Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Invaliden- und Hinterbliebenen-Versicherung (Nebenleistungen) 
besitzt sie kraft ihrer eigenen Vers eine anspruchs- 
reife Anwartschaft auf eine solche, so erhält sie, 
da sie Invaliden= und Witwenrente nicht zusam- 
men beziehen kann (oben 8 17 Nr. 4 a. E.), beim 
Tode des Mannes ein Witwengeld, das dem 12fsa- 
chen Monatsbetrag der Witwenrente entspricht. 
Die Waisenaussteuer wird fällig, wenn ein renten- 
berechtigtes Kind das 15. Lebensjahr vollendet 
und die Witwe dann in gleicher VersLage sich be- 
findet; gewährt wird der 8fache Monatsbetrag 
der Waisenrente (1252, 1264, 1296). Von dem 
Witwengeld entfallen 50 Mk., von der Waisen- 
aussteuer 1629 Mk. auf das Reich, der übrige Be- 
trag auf das Gemeinvermögen der VAnst (1285, 
1396). Für das Feststellungsverfahren gelten 
hier gewisse vercinfachende Besonderheiten, z. B. 
6# 1624, 1696. 
3. Heilverfahren. Die Gewährung 
eines solchen aus ihrem Sondervermögen ist für 
die Anstalten fakultativ. Es gibt 2 Arten: Das 
vorbeugende (1269 ff) bezweckt, die infolge einer 
Erkrankung drohende Invalidität eines Versicher- 
ten oder einer Mitwe abzuwenden, das wieder- 
herstellende (1305 ff), den Empfänger einer In- 
validen-, Witwen= oder Witwerrente wieder er- 
werbsfähig zu machen. In Verfolg des Heilver- 
ahrens kann, in gewissen Fällen nur mit Zustim- 
mung des Betroffenen, seine Unterbringung in 
ein Krankenhaus usw. angeordnet werden; den 
von ihm ernährten Angehörigen muß dann in 
bestimmtem Umfange ein sog. Hausgeld gewährt 
werden (1270/71, 1305). Das Heilverfahren 
bringt die VAnst in besondere Beziehungen zu 
den Krankenkassen (1521), deren Leistungen sie 
gegen Ersatz übernimmt (1518) oder denen sie die 
Fürsorge für den Kranken in dem Umfange, den 
sie für nötig hält, überträgt; in letzterem Falle 
hat sie ihnen die Mehrkosten zu erstatten (1519). 
Wer sich dem Heilverfahren ohne Grund entzieht, 
dem kann die Rente ganz oder zum Teil versagt 
oder entzogen werden (1272, 1306). Streitig- 
keiten werden nach §§ 1273, 1305, 1520 entschie- 
den. Das Heilverfahren ist auch, abgesehen von 
der dadurch herbeigeführten Minderung der finan- 
ziellen Lasten, von größter sozialpolitischer Be- 
deutung (neueste Statistik für die Jahre 1905—10 
als 1. Beiheft zu den Amtl. Nachr. RVBA von 1911). 
4. Kapitalabfindungen statt Renten 
sind nur in wenigen ausnahmsweisen Fällen zu- 
lässig. Dieselben stehen entweder mit den Vor- 
schriften über das Ruhen von Renten (vgl. oben 
#17 Nr. 4) im Zusammenhange (1316/17) oder 
beschränken sich auf Zusatzrenten (1476). Die Ab- 
findung erfolgt teils mit, teils auch ohne Zustim- 
mung des Berechtigten. Bei Zusatzrenten bildet 
schon der niedrige Betrag der Rente (nicht mehr 
als 60 Mk. fährlich) einen Abfindungsgrund; alle 
übrigen Fälle ruhen auf der besonderen Behand- 
lung der Ausländer oder des Aufenthalts im Aus- 
lande. Besonderheit des Verfahrens in # 1689. 
5. Sachleistungen statt Renten. 
Hierunter sind 3 Fälle begriffen. a) Das allge- 
meinste Anwendungsgebiet hat & 1277. Nach die- 
sem kann die Anstaltssatzung den Vorstand ermäch- 
tigen, den Rentenempfänger auf Antrag in ein 
Invaliden= oder Waisenhaus oder eine ähn- 
liche Anstalt unterzubringen und dazu die Rente 
ganz oder teilweise zu verwenden. Der Renten- 
empfänger ist auf ein Vierteljahr und mangels 
  
  
–. —— —¡ — — — — . 
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Kündigung immer auf ein weiteres verpflichtet. 
b) Beschränkt auf landwirtschaftliche Arbeiter, die 
ganz oder teilweise mit Naturalien gelohnt 
wurden, und ihre Angehörigen ist der § 1275/76. 
In bezug auf sie kann das Kommunalstatut be- 
stimmen, daß die Renten bis zu ½ in Sachen 
gewährt werden, wenn sie damit einverstanden 
sind. c) Dazu tritt dann die Umwandlung in Sach- 
leistungen gegenüber Trunksüchtigen, die in 
5#l -120/21 jetzt für alle Vers Zweige gleichmäßig ge- 
regelt ist. Sie ist für die Anstalt fakultativ und 
von der Zustimmung des Vormunds abhängig; auf 
Antrag desselben, der Gemeinde oder des Armen- 
verbandes muß sie erfolgen. In beiden letztge- 
dachten Fällen werden die Sachbezüge von der 
Wohnortsgemeinde gewährt, auf die dafür die 
entsprechende Rente übergeht. Bei Trinkern kann 
auch Aufnahme in eine Trinkerheilanstalt eintreten. 
6. Weitere Mehrleistungen. Mit 
der Heilfürsorge der VAnst steht in Verbindung 
ihre Ermächtigung, mit Genehmigung der Auf- 
sichtsbehörde Mittel aufzuwenden, um allge- 
meine Maßnahmen zur Verhütung des Ein- 
tritts vorzeitiger Invalidität oder zur Hebung der 
gesundheitlichen Verhältnisse der versicherungs- 
pflichtigen Bevölkerung zu fördern oder durchzu- 
führen (1274). Umfassendere Zwecke noch hat 
# 1400 im Auge. Er setzt voraus, daß bei einer 
Anstalt Ueberschüsse des Sondervermögens über 
die ihm gesetzlich obliegenden Leistungen hinaus 
vorhanden sind. Dann können Vorstand und 
Ausschuß mit Genehmigung des Bundesrats be- 
schließen, dieselben zum wirtschaftlichen Nutzen 
der Rentenempfänger und der Versicherten sowie 
ihrer Angehörigen zu verwenden. Die Genehmi- 
gung kann widerrufen werden, wenn keine genü- 
gend hohen Ueberschüsse mehr vorhanden sind. 
VI. Srenzbeziehungen 
#§ 20. In Betracht kommt: 
1. Schadensersatz. Im allgemeinen 
bleiben die auf Gesetz, Satzung, Vertrag oder 
letztwilliger Verfügung beruhenden Pflichten zur 
Fürsorge für die Versicherten und ihre Hinterblie- 
benen durch die RB0O unberührt (1527). Eine 
Ausnahme bilden die den letzteren nach Maßgabe 
des Privatrechts zustehenden Ansprüche auf Ersatz 
des Schadens, der ihnen durch Invalidität bezw. 
Tod ihres Ernährers erwachsen ist. Dieser Scha- 
densersatzanspruch geht in Form einer cessio legis 
auf den Vers Träger insoweit über, als dieser dem 
Entschädigungsberechtigten Leistungen zu gewäh- 
ren hat. Das ordentliche Gericht ist an die Ent- 
scheidungen der Feststellungsinstanzen über die 
Verpflichtung des Vers Trägers und ihre Höhc ge- 
bunden (1542/43). 
2. Unfallversicherung. Für das Zu- 
sammentreffen von Leistungen aus dieser mit 
solchen aus der JuV enthält die RO mehr- 
fache Bestimmungen. Besonders bedeutsam wird 
es, wenn ein entschädigungspflichtiger Unfall zu- 
gleich auch Invalidität oder den Tod des Ernährers 
im Sinne der Ju#V#herbeigeführt hat. Materiell 
soll hier die Fürsorgelast grundsätzlich von den dazu 
besonders berufenen Trägern der Unfall Verf ge- 
tragen werden; formell aber darf auch hier der 
Antrag auf Invaliden= oder Hinterbliebenenrente 
nicht abgelehnt werden. Vielmehr ist die Rente
	        
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