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Internationales Privatrecht (Zivilrecht)
positive Durchbrechung von beschränktem Umfang
enthält a 27 EG Be#B. *ês:15
Alle Verweisung auf fremdes Recht, die sich auf
generelle Zust Bestimmungen stützt, erfolgt unter
dem Vorbehalt, daß nicht die rechtliche Eigenart
des speziellen Falls eine andere Zust, insbesondere
auch die Zust des Inlands begründet (EG BGnß
a 30 und 3O #3284: Rücksicht auf den „Zweck
des Gesetzes“). Insofern bedeutet dieser Vorbe-
halt („Vorbehaltsklausel“, „Lehre von der
öffentlichen Ordnung") nichts anderes als „den
unfertigen Teil des internationalen Privatrechts"
(Kahn). Verschieden von solchem regelgemäßem
Vorbehalt des Inlandrechts ist jedoch ein Aus-
schluß fremder Ordnung, die für den gegebenen
Fall an sich zuständig wäre, wenn ihre Durch-
führung mit wichtigen Anschauungen des Inlands
unvereinbar erscheint (Verstoß „gegen die guten
Sitten" EG BG a 30: ZPO # 3287).
Regelmäßig werden fremde Gesetze im Inland
dann angewendet, individuell gestaltende Staats-
akte des Auslands hier anerkannt, wenn der Staat,
dessen Regelung gelten soll, als zuständig erscheint,
den Tatbestand von sich aus zu ordnen. Es kommt
aber auch vor, daß der Inlandsstaat eigene
Angelegenheiten inhaltlich so regelt wie die Ord-
nung eines fremden Staats beschaffen ist. Z. B.
die Rechtsfähigkeit juristischer Personen, ein öffent-
lichrechtlicher Status dem Inland gegenüber, wird
bei Vereinigungen des Auslands anerkannt, wenn
sie nach den Gesetzen ihres Sitzes Rechtsfähigkeit
genießen. Den hauptsächlichen Schauplatz solcher
„materiellrechtlicher Verweisungs-
sätze" (Zitelmann) bildet das int öffentliche Recht.
Beachtung fremder Gesetze, fremder Urteile
kann für das Inland auch erforderlich werden, wo
Gesetz und Urteil nur in ihrer tatsächlichen Rück-
wirkung auf den einzelnen in Betracht kommen:
Erwirkung eines vollstreckbaren Urteils gegen den
Bürgen berechtigt diesen, Befreiung von der Bürg-
schaft zu verlangen, eine Haftpflichtversicherung
erstreckt sich auf Schadenstiftungen in Inland und
Ausland. Es ist nicht die staatliche Funktion der
Rechtsfürsorge, der hier von seiten des Inlands
Rechnung getragen wird, wenn fremdes Urteil
Vollstreckung androht, fremdes Gesetz den ver-
sicherten Schaden bestimmt, sondern ihre tatsäch-
liche Bedeutung für die Beteiligten, und es sind
darum auch die Zust Bestimmungen des Inlands
für solche Fälle gegenstandslos.
„Parteiautonomie kann den zuständigen
Staat von sich aus niemals bezeichnen. Erst muß
feststehen, was die Parteien nach der maßgebenden
Rechtsordnung „wollen dürfen“ (Bar). Immerhin
mag die Partei unter Umständen auf die Bestim-
mung des zuständigen Staats mittelbar Einfluß
nehmen, insofern sie den Staat wählt, dessen
Rechtsschutz sie in Anspruch nimmt, und dessen
Kollisionsordnung damit in Wirksamkeit tritt.
Ueber die Grundbegriffe des JI## Kahn, Iherings
Jahrb 30, 1 und 40, 1:!“ Niemeyer, Zur Methodik des
IUh, 1894; Zitelmann, Internationales Privatrecht 1,
1897, II 1898 bis 1912; Pillet, Principes de droit
Iint. privé, 1003.
Zur Geschichte: Catellani (s. zu 12) 1; Lainé,
introductlon au droft int. privé, 2 Bde. 1888; Neu.
meyer, Die gemeinrechtliche Entwickelung des int. Privat-
und Stafrechts bis Bartolus I, 1901.
# 2. Juternationales Zivilrecht. Quelle des
deutschen int Zivilrechts sind zunächst die a 7—31
EG z. .
— Das IBP des Bn, 1901; Habicht,
In", 1907. Die wertvolle Begründung der ersten Borent-
würse ist nicht veröffentlicht. Text der verschiedenen Ent-
würfe bei Zitelmann, a 7—31 des Ec z. B n, 1908.
Wirre Theorien haben zu einer eigentümlichen
Verklausulierung ihrer Fassung geführt, und es
haben dabei „unvollkommene Kollisionsnormen“,
welche von der Geltung des Inlandrechts handeln,
ohne zu der Geltung ausländischer Gesetze Stellung
zu nehmen, gleiche Formulierung erhalten mit
„Exklusivsätzen“, die inländischen Vorschriften
einen Geltungsbereich geben, der ausländischen
Vorschriften gleicher Art versagt wird. Die un-
vollkommenen Kollisionsnormen zu „vollkomme-
nen“ zu erweitern, steht der Auslegung frei, wo es
die Natur der Rechtsverhältnisse fordert. — Dazu
verstreute Bestimmungen in anderen Reichsge-
setzen. — Die Kollisionsnormen des Reichsrechts
gelten in den Schutzgebieten und mit einzelnen
Modifikationen im Bereich deutscher Konsularge-
richtsbarkeit. Sie gelten auch für das partikulare
Zivilrecht. Doch bleiben für dessen Abgrenzung
landesrechtliche Kollisionsnormen statthaft, soweit
sie auf der Eigenart der dem Landesrecht vorbe-
haltenen Materien beruhen; dazu a 56 EG. Zeit-
lich finden die Kollisionsnormen des E nur auf
solche Tatbestände Anwendung, die auch materiell-
ulH unter die Herrschaft des neuen Rechts
allen.
Unter den Staatsverträgen des Reichs stehen
voran die Haager Abkommen, hierher gehörig die
Verträge vom 12. 6. 02 über Eheschließung, Ehe-
scheidung, Vormundschaft und v. 17. 7. 05 über
persönliches Eherecht und Ehegüterrecht sowie über
Entmündigung.
Actes de la Conférence (de la 2e, 3e, 4% Conférence)
de la Haye pour le droit int. privé; Documents relatifs
à la ze (de) Conférence 1893, 1894, 1900, 1904. Deutsche
Denkschriften St Ber des RT 1903/04 Drucksachen Nr. 347;
1907/08 Drucksachen Nr. 891; Kahn, 3 für JIU# Bd. 12,
13, 15; Meili und Mamelok, Das InUlUl und Zidvilpro-
zeßrecht auf Grund der Haager Konventionen 1911. — Ueber
andere Staatsverträge Niemeyer, Das in Deutschland
geltende IP, 1894; Neumeyer, Blätter für Rechts-
anwendung 71, 333.
Für die nicht besonders geregelten Gegenstände
ergibt sich die Ordnung der Zust mit der Wirkung
positiven Reichsrechts aus der Eigenart der einzel-
nen Rechtsverhältnisse. Der Erkenntnis dieser
Ordnung dient bei der grundsätzlichen Gleichartig-
keit der Aufgabe neben der eigenen auch die fremde
Literatur des Internationalen Privatrechts.
Hauptwerk v. Bar, Theorie und Praxis des J/, 2 Bde.,
1889; auch Lehrbuch des IU1l und Strafrechts, 1892; Nie.
meyer, Vorschläge und Materialien zur Kodifikation des
IU1Us, 18956; Zitelmann f. zu § 1;: Meili, Das int
Zivil- und Handelsrecht, 1902. Für Oesterreich: Jettel,
B des InUlUl und Strofrechts, 1893. Federspiel, Den
Int. Privatret 1 Danmark 1 1909; Weiß, Traité théorique
et pratlque de drolt int. privé, 5 Bde., 1892—1905 (2. Aufl.
im Erscheinen). A. Rolin, Principes du droit int.
privée, 3 Bde., 1897, Fiore, Dirltto int. privato“, 4 Bde.,
1902—1909; Catellani, l diritto int. prlvatos, bisher
2 Bde., 1895/1902; G. Diena, Trattato di diritto com-
merciale int., 3 Bde., 1900/1905; Dicey, The conflict
of laws", 1908 (England); Wharton, 4 treatise en the