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Justizbeamte (Gerichtsschreiber)
Erbverträgen, Verhandlungen mit Tauben und
Blinden, BG s 2233, 2276; FGG 169,
Pr. FGG a 41l Abs 2). Im übrigen stellen die
Landesrechte es dem Richter frei, in geeigneten
Fällen einen Gerichtsschreiber hinzuzuziehen, z. B.
Pr. FGG a 2. Die sonstigen Aufgaben des Ge-
richtsschreibers können hier nur angedeutet wer-
den. Er fertigt die Urteile und gerichtlichen Ver-
fügungen aus, veranlaßt Zustellungen, erteilt
Vollstreckungsklauseln und Rechzkraftzeugnisse,
nimmt Gesuche, Anträge und Beschwerden zu
Protokoll, führt die Akten und berechnet die Ko-
sten. Im Auftrage des Gerichts kann er auch
Wechselproteste, Siegelungen, Inventare, frei-
willige Versteigerungen besorgen. Besonders
wichtig sind seine Aufgaben als Grundbuchführer,
Führer der öffentlichen Register und Verwahrer
von Testamenten, Urkunden und Kostbarkeiten.
Bei größeren Amtsgerichten wird ein Gerichts-
schreiber zum Zwangsverwaltungsinspektor er-
nannt (Pro f v. 8. 12. 99 §## 5, 25, 30).
b) Die Dienstverhältnisse sind in Preu-
ßen durch das G v. 3. 3. 79 geregelt, zu dessen
Ausführung die Gerichtsschreiber O v. 17. 12. 99
(mit zahlreichen Aenderungen, zuletzt v. 15. 4. 07)
erlassen worden ist. Ihre Geschäftsverhältnisse er-
geben sich aus den Geschäftsordnungen für die
Gerichtsschreibereien der Amtsgerichte, der Land-
gerichte und der OL v. 11. 10. und v. 22. 10.
06, seitdem wieder mehrfach geändert, zuletzt am
1. April 1912. Die zur Ausbildung für das Ge-
richtsschreiberamt zugelassenen Anwärter („Justiz-
anwärter") haben einen Vorbereitungsdienst von
2 Jahren zu leisten und dann vor einer beim OL#
gebildeten Prüfungskommission die Gerichtsschrei-
berprüfung abzulegen. Der mit Erfolg geprüfte
Anwärter erhält den Titel „Aktuar“. Die Ernen-
nung erfolgt nach dem Gesetz durch den Justiz-
Min, dieser hat aber die Ernennungsbefugnis auf
die OLG Präsidenten übertragen (5§ 6 d. Gv. 3.
3. 79, A#f v. 9. 2. 08). Die Gerichtsschreiber
werden auf Lebenszeit angestellt. Ihr Gehalt
steigt nach Dienstaltersstufen, und zwar bei den
erstinstanzlichen Gerichten von 1800 bis 4500 Mk.,
bei den OLG von 2100 bis 4500 Mk. Die Gerichts-
schreiber führen den Amtstitel Sekretäre (OL-,
Landgerichts-, Amtsgerichtssekretär). Beiden Land-
gerichten und OL wird ein Obersekretär, bei den
Amtsgerichten mit mehreren Gerichtsschreibern ein
Erster Gerichtsschreiber bestellt, dem eine gewisse
Anordnungs= und Leitungsbefugnis gegenüber den
anderen mittleren und den Unterbeamten zusteht.
Neben den Gerichtsschreibern gibt es bei den
Landgerichten und Amtsgerichten Gerichtsschrei-
bergehilfen (Amtstitel „Assistenten"), für die die
besondere Gerichtsschreibergehilfenprüfung genügt.
Wer nur die Gerichtsschreibergehilfenprüfung be-
standen hat, soll zu einzelnen wichtigen Geschäften
Vollstreckungsklausel, Aufnahme von Revisions-
anträgen und weiteren Beschwerden, Grundbuch-
und Registerführung) tunlichst nicht verwendet
werden (Pr. FG#G a 131). Die Stellen der Ge-
richtsschreibergehilsen sind — mit Ausnahme der
Dolmetscherstellen — den Militäranwärtern vor-
behalten. Die aus den Militäranwärtern hervor-
gehenden Assistenten können jedoch auch noch
die Gerichtsschreiberprüfung ablegen und ge-
nießen dann im Vorbereitungsdienste besondere
Erleichterung.
Die Bureaubeamten der Staatsan walt-
schaft (Sekretär und Assistent ist hier nicht Titel,
sondern Amtsbezeichnung) gehen ebenfalls aus
den Anwärtern für das Amt als Gerichtsschreiber
(Gerichtsschreibergehilfe) hervor; jedoch fehlt es
für sie an gesetzlichen Bestimmungen.
Zu den mittleren Beamten gehören auch die
Rechnungsrevisoren und die aus den Gerichts-
schreibern hervorgehenden Kassen= und Rech-
nungsbeamten. Bei großen Amtsgerichten
können Rechnungsbeamte ganz auf Gebühren
(Rechnungsgebühren) gestellt werden (Amtstitel
„Kalkulator"). Bei jedem OL# gibt es zwei Stel-
len, die aus dem Kreise der mittleren Beamten
besetzt werden, mit denen aber der Rang der
höheren J. verbunden ist: der Rendant der Justiz-
hauptkasse (in Berlin-Mitte auch der Rendant der
Gerichtskasse) und der 1907 geschaffene Rechnungs-
direktor. Dieser hat an der Spitze des sog. Rech-
nungsamts hauptsächlich die Etats- und Kassen-
angelegenheiten zu bearbeiten, ist ständiger Ver-
treter des Kassenkurators, Mitglied der Kommission
für die Gerichtsschreiberprüfung und hat noch zahl-
reiche Angelegenheiten der Justizverwaltung, die
mit dem Rechnungswesen zusammenhängen, mehr
oder minder selbständig wahrzunehmen (GeschAnw
f. d. Rechnungsdir. v. 26. 3. 07). Er steigt im Ge-
halte bis zu 6600 Mk.
Für Bayern sind die Vorschriften über die
Dienstverhältnisse der Gerichtsschreiber enthalten
in à 59—64 des AGz. G#, 5#P 17 ff der Allerh. V
zum Vollzug dieses Gesetzes. Die Gerichtsschrei-
bereiO ist v. 22. 7. 09, die Gehalts O v. 6. 9. 08.
Eigentümlich ist in Bayern die Einrichtung, daß
die Anwärter für den höheren Justizdienst durch
die Sekretärstellung hindurchgehen können, wäh-
rend in Preußen ihnen zwar der Zugang zu der
Gerichtsschreiberstellung erleichtert ist (Kseren-
dare mit zweijähriger Ausbildungszeit sind von
der Gerichtsschreiberprüfung befreit), die Rück-
kehr in den höheren Justizdienst aber versagt wird.
In Sachsen richtet sich die Prüfung, Anstel-
lung und Beförderung der „Expeditionsbeamten“
nach der V v. 17. 3. 08. Als Vorbereitungsdienst
gilt auch der Kanzleidienst bei Justizbehörden. Es
wird im allgemeinen das Reifezeugnis verlangt.
Die Gehälter betragen bei den oberen Expedi-
tionsbeamten 4200 bis 5100 Mk., bei den Sekre-
tären 2700 bis 4200 Mk., bei Aktuaren 1800 bis
3000 Mk., bei Expedienten 1200 bis 1800 Mk.
In Sachsen erhalten bereits einige Referendare
1200 Mk. jährlich, wofür sie Gerichtsschreiberdienste
verrichten müssen, jedoch nur „soweit das etats-
mäßige Bauschquantum reicht". In Würt-
temberg regeln sich die Dienstverhältnisse
nach dem Beamten G v. 28. 6. 76 nebst Aende-
rungs G v. 1. 8. 07 und 23. 7. 10, das Prüfungs-
wesen der mittleren Beamten nach der Kgl Vüber
die niedere Justizdienstprüfung v. 31. 7. 99 mit
der sie abändernden Kgl V v. 26. 2. 11. Zu den
mittleren Beamten gehören nicht nur Expeditoren,
Gerichtsschreiber, Inspektoren und Gefängnis-
buchhalter, sondern auch die Bezirksnotare. Das
Gehaltswesen in Württemberg ist neu geregelt durch
dic in Anlage XIII des Hauptfinanzetats f. 1911/12
enthaltene Gehaltsordnung (im Regl
nicht abgedr.). Die Gehälter der Sekretäre steigen.
von 2000 bis 3400 Mk., die der Expeditoren von
2800 bis 4700 Mk. Die Bezirksnotare erhalten