Jesuitengesetz — Justizbeamte
Gbetr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz-
gebiete die im Inland geltenden Gesetze für maß-
gebend erklärt worden find. Am Anschluß an 8 1
dieses Gesetzes befinden die Kaiserlichen Beamten
der Schutzgebiete über Zulassung und Auswei-
sung, auch der deutschen J. im Schutzgebiet voll-
kommen frei. Denn auch das Freizügigkeitsgesetz
mit seinem & 1, der das Aufenthaltsrecht der
Deutschen begründet, gilt nicht in den Schutz-
gebieten (Fleischmann, Kolon. Rundschau 1909
Nr. 45 und Art. Ausweisung, Freizügigkeit oben
1 S 280 ff, 854 ff). — Aber diese staatsrechtliche
Dispositionsfreiheit wird zusagegemäß in dem
Sinne ausgeübt, daß die protest. und kath. Mis-
sionare einschließlich der J. unter gleichen Be-
dingungen zugelassen werden. Nur wünscht die
deutsche Reichs Reg, daß die kath. Missionen in
den Schutzgebieten ausschließlich der Aufsicht und
Leitung deutscher kirchlicher Autoritäten unter-
stellt werden.
#5. Das Reichsgesetz v. 8. 3. 04 (REl 139)
hat den & 2 des JG. v. 1872 (oben 1 20)
aufgehoben und diese Bestimmungen mit dem
Tage der Verkündigung (10. 3.) in Kraft treten
lassen. Die J. wurden damit in Deutschland wie-
der auf den Boden des gemeinen Aufenthalts-
rechts gestellt. Für die inländischen JF. fiel die
ausnahmegesetzliche Bestimmung, daß ihnen je-
derzeit der Aufenthalt an bestimmten Bezirken
oder Orten angewiesen oder untersagt werden
dürfe, und so wurden sie bezüglich der Aufent-
haltsbeschränkungen den übrigen Deutschen wie-
der gleich. Und während die ausländischen J. nach
dem Gv. 1872 ohne weiteres aus dem Reich aus-
gewiesen werden konnten, ist jetzt ganz wie bei
den anderen Ausländern eine Reichs-, Landes-
und Ortsverweisung nur nach Maßgabe des
reichs= und landesgesetzlichen Fremdenrechts zu-
lässig, das allerdings den Behörden weitgehende
Befugnisse verleiht (UAusweisungl.
Das R6 ist durch einen Beschl des RI v. 1.2.99
veranlaßt worden, dem der Ballerdings erst nach
mehr als 5 Zahren am 8. 3. (/4 durch seine Zu-
stimmung Ciesetzeskraft verlieh, was dann zahl-
reiche kritische Bemerkungen über die staatsrecht-
liche Gültigkeit auslöste, die in Verbindung mit
der ganzen JFrage auch den R noch durch 5
Sitzungen hindurch beschäftigten (64.—68. Sit-
zung: 12.—16. April 1904: StBer 1903,.041,
2020 ff). Die gegen die Gültigkeit des Reichs-
gesetzes vorgebrachten Gründe sind indes nicht
stichhaltig. Vgl. Falck 23 ff.
#s 6. Tie Rückwirkung einer etwalgen Aufhebung des
Jefuitengesetzes auf die einzelstaatlichen Berbotegesetze.
Diese Frage hat schon eine kleine Literatur (vgl. Giese 19
(179/ und Falck). Giese läßt durch eine Aushebung des ganzen
Reichs JGesetzes mit Recht die volle bundrestaatliche Zu-
ständigkeit — naturlich im Rahmen des Reicherechts —
wieder aufleben, während Falck den Bundesstaaten
das Recht abspricht, noch neue Verbotegesetze über den
JLrden zu erlassen. Dem hat aber schon Friedberg (3 f. mR.
1909, 417) mit gutem Grund widersprochen. Jeder Staat
könnte jeden Orden ausschließen, nur nicht mehr den Jxrden,
weil sich einmal das Reich mit dieser Frage beschäftigt hätte.
Eine Begünstigung des Jrdens wäre somit der letzte
Ueberrest des Reichs JGesetzes. Man wird aber sagen mus-
sen, daß auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzes-
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nicht oder nicht mehr ausnüftt, sich die Kompetenz
der Bundesstaaten unbeschränkt entfalten kann.
Kiteratur: Cuno, Der Erwerb der jur. Perfön=
lichkeit seitens der Ordens- und ordensähnlichen Genossen-
schaften der kath. Kirche nach dem im Deutschen Reiche gel-
tenden Recht, 1908; Falck, Die Rückwirkung einer Auf-
hebung des Iesetzes auf die in den deutschen Einzelstaaten
schon früher bestandenen Berbotsgesetze über den Orden der
Gesellschaft Jesu, 1909 (auch abgedruckt in 8 f. BR. u.
Bundesstaatsrecht 4, 1 ff); Giese, Das kath. Ordenswesen
nach dem geltenden preußischen Staatskirchenrecht, 1908 (Se.
paratabdruck aus den Annalen 1908 Nr. 3—5). Bei diesen
beiden weitere Literatur; Grauer, Das kath. Ordenswesen
nach bayer. Staatskirchenrecht, 1910; Kremer-Auen-
rode, Aktensamml. zur Geschichte des Verhältnisses zwi-
schen Staat und Kirche im 19. Jahrh. Bd. 3 u. 4: Meurer,
Das kath. Ordenswesen nach dem Recht der Deutschen
Bundesstaaten, 1912: Motive z. Entw eines Gesetzes betr.
die Beschränkungen des Rechts zum Aufenthalt der J. im
Deutschen Reich, in Drucksachen des RT I. Legisl. periode,
3. Session 1872 Bd. 2 Nr. 170; der 1. u. 2. Entw Nr. 174;
StBer RI 1. Legisl. veriode III. Session 1872; St Ber 1898
bis 1900 1 S 41 ff, 560 ff; Anl. Bd. 1, 581. Mernrer.
Inden
Religionsgesellschaften
Justizbeamte
3 1. Gerichtsschreiber. # 2. Gerichtsvollzieher. 3 3. Kanz-
leikräfte. 4. Gerichtsdiener. 3 5. Gesängnisbeamte.
Das Gerichtsverfassungsgesetz gedenkt außer den
eigentlichen Rechtspflegeorganen nur der Ge-
richtsschreiber und der Gerichtsvollzieher. Neben
ihnen finden sich aber bei allen Gerichten Unter-
beamte (Gerichtsdiener, Hauswarte) und Perso-
nen, die das Schreibwerk besorgen. Ihre Rechts-
verhältnisse sind ganz dem Landesrecht überlassen
und überwiegend nur durch Verw Vorschriften ge-
regelt. Auch bei den zunächst genannten beiden
Beamtengattungen beschränkt sich das Reichsrecht
darauf, die näheren Anordnungen bei dem
Reichsgerichte dem Reichskanzler ( Justizver-
waltungj, bei den Landesgerichten der Landes-
justizuerwaltung zu übertragen (GG N 154,
155). Der & 156 BG bestimmt daun nur noch
die Fälle, in denen der Gerichtsvollzicher kraft Ge-
setzes von der Amtsausübung auggeschlossen ist,
während sie für den Richter und Gerichtsschreiber
in der 3PO (N 41 ff), StpO (§§ 22 ff) und
dem FG# (& 6) enthalten sind.
In besonderen Artikeln X Richter, Staatsan-
wälte, Rechtsanwälte, Notare.
& 1. Gerichteschreiber. a) Zuständigkeit.
Zum vollbesetzten Gerichte gehört nach alter
deutscher Anschauung neben dem Richter auch der
Gerichtsschreiber. Er führt in den mündlichen Ver-
handlungen das Protokoll. In der streitigen Ge-
richtsbarkeit bildet seine Mitwirkung ein notwen-
diges Formerfordernis außer bei rein beschließen-
den Sitzungen, die ohne Zuziehung der Parteien
stattfinden. In der freiwilligen Gerichtsbarkeit
muß er nur bei einigen besonders wichtigen Ge-
komvetenz, wenn das Reich seine Zuständigkeit noch schäften zugezogen werden (z. B. bei Testamenten,