Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Justizbeamte — Justizverwaltung 
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Ihre Dienstverhältnisse sind aus ##s 35 bis 45 des 
Nachtrags B v. 1. 9. 09 zu den Dienstvorschrif- 
ten f. d. Gerichtsschreibereien zu ersehen. Neben 
den Schreibbeamten gibt es Kanzleigehilfen, de- 
nen aber Beamteneigenschaft erst vom Justiz Min 
nach 2jähriger Beschäftigung und bei ausreichen- 
der Stenographiekunde verliehen wird. Zur Aus- 
hilfe werden auch „Schreibgehilfen“ eingestellt. 
Daneben gibt es Maschinenschreiberinnen, die zu- 
nächst als Kanzleigehilfen im Vertragsverhältnisse 
gelten, aber nach 5 Jahren Beamteneigenschaft 
erlangen können, wenn sie außer der Maschinen- 
schrift auch die Stenographie beherrschen und die 
Rundschrift anzuwenden verstehen. Baden kennt, 
ebenso wie Bayern, keine Schreiblöhne, sondern 
nur feste Vergütungen. Die geringste ist für die 
Kanzleigehilfen 1000 Mk., die höchste 1500 Mk., 
bei Zentralstellen 1600 Mk. Schreibbeamte be- 
ginnen mit 1200 Mk., steigen aber auf den wichti- 
geren Stellen bis zu 2600 Mk. In Braun- 
schweig gibt es zur Zeit Bogenschreiber mit 
Schreiblohn und „remunerierte Schreiber“ mit 
nicht pensionsfähigen Monatsbezügen. Bremen 
hat nur Kanzleibeamte (Kanzlisten und Kanz- 
leigehilfen) mit festem Gehalt, das zwischen 
1700 und 3400 Mk. beträgt, daneben Hilfsschrei- 
ber. Im Gegensatze dazu hat Elsaß-Loth- 
ringen überhaupt keine etatsmäßigen Kanzlei- 
beamten. 
#4. Gerichtsdiener. In Preußen sind die 
Dienstverhältnisse der Gerichtsdiener bei den Ge- 
richten und Staatsanwaltschaften durch die Dienst- 
ordnung für Gerichtsdiener v. 21. 12. 99 geregelt. 
Ihre Aufgabe besteht im Sitzungsdienst, Abtragen 
der Akten, Verkehr mit der Post, Mitwirkung bei 
den Zustellungen von Amts wegen (A#f v. 1. 2. 
10, mehrfach geändert, zuletzt am 19. 8. 11), 
Verhaftungen, Vorführungen, Durchsuchungen, 
Behändigungen und dgl. Sie können als „Hilfs- 
gerichtsvollzieher“ für die Erledigung amtlicher 
Aufträge bestellt, aber auch mit der Verwaltung 
einer Gerichtsvollzieberstelle betraut werden. Ihre 
Stellen sind den Militäranwärtern vorbehalten. 
Eine Prüfung findet nicht statt, sondern nur eine 
Probedienstzeit von 3 bis 6 Monaten. Sie wer- 
den vom OL# Präsidenten, bei der Staatsanwalt- 
schaft durch den Oberstaatsanwalt auf Lebenszeit 
gegen festes Gehalt angestellt (1200 bis 1700 Mk., 
dazu Wohnungsgeldzuschuß, und wenn zugleich 
Gefangenenaufseher größerer Gefängnisse, eine 
Stellenzulage bis 200 Mk.). Sie können auch ge- 
gen Diäten auf Kündigung angenommen werden. 
Bei den OL6, Landgerichten und dem Amts- 
gericht Berlin-Mitte werden „Erste Gerichts- 
diener“ bestellt (150 Mk. Stellenzulage). Bei 
größeren Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften 
können Gerichtsdiener widerruflich mit Wahr- 
nehmung der Geschäfte eines Ersten Gerichts- 
dieners beauftragt werden. Beiden Arten von 
Ersten Gerichtsdienern kann der Titel „Boten- 
meister“ verliehen werden. Bayern hat für 
den unteren Dienst bei den Amtsgerichten „Amts- 
gerichtsdiener“ und „Gefängniswärter", bei den 
Landgerichten, OLG# und dem Obersten Landes- 
gericht „Gerichtsboten“ (§ 23 d. Kgl V v. 23. 2. 
79 in der Fassung der Kgl V v. 16. 12. 08, JMin Bl 
330). Württemberg hat nur Unterbeamte 
auf Kündigung (Bohn 175), nämlich bei den Land- 
gerichten „Aufwärter", bei den Amtsgerichten 
  
  
„Amtsgerichtsdiener“ mit Gefängnisdienst, in Ulm 
und Stuttgart jedoch ohne diesen. 
Für Sachsen richtet sich die Stellung der 
Gerichtsdiener nach den F 13—19 Gesch O für 
die Sächs. Justizbehörden (in Kraft seit dem 1. 1.03 
aber mit zahlreichen Aenderungen). In Baden 
beziehen die Diener 1200 bis 1700 Mk., auf wich- 
tigeren Stellen 1300 bis 1900 Mk. Gehalt. In 
Braunschweig bestehen für die Unterbeamten 
keine Sondervorschriften. In Mecklen burg 
müssen die Gerichtsdiener eine Prüfung, die mitt- 
lere der drei für Militäranwärter vorgesehenen. 
Prüfungen, abgelegt haben. In Elsaß-Loth- 
ringen gibt es etatsmäßige Kanzleidiener bei 
den Kollegialgerichten und einigen größeren Amts- 
gerichten. Bei den übrigen Amtsgerichten besorgt 
der Gefängnisaufseher zugleich die Gerichtsdiener- 
geschäfte. 
5. Gefängnuisbeamte. Die Gefängnisbeam- 
ten sind in Preußen im allgemeinen im Nebenamte 
tätig: Erster Staatsanwalt, Amtsrichter als Vor- 
steher; ein Gerichtsschreiber als Inspektor; bei 
kleinen Gefängnissen ein Gerichtsdiener als Ge- 
fangenenaufseher. Es gibt aber hauptamtliche Ge- 
fängnisbeamte: Gefangenenaufseher und Oberauf- 
seher (auch Aufseherinnen und Oberaufseherinnen) 
als Unterbeamte, Gefängnisinspektoren mit dem 
Range der Gerichtsschreiber, Inspektionsassisten- 
ten mit dem Range der Gerichtsschreibergehilfen, 
enndlich bei den sog. „besonderen Gefängnissen“, 
d. h. Gefängnissen mit eigenen Etatsfonds, auch 
hauptamtliche Vorsteher (Direktoren) mit dem 
Range der 5. Klasse der höheren Beamten. Im 
Range gleich stehen die im Hauptamt angestell- 
ten Gefängnisgeistlichen (J Gefängniswesenl. 
Literatur: Preußen: Jahrbuch der pr. Gerichts- 
verfassung, 20. Jahrg., 1910; Müller, Justizverwaltung, 
2 Bände, ?7 1910; Schönfeld, Der preuß. Gerichtsvoll- 
zieher', 1900. Bayern: Henle, DJ8 1911 S 368. Würt- 
temberg: Bohn, Die württ. Justizverwaltung. Baden: 
Beamtengesetz mit Gehalteordnung, Wohnungsgeld-, Reise- 
kosten= und Etatgesetz sowie Vollzugsverordnungen, 1909, 
Dienstvorschriften für die Gerichtsvollzicher, Amtliche Aus- 
gabe, 1910. 3 f. deutsche Justizsekretäre mit Sonderbeilage 
f. Preußen; Bureaublatt für gerichtliche Beamte: Deutsche 
Gerichtsvollzieherzeitung. Sim#con. 
Justizverwaltung 
5 1. Begriff und Allgemeines. 3 2. Behörden. (A. Reichs- 
behörden. B. Landesbehörden.) 1 3. Gegenstände. 
5 1. Begriff und Allgemeines. Die J. begreift 
die sämtlichen nicht zur Ausübung der Rechts- 
pflege gehörenden Geschäfte der Justizbehörden. 
Da die Rechtspflege auf der richterlichen Gewalt 
beruht, ist es sonach ein Kennzeichen der zur J. 
gehörenden Geschäfte, daß sie sich nicht als Aus- 
fluß der staatlichen Gerichtsgewalt darstellen. 
Von „Justizverwaltung in einem weiteren Sinne“ 
zu sprechen, der die gesamte staatliche Rechts- 
pflegetätigkeit mit Einschluß der Rechtsprechung 
umfaßt (so v. Risch in der 1. Aufl.), erscheint nicht 
zulässig, da die Rechtsprechung neben der Verw- 
Tätigkeit und der Gesetzgebung ein selbständiges
	        
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