Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
32 Geistliche (Katholische Kirche) 
  
welches der Staat freilich ebenfalls eine gewisse 
Einwirkung, namentlich durch Bestätigung der 
vom Bischof ernannten Professoren übt. In 
Elsaß-Lothringen wird das theologische 
Fachstudium an der durch Uebereinkommen zwi- 
schen der Reichsregierung und dem pähpstlichen 
Stuhl v. 5. 12. 1902 an der Straßburger Uni- 
versität errichteten katholisch-theologischen Fakul- 
tät absolviert. 
c) Das Erfordernis der Ablegung 
einer staatlichen Prüfun zur Fest- 
stellung des Erwerbes einer allgemeinen wissen- 
schaftlichen Bildung, welche früher in Preu- 
ßen, Baden und bedingterweise auch in 
Hessen gefordert wurde, haben die späteren 
Gesetze dieser Staaten fallen lassen; das säch- 
sische Gesetz (7 22) schreibt eine solche bloß für 
diejenigen vor, welche ihre wissenschaftliche Vor- 
bildung nicht in der früher (o. Nr. 2) gedachten 
Art erworben haben, und zwar in der Weise, daß 
sic unter Teilnahme eines Staatskommissars mit 
der Amtsprüfung zu verbinden ist, und dieser 
über den Ausfall der erstgedachten Prüfung im 
Verein mit der theologischen Prüfungskommis- 
sion entscheidet. In Bayern bedarf es für die 
katholischen Pfarr= und selbständigen Prediger--, 
ferner füraalle selbständigen, mit pfarrlichen Rechten 
bekleideten Seelsorger--Stellen des Nachweises 
genügender Kenntnisse im bayerischen Ver- 
fassungs- und Verwzecht, namentlich im Schul-, 
Stiftungs= und Armenwesen, sowie betreffs der 
über die Religionsverhältnisse bestehenden, landes- 
gesetzlichen Bestimmungen. Die Prüfung dar- 
über bildet einen Teil der von den bischöflichen 
Prüfungsbehörden abzuhaltenden Konkursprü- 
fung, zu welcher die Kreisregierung für die gedach- 
ten Fächer einen katholischen Examinator aus 
ihrer Mitte abordnet (V v. 28. 9. 54). 
d) Die praktische Vorbereitung 
der theologischen Kandidaten ist 
staatlicherseits nicht geregelt, vielmehr den Bi- 
schöfen überlassen. Auch bleibt es ihnen in Preu- 
ßen, Baden und Hessen unbenommen, 
Priesterseminare für die praktische Vorbereitung, 
in welcher die Kandidaten zu gemeinsamem Leben 
unter geistlicher Leitung vereinigt werden, zu 
errichten, jedoch sind diese in Preußen und in 
Hessen der Staatsaufsicht insofern unterwor- 
fen, als die Statuten und die Hausordnungen 
derselben der Staatsbehörde eingereicht und der 
letzteren auch die Namen der Leiter und Lehrer, 
welche Deutsche sein sollen, angezeigt werden 
müssen, in Baden insofern, als nach dem Gv. 
5. 7. 88 à 1 die Erfüllung bestimmter Vorschriften 
des G über den Elementar-Unterricht v. 8. 3. 68, 
nämlich der Nachweis der sittlichen Würdigkeit 
des Unternehmers und sämtlicher Lehrer, sowie 
der den Anforderungen der Sanitätspolizei ent- 
sprechenden Einrichtungen verlangt wird und der 
Staatsbehörde das Recht der Einsichtnahme und 
nötigenfalls der Schließung (bei einem den guten 
Sitten zuwiderlaufenden oder den Staat gefähr- 
denden Lehrplan oder der Gesundheitsge fährlich- 
keit der Einrichtungen) vorbehalten bleibt. In 
Württemberg besteht ein staatlich errichtetes 
Priesterseminar zu Rottenburg, dessen 
Lehrplan der Staatsbehörde einzureichen und 
welcher ebensowenig wie die Hausordnung ohne 
Genehmigung derselben geändert werden darf. 
  
Ferner hat diese dasselbe Einspruchsrecht gegen 
die Anstellung des Regens und Subregens, wie 
gegen die Anstellung in Kirchenämtern überhaupt 
(u. § 6). Auch dürfen nur solche Kandidaten auf- 
genommen werden, welche die Fakultätsprüfung 
(oben b) am Schlusse ihrer Universitätsstudien ab- 
gelegt haben. Für die Errichtung anderer Prie- 
sterseminare würde es der Genehmigung der Re- 
ierung bedürfen. — Auch in Bayern bestehen 
Kaatlich fundierte Priesterseminare, hinsichtlich 
deren dem Bischof die Entscheidung über die Auf- 
nahme der Kandidaten, den Lehrplan, die Haus- 
und Disziplinar-Ordnung und über die Anstellung 
der bloß dem König namhaft zu machenden Leiter 
und Erzieher zusteht. Zur Errichtung neuer der- 
artiger Seminare würde hier ebenfalls die Staats- 
genehmigung erforderlich sein. Das letztere muß 
auch für Sachsen hinsichtlich der Gründung 
von Priesterseminaren gelten (Gv. 23. 8.76 529). 
In Elsaß-Lothringen sind die Priester- 
seminare (grands séminaires) für die praktische 
Ausbildung bestimmt. Zu ihrer Errichtung be- 
darf es der Staatsgenehmigung, und ihre Regle- 
ments bedürfen der Genehmigung des Staats- 
oberhauptes. Die Nichtbeachtung des Erforder- 
nisses der wissenschaftlichen Vorbildung zieht für 
die Anstellung oder Uebertragung von Stellver- 
tretungen und Hilfsleistungen dieselben rechtlichen 
Folgen nach sich, wie des zu 1. gedachten Erfor- 
dernisses (vgl. § 3 a. E.). 
5. SEittliche oder bürgerliche Unbescholten- 
heit ist ein Erfordernis, das nur in einigen deut- 
schen Staaten und in verschiedenem Umfange 
aufgestellt ist. In Bayern wird für die Er- 
werbung von Kirchenpfründen „ein bürgerlich 
und politisch tadelloser Wandel“ verlangt (Min R. 
v. 8. 4. 52). In Sachsen sind diejenigen aus- 
geschlossen, welche wegen eines mit Zuchthaus 
oder mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder 
der öffentlichen Aemter bedrohten Verbrechens 
oder Vergehens verurteilt worden sind oder sich 
wegen eines solchen in Untersuchung befinden 
(Gv. 23. 8. 76 §+ 24), in Baden dagegen bloß 
von der öffentlichen Ausübung kirchlicher Funk- 
tionen für immer die zu Zuchthausstrafe verur- 
teilten Geistlichen, für die Dauer der im Urteil 
bestimmten Zeit diejenigen G., welche mit der 
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder 
der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter 
bestraft sind (G v. 5. 7. 88 à 3). Die Fernhaltung 
von Personen, welche, ehe sie G. geworden sind, 
derartige Bestrafungen erlitten haben, ist hier, 
ebenso wie in den übrigen Staaten die Ausschlie- 
Hhung bestrafter Personen überhaupt nur durch 
Ausübung des Einspruchsrechts oder der Verwei- 
gerung der Bestätigung oder der Genehmigung 
der Anstellung (s. & 6) möglich. Außerdem wird 
selbstverständlich das Landesrecht betroffen von 
den Bestimmungen des RSt über die Ver- 
minderung der Rechtsfähigkeit bei Verurteilung 
zur Zuchthausstrafe (F§ 31) und die Wirkung der 
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte (§ 33 ff). 
§6. Die staatlichen Rechte bei der Anstellung 
der Geistlichen und bei ihrer Zulassung 
zu den kirchlichen Funktionen sind teils positive, 
teils negative. In Bayern wird für Pfarr--, 
sonstige Kurat= und einfache Benefizien, sowie 
für die dauernde Verwesung von Pfarreien und 
Pfründen eine ausdrückliche Genehmerklä-
	        
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