in Preußen speziell
noch die Ausübung der bischöflichen Rechte und
Verrichtungen, soweit sie nicht die Güterverwal-
tung betreffen, in einem kirchlich oder staatlich er-
ledigten Bistum, mit Ausnahme der Vornahme
von Weihehandlungen, welche staatlich anerkannte
Bischöfe in einer solchen Diözese vornehmen (Gv.
20. 5. 74, v. 14. 7. 80 a 1, v. 11. 7. 83 a 4).
#+ 3. Reichsangehörigkeit. Für den Erwerb
der im §& 1 gedachten Aemter oder für die Aus-
übung der dort bezeichneten Funktionen wird
von dem preußischen, he ssischen und
sächsischen Recht die deutsche Reichs-
angehörigkeit erfordert. Wenn in Bayern,
Württemberg und Baden in den älteren
gesetzlichen Vorschriften (z. B. Bayern E. von
1852, 8) das Staatsbürgerrecht verlangt wird, so
genügt doch ietzt auch hier infolge des a 3 der RV
die deutsche Reichsangehörigkeit überhaupt. Eben-
so ist in Elsaß-Lothringern (nach organi-
schen Artikeln 1802 a 32 darf kein Fremder ohne
Erlaubnis der Regierung „geistliche Berufshand-
lungen“ ausüben) die Reichsangehörigkeit an
Stelle der französischen Staatsangehörigkeit ge-
treten; jedoch kann in Preußen im Wege der
Dispensation Ausländern die Vornahme von
geistlichen Amtshandlungen gestattet werden (G
v. 31. 5. 82 a 3 Abs 2). Aemterverleihungen oder
Uebertragungen von Stellvertretungen oder Hilfs-
leistungen an Ausländer sind in all und jeder Be-
ziehung nichtig, in Sachsen indessen nur für
das staatliche (nichtkirchliche) Gebiet.
§ 4. Vorbildung. Im allgemeinen bedarf es
in demselben Umfange, wie der Reichsangehö-
Iitei, einer bestimmten Vorbildung, näm-
ich:
a) in Preußen, Sachsen und Hessen
der Ablegung der Reifeprüfung
auf einem deutschen Gymnasium, in Baden
der Ablegung einer solchen überhaupt (voraus-
gesetzt, daß eine außerdeutsche Anstalt das gleiche
Bildungsziel wie die deutschen Gymnasien er-
strebt). Eine Dispensation von der Abiturien-
tenprüfung ist in Preußen und Sachsen
ulassig. Nur ist der Besuch von Knaben-
r minaren, d. h. solcher unter geistlicher
Leitung stehender, zur Vorbereitung für den
geistlichen Stand bestimmter Anstalten, welche
dieselben Ziele wie die Gymnasien verfolgen, und
in denen die Knaben gemeinsam unter geistlicher
Aufsicht leben, ausgeschlossen in Preußen
(G v. 11. 5. 73 889, 13; G v. 21. 6. 86 a 3),
Baden (G v. 5. 7. 88 a 1) und Hessen
(G v. 5. 7. 87 à 7, 8), wogegen ihnen das Ver-
weilen in geistlich geleiteten, aber der Staats-
aussicht unterworfenen Knaben-Konvik-
ten, d. h. Pensionsanstalten, in welchen sie zu ge-
meinsamem Leben und zu gemeinsamer Erziehung
vereinigt sind, während der Gymnasialzeit nicht
verboten ist. In Württemberg (G v. 1862 àas)
wird der Nachweis einer vom Staat als entspre-
chend erkannten wissenschaftlichen Vorbildung,
d. h. tatsächlich ebenfalls die Ablegung der Abi-
turientenprüfung verlangt. Für die Heranbildung
der Kandidaten bestehen hier die beiden staatlichen,
sog. niederen Konvikte zu Ehingen und Rott-
weil, in welche dieselben während ihrer Gym-
nasialzeit ausgenommen werden können, und
deren religiöse Leitung dem Bischof zukommt (G
v. 30. 1. 62 a 3, 11). In Bayern und in
Elsaß-Lothringen dürfen Knabensemi-
nare und Konvikte nur mit staatlicher Erlaubnis
begründet werden, und unterliegen einer näher
geregelten Staatsaufsicht.
b) Neben der allgemein humanistischen Vor-
bildung fordern auch die Staatsgesetze die theo-
logische Fachbildung, und zwar: ein
dreijähriges Studium der Theo-
logie auf einer deutschen Staatsuniversität in
Preußen (Gv. 5. 11. 73 #54), in Sachsen
(G v. 23. 8. 76 N 21) und in Hessen (Gv.
5. 7. 87 a 4);in Baden allerdings nur ein drei-
jähriges Studium auf einer solchen, während
dessen auch Kollegien aus dem Lehrkreise der
philosophischen Fakultät gehört sein müssen (Gv.
5. 3. 80 à 1). Gleich steht dem Universitätsstudium
in Preußen (G v. 21. 5. 86 à 2 und v. 29. 4.
87 a 1) und in Hessen (G v. 5. 7. 87 a 5) das
theologische Studium auf einem kirchlichen Se-
minar (einer bischöflich-theologischen Lehranstalt
oder einem sog. Klerikal-Seminar), dessen Lehr-
plan dem der deutschen Staats-Universitäten
gleichgestaltet und welches der Staatsaufsicht un-
terworfen ist. Während des Studiums auf der
Universität oder auf einem kirchlichen Seminare
dürfen die Studenten in Preußen, Baden
und Hessen einem geistlich geleiteten, aber un-
ter staatlicher Aufsicht stehenden Konvikte ange-
hören. Für Sachsen ersetzt der Besuch des
wendischen Seminars in Prag das Universitäts-
studium, dagegen ist derjenige von der Berufung
zu einem geistlichen Amt ausgeschlossen, der seine
Vorbildung in einem unter der Leitung des Je-
suitenordens oder einer diesem Orden verwandten
religiösen Genossenschaft stehenden Seminar er-
langt hat. Von dem Erfordernis des Universitäts-
studiums kann endlich in Preußen, Sach-
sen und Hessen dispensiert werden. In
Württemberg wird der vorgeschriebenen,
„vom Staat als entsprechend erkannten wissen-
schaftlichen Vorbildung“ dadurch genügt, daß der
Kandidat an der Landesuniversität zu Tübingen
einen vollständigen, nicht bloß auf die Theologie
beschränkten Kurfus zurückgelegt und demnächst
eine Prüfung bei der katholisch-theologischen
Fakultät der Universität bestanden hat. Während
der Universitätszeit gehören die Studierenden der
Theologie so gut wie ausnahmslos dem für sie
bestimmten Konvikt, dem Wilhelmsstift zu Tü-
bingen, an, das eine unter staatlicher Aufsicht
stehende Anstalt ist und in Bezug auf welche die
Befugnisse des Bischofs in der gleichen Art wie
bei den niederen Konvikten geregelt sind (o.
Nr. 2). Was endlich Bayern betrifft, so kann
die erforderliche theologische Vorbildung tatsäch-
lich nur an den vorhandenen katholisch-theologi-
schen Fakultäten der Universitäten und an den
Lyceen (d. h. staatlichen, sich sonst in jeder Diözese
als Ersatz für die Universitäten findenden Lehr-
anstalten für die theologischen und philosophischen
Disziplinen) erworben werden, abgesehen von
dem bischöflichen Lyceum in Eichstädt, auf