Geistliche (Katholische Kirche) 33
rung oder Bestätigung der von den geistlichen
Oberen in Aussicht genommenen Kandidaten
seitens des Königs (Konkordat a 11; MinE v.
20. 11. 73) verlangt. In Elsaß-Lothrin-
gen muüssen die von den kirchlichen Oberen er-
folgten Ernennungen der Pfarrer (Kanoni-
ker und Generalvikare) von dem Statthalter be-
stätigt werden, und vorher ist die Publizierung
der Ernennung und die Erteilung der kanonischen
Institution nicht statthaft (Organ. Art. 19; V v.
23. 7. 79 Nr. 3). Anstellungen, welche unter Ver-
letzung dieser staatlichen Mitwirkungsrechte er-
folgt sind, unterliegen der Nichtigkeit in kirchlicher
und in staatlicher Hinsicht.
Im Gegensatz zu diesen Staaten, in welchen
eine Anstellung ohne positive Mitwirkung des
Staates nicht gültig und perfekt werden kann, ist
in Preußen, Württemberg, Baden
und Hessen für den Staat nur das negative
Recht des Einspruchs festgehalten worden;
in Preußen jetzt nur noch bei der Besetzung
von Pfarrämtern, wenn diese dauernd übertragen
werden (G v. 29. 4. 87 a 2 51), in Hessen bei
der dauernden Uebertragung jedes Kirchen-
amtes, in Württemberg und Baden bei
einer solchen und einer widerruflichen, außerdem
in Hessen bei der Umwandlung einer wider-
ruflichen Anstellung in eine dauernde, endlich
in Sachsen bei der dauernden oder widerruf-
lichen Uebertragung eines geistlichen Amtes, sowie
einer Stellvertretung oder Hilfsleistung in einem
solchen, und zwar gleichviel, ob die Besetzung oder
Anstellung durch einen geistlichen Oberen oder
unter Mitwirkung eines anderen Berechtigten
(Patrons) erfolgt. Das Einspruchsrecht kann in
Preußen und Hessen ausgeübt werden,
wenn der Anzustellende aus einem auf Tatsachen
beruhenden Grunde, welcher dem bürgerlichen
oder staatsbürgerlichen Gebiete angehört, für die
Stelle nicht geeignet ist, und zwar müssen die be-
treffenden Tatsachen dem kirchlichen Oberen an-
gegeben werden. In Württemberg und
Baden kann die Staatsregierung Kandidaten,
welche in bürgerlicher oder politischer Beziehung
mißfällig sind, unter „Anführung der Tatsachen“
(Baden: „unter Angabe des Grundes“) fernhalten.
Was die Ungeeignetheit oder Mißfälligkeit in
bürgerlicher Beziehung betrifft, so ist darunter
eine solche wegen geminderter Ehre oder Be-
scholtenheit, überhaupt eine aus der bürgerlichen
Stellung zu entnehmende, zu verstehen; unter
der Ungeeignetheit in staatsbürgerlicher, bezw.
politischer Hinsicht eine solche, welche aus der
Stellung zum Staat hervorgeht, z. B. aus dem
Zuwiderhandeln gegen die Staatsgesetze, der
Nichtachtung der durch den konfessionellen Frie-
den gebotenen Rücksichten oder der mangelnden
Befähigung zur Versehung der mit dem Kirchen-
amt verbundenen staatlichen Geschäfte. Wenn-
gleich die Tatsachen, auf welche sich der Einspruch
stützt, anzugeben sind, so haben doch die Staats-
regierungen dem kirchlichen Oberen nicht den
Beweis derselben zu führen, und ebensowenig
steht diesen letzteren eine Entscheidung darüber zu,
ob der angegebene tatsächliche Grund die von der
Regierung behauptete Ungeeignetheit oder die
Mißfälligkeit rechtfertigt. — In Sachsen ist,
abweichend von den bisher gedachten Staaten,
das Einspruchsrecht auf den Fall beschränkt, daß
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I1.
wider den Kandidaten „auf Grund seines bisheri-
gen Verhaltens die Annahme gerechtfertigt ist,
daß er den Staatsgesetzen oder den innerhalb ihrer
gesetzlichen Zuständigkeit erlassenen Anordnungen
der Obrigkeit entgegenwirken oder den öffent-
lichen Frieden stören werde“.
Zur Ermöglichung des Einspruchs ist der geist-
liche Obere verpflichtet, den in Aussicht genom-
menen Kandidaten unter Bezeichnung der ihm zu
übertragenden Stellung der Staatsbehörde (in
Preußen dem Ober-Präsidenten) zu benennen
und darf erst zur Anstellung schreiten, wenn die-
selbe erklärt hat, keinen Einspruch erheben zu
wollen oder, wenn die etwa gesetzlich bestimmte
Frist dafür (in Preuße n30 Tage, in Hessen
4 Wochen) oder die ein-für allemal von der Re-
gierung festgesetzte in Baden 3 Wochen) ab-
gelaufen ist, widrigenfalls die erfolgte Anstellung
in all und jeder, in Sachsen nur in staatlicher
Beziehung nichtig ist. Daß mit dem Einspruch
auch das Fehlen der in §§8 3, 4 gedachten Erfor-
dernisse gerügt wird, ist nicht ausgeschlossen, aber
die Unterlassung einer solchen Rüge macht, falls
es an diesen mangelt, die Anstellung in diesen
Fällen niemals gültig.
Das Einspruchsrecht fällt endlich in denjenigen
Fällen fort, in welchen dem Staate ausnahms-
weise eine darüber hinausgehende positive Mit-
wirkung, so bei der Ernennung der Militärgeist-
lichen und der G. an staatlichen Anstalten oder
auf Grund besonderer Rechtstitel, z. B. des
Patronates, ein Präsentationsrecht zukommt.
# 7. Die staatliche Durchführung der An-
stellungserfordernisse. Von den erwähnten Ge-
setzen bedrohen das preußische, badische
und hessische die Verletzung der unter #4 b
gedachten Vorschriften seitens des kirchlichen Obe-
ren, sowie seitens des von demselben angestellten
G. mit Kriminalstrafe (Geldstrafe oder auch Ge-
fängnisstrafe) und zwar des näheren das preu-
ßische die gesetzwidrige Uebertragung von
geistlichen Aemtern oder Stellvertretungen und
Hilfsleistungen und die Vornahme von Amts-
handlungen seitens der gesetzwidrig angestellten
oder beauftragten G., mit Ausnahme des Messe-
lesens und der Spendung der Sakramente (Gv.
11. 5. 73 522 f., 21.5.74 à 2, 14. 7. 80 à 5, II. 7.
83 a 3, 21. 5. 86 à 15, 29. 4. 87 à 2 5), das
badische und hessische die gesetzwidrige
Uebertragung von kirchlichen Aemtern und Funk-
tionen seitens des kirchlichen Oberen und die
öffentliche Ausübung kirchlicher Funktionen
seitens der gesetzwidrig damit betrauten G., wo-
bei in Hessen aber eine bloß vorübergehende
Ausübung einzelner kirchlicher Handlungen straf-
frei bleibt bad. G v. 14. 7. 74 à 3 06a;hess.
Gv. 5. 7. 87 a 12, 14). In den übrigen Staaten
bestehen keine derartigen Vorschriften; hier können
nur die gesetzlich zulässigen Administrativmaß-
regeln ergriffen werden, zu denen in Sachsen
(Gv. 23. 8. 76 58 34) auch die Verhängung von
Geldstrafen als Ordnungsstrafen gehört.
§+# 8. Ausschließung der Geistlichen von der
Ausübung kirchlicher Funktionen. In Preu-
fßen (Gv. 11.5.73 9F11 und v. 29. 4. 87 a 2 4),
in Hessen (G v. 5. 7. 87 à 13) hat die rechts-
kräftige Verurteilung eines G. zu Zuchthausstrafe
und die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte
und der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
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