Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Internationales Privatrecht (Strafrecht) 
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auch hier einer Zust, das einzelne zur Durchführung 
der Vollstreckung gewährte Mittel anzuwenden: 
die Vornahme körperlichen Zwangs, die im Aus- 
land nicht angeht; die Erlassung eines Befehls, 
dessen Rechtmäßigkeit von dem Aufenthaltsort des 
Adressaten unabhängig ist. — Unter den Vollstrek- 
kungen, die als Voraussetzung irgend welcher 
Rechtsfolgen im Inland verwertet werden, können 
auch ausländische Vollstreckungen verstanden 
sein, und es kann sich dabei um eine Anerkennung 
handeln, die der zuständigen Vollstreckungsgewalt 
des Auslands gewährt wird (Beispiel BG B # 772). 
Insbesondere werden die privatrechtlichen Aende- 
rungen anerkannt, welche durch eine Vollstreckung 
des zuständigen Auslandsstaats bewirkt werden. 
Eine Anerkennung fremder Zust äußert sich auch, 
soweit sie vorkommt, in Rechtshilfe (V gegenüber 
auswärtigen Vollstreckungen. 
Das Konkursverfahren, der gleich- 
mäßigen Befriedigung der Gläubiger eines lei- 
stungsunfähigen Schuldners bestimmt, ist nicht, 
aber bedient sich der Zwangsvollstreckung. Die 
Zust des Reichs, das Verfahren durchzuführen, 
wird durch den Wohnsitz oder auch den Ort einer 
wirtschaftlichen Niederlassung bestimmt (KO §§8 71, 
214, 238 II). Als Verteilungsvverfahren wirkt 
der Konkurs (von einem Partialkonkurs abgesehen 
KO 88 238 1, II) grundsatzmäßig universal, für das 
gesamte erreichbare Vermögen des Gemeinschuld- 
ners, als Vollstreckungsverfahren (K O #2371) 
territorial, nur für das im Inland befindliche Ver- 
mögen. Zur Geltung kann die Universalität des 
Verteilungsverfahrens somit nur kommen, wenn 
andere Staaten, in denen sich Vermögen des Ge- 
meinschuldners befindet, Vollstreckungshilfe ge- 
währen; Deutschland gewährt sie nur auf Grund 
einzelner Partikularverträge, andere Staaten all- 
gemein. Rechtsverhältnisse, die an die Voll- 
streckungsgewalt anknüpfen, stehen, wenn das Ver- 
mögensstück in fremdem Gebiet liegt, unter dorti- 
gem Recht (Pfändbarkeit; Aufrechnung). Aus- 
wärtige Konkurse können wiederum als Tatbe- 
standsmerkmal irgendwelcher inländischer Rechts- 
folgen in Frage kommen und dabei als Acuße- 
rungen der zuständigen Staatsgewalt Beachtung 
verlangen (Beispiel § 240 3PO). Die zivilrecht- 
lichen Wirkungen eines im Ausland zuständig er- 
öffneten Konkurses werden anerkannt, schlechtweg 
wenn sie die Verteilung (Zwangsvergleich), in 
bezug auf das dort belegene Vermögen, wenn sie 
die Vollstreckung betreffen (Gemeinschuldner ver- 
liert das Verwecht). Dem zuständigen Staat 
wird — von Vollstreckung abgesehen — Rechtshilfe 
geleistet. 
v. Bar, Weiß oben 1 2; Fedozzi, M diritto pro- 
Cessnale clvile int. I, 1005; Meili, Das int Zivilprozeß- 
recht, 1906; Lehrbuch des int. Konkursrechts, 1909. — 
Hellwig, Lehrb. d. deutschen Zivilprozeßrechts 1, 1903. 
6#5. Internationales Strafrecht und Strafpro- 
zeßrecht. Die Zust, wegen eines Vergehens Strafe 
zu verhängen, kann durch die örtlichen Beziehungen 
der Tat, aber auch durch andere Umstände (Auf- 
enthalt im Inland, Besitz der inländischen Staats- 
angehörigkeit zur Zeit der Aburteilung) begründet 
werden. Die wichtigste Anknüpfung vermitteln 
Beziehungen der Tat. Zuweilen wird eine grund- 
sätzliche Straf Zust für alle irgendwo und von 
irgendwem begangenen Handlungen vertreten 
(Universalprinzip) — praktisch unzweckmäßig und 
  
in Abkehr von dem Grundgedanken allen int 
Rechts, das eine Aufteilung der Zuständigkeiten 
unter gleichwertigen Staaten voraussetzt. Die 
wichtigste örtliche Beziehung der Tat aber wird 
durch den Ort ihrer Begehung begründet (Ter- 
ritorialprinzip); hier fällt die Entscheidung, wie 
weit Eingriffe in fremde Interessenkreise statt- 
haft sind, hier ist das Strafbedürfnis für Ueber- 
riffe dringend. Eine Ergänzung verlangt diese 
egrenzung für Inländer, die im Ausland de- 
linquieren (aktives Personalprinzip), mit Rück- 
sicht auf die Verantwortlichkeit des Staats für 
seine Angehörigen und insbesondere mit Rück- 
sicht auf den Satz, daß Inländer nicht ausgeliefert 
[Uwerden. Doch muß solche Zust für den Regel- 
fall darauf abstellen, daß die Handlung auch nach 
den Gesetzen des Tatorts rechtswidrig ist. Die 
Rücksicht auf den Schutz des Staates und seiner 
Einrichtungen, auch die Abhängigkeit der Straf- 
drohung von einer juristisch selbständigen „Norm“ 
(Beispiel: Gebot einer Dampfkesselrevision für 
Seeschiffe) können dazu führen, von dem Erforder- 
nis einer Rechtswidrigkeit der Handlung am Tatort 
abzusehen. Verwandte Erwägungen können veran- 
lassen, auch Ausländer für Auslandsdelikte haftbar 
zu machen. Dagegen muß das „Schutzprinzip“(Real- 
prinzip) — eine fremdenrechtliche Beschränkung 
des Universalprinzips auf Angriffe gegen Inlän- 
der, gegen Objekte im Inland; oder folgerichtig 
durchgedacht, der Strafschutz von Interessen, die 
nach int Zivilrecht und öffentlichem Recht dem 
Inland angehören —, wenn es Prinzip sein soll, als 
theoretisch schief und praktisch unerträglich abge- 
lehnt werden. Das geltende deutsche Recht (St G 
# 3 ff.) hat das Territorial- verbunden mit dem 
aktiven Personalprinzip zum Ausgangspunkt ge- 
nommen und zahlreiche, manchmal systemlose 
Sonderbestimmungen hinzugefügt. Räumliche 
Ausstrahlungen der Staatsgewalt (in staatenloses 
Gebiet, Feindesland) erweitern diese Zust. Die 
Zust Ordnung des StG# gilt auch in den Schutz- 
gebieten und im Bereich deutscher Konsularge- 
richtsbarkeit sowie für das Partikularstrafrecht; doch 
können deren Strafdrohungen, wo es die Eigenart 
des Sachverhalts fordert, auch einer abweichenden 
Begrenzung unterstellt werden. — Der Zust, 
Strafe zu verhängen, muß auch hier eine Zust ent- 
sprechen, das einzelne gewählte Strafmittel zur 
Anwendung zu bringen. Keine Zust, Gegenstände 
im Ausland einzuzichen; Zust, zivilrechtliche Rechts- 
minderungen zu verhängen, besteht im strafenden 
Staat, nicht aber, in öffentlichrechtliche Verhält- 
nisse einzugreifen, die gegenüber einem anderen 
Staat begründet sind. — Die Uebung fremder 
Strafgewalt kann, der inländischen gleichwertig, 
eine Voraussctzung inländischer Rechtswirkungen 
bilden, und es kann auch hier sein, daß sie deshalb, 
weil sie die Machtäußerung eincs zuständigen 
Staates ist, für das Inland Bedeutung besitzt 
(Sto6B 5P 259 Erklärung zur „strafbaren Hand- 
lung“; anders Sto B 5 244). Insbesondere wirkt 
auch die mit der inländischen konkurrierende Zust 
eines Auslandstaates für das Inland (StG6B 58 42 
und 5, auch 7). Eine Anerkennung fremder Zust 
äußert sich ferner in der Auslieferung (Fl. Dagegen 
werden Strafurteile des Auslands nicht vollstreckt. 
Rechtsminderungen zivilrechtlicher Art, welche das 
Ausland als Strafe verhängt, müssen der lex 
causae bekannt sein, um im Inland zu wirken, und
	        
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