Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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Invaliden= und Hinterbliebenen-Versicherung (Versicherte) 
  
dabei auch der Bundesrat mit, der kraft gesetz- 
licher Ermächtigung „die Versicherungspflicht er- 
streckt“ (1229), VersFreiheit gewährt oder auch die 
Möglichkeit einer behördlichen Befreiung von der 
Vers Pflicht erweitert (1232/3, 1242; dazu Bek 
v. 22. 5. 12). Den vom Bundesrat für versiche- 
rungsfrei erklärten Personenklassen gewährt dann 
zum Teil das Gesetz die Vers Berechtigung (1243 
Ziff. 3 mit 1232). 
z 3. Wirtschaftliche Grundlagen. ç 
1. Auch für die JuH# ist in erster Reihe 
der Gegensatz der selbständigen Unternehmer und 
der von solchen beschäftigten, wirtschaftlich un- 
selbständigen Personen (Arbeiter im weitesten 
Sinne) maßgebend. Nur auf die „beschäftigten 
Personen“ (1226 Abf 2) bezieht sich grundsätzlich 
die gesetzliche Vers Pflicht, während Unter- 
nehmer, und zwar lediglich solche, die durch die 
Kleinheit ihres Betriebes den Arbeitern wirt- 
schaftlich nahestehen, kraft Gesetzes nur versiche- 
rungs erechtigt sind und in beschränktem 
Umfange durch den Bundesrat für versicherungs- 
pflichtig erklärt werden können. Ungefähr Glei- 
ches gilt von den eine Mittelstufe zwischen Un- 
ternehmern und Arbeitern bildenden Hausge- 
werbetreibenden (1243 Nr. 2, 1229, 162). Vgl. 
unten #15. 
2. Die Qualität der „Beschäftigung“ 
ist auch für die Einbeziehung in die Vers maß- 
gebend. Am tiefsten steht die Stufe der Arbeiter 
im engeren Sinne (Arbeiterstufe), darüber die 
Stufe der „Angestellten in gehobener Stellung“ 
(1226 Nr. 2), für deren Vers Pflicht und auch 
VersBerechtigung die Nichtüberschreitung einer 
gewissen Verdienstgrenze in Betracht kommt 
(1226 Abs 2, 1243 Nr. 1). Grundsätzlich versiche- 
rungsfrei ist, ohne Rücksicht auf die Höhe der Be- 
züge, soweit das Gesetz nicht Ausnahmen macht 
(1226 Nr. 4, 5), die ihrer Natur nach höhere, 
immaterielle, den Erwerbszweck überragende, rein 
geistige, wissenschaftliche, künstlerische oder auf 
religiösen Motiven beruhende Tätigkeit, auch wenn 
sie in unselbständigem Arbeitsverhältnis geleistet 
wird. Eine Rückwirkung dieses Gedankens bringt 
5*1238 dahin neu zum Ausdruck, daß Akademiker, 
die zwecks Ausbildung oder Vorbereitung für 
ihren eigentlichen versicherungsfreien Beruf ver- 
sicherungspflichtig beschäftigt werden, sich von 
der Vers Pflicht befreien lassen können. (Vgl. 
unten (15.) 
3. In gewissem Umfange wirkt auch die 
Dauer der Beschäftigung auf die Verf ein. 
Der Bundesrat bestimmt nach §# 1232, inwie- 
weit vorübergehende Dienstleistungen versiche- 
rungsfrei bleiben sollen (dazu die auf Grund des 
entsprechenden 8 4 Abs 1 InvVG ergangene 
Bundesrats V v. 27. 12. 99). Sodann kann Be- 
freiung verlangen, wer im Laufe eines Kalen- 
erjahres nur eine nach näherer Bestimmung des 
5 1239 kurzfristige Lohnarbeit übernimmt, im 
übrigen aber seinen Unterhalt selbständig er- 
wirbt oder ohne Entgelt tätig ist. Die Befreiung 
ist jedoch nur zulässig, solange nicht 100 anrech- 
nungsfähige Wochenbeiträge für den Betreffen- 
den entrichtet sind. 
Auch hier sind die näheren Ausführungsbestimmungen 
dem Bundesrat überlassen (vol. die auf Grund von 1 6 
Abs 2 Inv WG ergangene Bundesrats V v. 24. 12. 99). Die 
nach 1 1232 versicherungsfreien Personen sind versicherungs- 
  
  
berechtigt (1248 Nr. 83); den nach §5 1239 Befreiten steht 
die Weiterversicherung offen, wenn sie durch die Befreiung 
aus einer schon begründeten Vers Pflicht ausscheiden (Ro- 
sin 2 S2724). 
4. Voraussetzung aller Vers Pflicht ist die „Be- 
schäftigung gegen Entgelt" (160, Gehalt 
oder Lohn, Gewinnanteile, Sachleistungen usw.). 
Doch sind Personen versicherungsfrei und nur 
versicherungsberechtigt, die nur gegen freien Un- 
terhalt beschäftigt werden (1227, 1243 Nr. 3). 
Für die gehobenen Angestellten besteht Vers Pflicht 
nur, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeitsver- 
dienst 2000 Mark nicht übersteigt (1226 Abs 2), 
darüber hinaus VersBerechtigung, wenn der 
Verdienst nicht über 3000 Mk. beträgt (1243 Nr. 1). 
5 4. Persönliche Grundlagen der Bersicherung. 
Keinen Unterschied in der Frage der Verf begrün- 
det das Geschlecht; wohl aber kommt in Betracht: 
1. Das Alter. Keine Art der Verf ist mö- 
lich vor vollendetem 16. Lebensjahr (1226, 1243). 
Der freiwillige Eintritt in die Verf ist nur bis zum 
vollendeten 40. Lebensjahre zulässig. 
2. Keine Art der Verf ist für denjenigen mög- 
lich, der bereits invalid ist. Der Begriff der 
Invalidität ist hier derselbe, den das Gesetz für 
den Anspruch auf Invaliden- oder Witwenrente 
erfordert. Er umfaßt auch die vorübergehende 
Invalidität, die dem Gesetz zur Gewährung der 
Krankenrente oder Witwenkrankenrente genügt 
(1236, 1255, 1258, 1443). 
3. Der Familienstand ist insofern be- 
deutsam, als jetzt nach ausdrücklicher Gesetzes- 
bestimmung (159; X dagegen Art. Arbeiter Vers. 
##5 Nr. 2 a. E.) die Beschäftigung eines Ehegatten 
durch den anderen keine Vers Pflicht begründet. 
4. Inland und Ausland. VersPflicht 
und Selbst Verf setzen voraus, daß der Beschäfti- 
gungsort oder, soweit es sich um vorübergehende, 
zu einem inländischen Betriebe gehörige Be- 
schäftigung im Auslande (1330) oder um Klein- 
unternehmer und Hausgewerbetreibende handelt, 
der Betriebssitz im Deutschen Reiche, ausschließ- 
lich der Schutzgebiete, belegen ist. 
Dagegen kommt es auf die Staatsangehbörigkeit 
der zu versichernden Person und ihres Arbeitgebers nicht 
an. Jedoch kann in erster Richtung der Bundesrat bestimmen, 
daß Ausländer versicherungsfrei sind, denen die Behörde 
den Aufenthalt im Inlande nur für bestimmte Dauer ge- 
stattet hat; um aber nicht zur Beschäftigung solcher Per- 
sonen anzureizen, legt das Gesetz ihren Arbeitgebern die 
Pflicht zur Einzahlung des Arbeitgeber beitrags an 
die VAnst auf (1233). Deutsche, die bei einer amtlichen 
Vertretung des Reichs oder eines Einzelstaats im Ausland, 
oder bei deren Leitern oder Mitgliedern beschäftigt werden, 
sind versicherungspflichtig (1228). Ebenso geht 3 1231 von 
der Vers Pflicht der deutschen Bediensteten aus, welche im 
Inlande bei ausländischen Staaten oder exterritorialen 
Personen in Diensten stehen; doch sind hier dem Bundesrat 
nähere Bestimmungen über die Erfüllung der Arbeitgeber- 
pflichten vorbehalten. Bek. v. 6. 3. 12. 
Wegen des Verhältnisses in den Grenzgebieten 
1 Landesgrenze §# 5 II 1. 
Die Weiter Verf und die Fortsetzung der Selbst- 
Vers, einschließlich der Erneuerung der Vers, kann 
auch im Auslande erfolgen (1440 Abs 2). 
#§ 5. Einzelne Personenklassen. 1. Der Ar- 
beiterstufe gehören an: Arbeiter im engsten 
Sinne, Gesellen, Dienstboten, gewöhnliche Ge- 
hilfen und Lehrlinge, ferner die Schiffsbesatzung
	        
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