Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Justizverwaltung 
  
erichtspräsidenten (in Berlin-Mitte jedoch dem 
Emtsgerichtspräsidenten, G v. 10. 4. 92), die 
Dienstaufsicht über die mittleren und unteren 
Beamten dagegen dem Aufsichtsrichter zu. Auf- 
sichtsrichter ist bei den mit nur einem Richter 
besetzten Amtsgerichten dieser Richter, bei Amts- 
gerichten mit mehreren Richtern ein Richter, dem 
der Justiz Min die Dienstaufsicht über die nicht- 
richterlichen Beamten übertragen hat. Ist die 
Zahl der Richter höher als 15, so kann die Dienst- 
aufsicht zwischen ihnen geteilt werden (GVG §522, 
Pr. AG z. GBG 5 79). Die Dienstaufsicht über 
die Notare (#| haben der JMin, der Präsident des 
Obc— und der Landgerichtspräsident; dieser über 
alle Notare, die ihren Amtssitz in dem Land- 
gerichtsbezirke haben, ohne Rücksicht darauf, bei 
welchem Gerichte sie als Anwalt zugelassen sind 
(Pr. FG## a 91). Gefängnisbeamte werden hin- 
sichtlich der Dienstaufsicht wie Staatsanwalt= 
schaftsbeamte, wenn aber ein Amtsrichter Vor- 
steher des Gefängnisses ist, wie Gerichtsbeamte 
behandelt. Vgl. dazu für Bayern AGz. GV## 
à 68—70 (im allgemeinen wie Preußen; beim 
obersten Landesgericht ist Aufsichtsbeamter für 
dieses Gericht dessen Präsident; die Präsidenten 
der bayr. Kollegialgerichte sollen in wichtigen 
Ausfsichtssachen einen Beschluß des Präsidiums 
Gerichtsverfassung) herbeiführen). Aehnlich 
für Hessen (a 33—35 des Al□# z. GV). 
Abweichungen von der dargestellten Ordnung 
der Aussichtsbehörden finden sich in den Ausfüh- 
rungsgesetzen von Sachsen (Aussicht durch das 
OL. & 9), Württemberg (ebenso, ferner 
Aufsicht der Landgerichte über die Amtsgerichte, 
des Justiz Min über alle Gerichte, a 23) und 
Baden (ähnlich wie Württ., aber die land- 
gerichtliche Dienstaufsicht über die Amtsgerichte 
nur nach näherer Anordnung des Justiz Min), 
während in Elsaß---Lothringen das AG 
über J. und Dienstaufsicht nichts bestimmt. 
Die Geschäftsverteilung bei den Kollegialge- 
  
  
richten (Zuteilung der Geschäfte an die einzelnen 
Kammern oder Senate sowie Bestimmung der 
Mitglieder) erfolgt vor Beginn jedes Geschäfts- 
jahres durch das Präsidium, de. i. Präsident, 
Direktoren (Senatspräsidenten) und ältestes Mit- 
glied, beim OL-# die beiden, beim Rcichsgericht 
die 4 ältesten Mitglieder (I§ 62, 63, 121, 133 
GVG). 
3. Gegenstände der Justizverwaltung. 
1. In Preußen liegt im Aufsichts- 
rechte die Befugnis, Richtern und Notaren 
gegenüber die ordnungswidrige Ausführung eines 
Amtsgeschäfts zu rügen und zu dessen rechtzeitiger 
und sachgemäßer Erledigung zu ermahnen, nicht- 
richterlichen Beamten gegenüber auch, die Erledi- 
gung durch Ordnungsstrafen bis zum Gesamtbe- 
trage von 100 Mk. zu erzwingen (A# z. GVG 
§## 80 Abs 2, 85; § 23 des G betr. Abändcrung der 
Disziplinare# v. H. 4. 79, Pr. F(VG a 93 Abfs 2). 
Aehnlich die anderen Bundesstaaten, abweichend 
jedoch Bayern (a 71 f Aß6 z. GVG). Hier 
soll die Aufsichtsinstanz eine nicht offenbar un- 
begründete Beschwerde über Geschäftsverzöge- 
rung dem beteiligten Richter zur Abhilfe oder 
Anzeige der Hindernisse bekannt geben und sie 
kann damit die Androhung einer Zwangsstrafe 
bis zu 100 Mk. verbinden, die nötigenfalls vom 
Justiz Min oder, wenn sie vom Gerichtsvorstand 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. II. 
angedroht war, durch das „Präsidium“ — s. oben 
#d2 — festgesetzt wird. 
2. Zum Aufsichtsrechte gehört auch die Befug- 
nis, von der Geschäftsführung Kenntnis zu neh- 
men, Auskünfte, Berichte, Geschäftsübersichten 
und andere statistische Zusammenstellungen zu 
erfordern, ferner Geschäftsrevisionen vorzuneh- 
men. Dagegen ist es den Aufsichtsbeamten reichs- 
gesetzlich verboten, bei der Beratung und Ab- 
stimmung der Kollegialgerichte zugegen zu sein, 
oweit sie nicht selbst dabei als Richter mitwirken 
(GVG 8 1595). 
3. Die Organe der J. haben alle den Bereich 
dieser Verwaltung betreffenden Beschwer- 
den zu erledigen, auch soweit sie nicht den Ge- 
schäftsbetrieb betreffen. Auszuscheiden sind aber 
dabei die an den Justiz Min gehenden Beschwerden 
in solchen Angelegenheiten, für die die OL# in 
erster Instanz zuständig sind (X Gerichtsverfassung 
S. 202, 204), z. B. Angelegenheiten der Standes- 
herren, Fideikommiß= und Lehenssachen (Nl. Denn 
hier entscheidet der Justiz Min als richterliches 
Organ in Rechtssachen, ähnlich wie bei der ihm 
obliegenden Bestimmung über Gerichtsstand, 
Stiftungsaufsicht und dgl. 
4. Das Anstellungswesen (Personalsachen), die 
Beschaffung von Dienstgebäuden und Amtsräu- 
men, Bureaubedarf, Büchereien, Einrichtung der 
Gefängnisse usw. ist oben §& 1 berührt. 
5. Erwähnt wurde ferner die Handhabung der 
Gebühren= und Stempelgesetze, ins- 
besondere der Ansatz und die Erhebung der Ge- 
richtskosten (JI. Die Entscheidung über Erinne- 
rungen und Beschwerden in Gerichts-Kostensachen 
ist Verw Tätigkeit, auch soweit sie — nach der in 
Preußen neuerdings erfolgten Abspaltung der 
Stempelbeschwerden noch den Gerichten 
obliegt. 
6. Zur J. gehört auch die Strafvoll- 
streckung. Sie liegt grundsätzlich der Staats 
anwaltschaft (nicht auch den Amtsanwälten) ob, 
kann aber für die zur Zuständigkeit der Schöffen- 
gerichte gehörenden Sachen durch die Landes J. 
den Amtsrichtern übertragen werden (St###O 
g 483). 
7. Ueber das Verfahren in Gnadensachen 
einschließlich des bedingten Straferlasses Be- 
gnadigung oben Band Il S 3s81, 385. 
8. Die Vorbereitung und Ausarbeitung der 
Gesetzentwürfe sowie deren parlamen- 
tarische Vertretung gehört zur J., soweit der 
Gesetzesstoff deren Bereich angehört. Innerhalb 
der verfassungsmäßigen Zuständigkeit der Rceichs- 
gesetzgebung wird diese Tätigkeit jetzt überwiec- 
gend vom Reichsiustizamte geübt, während An- 
träge der Bundesstaaten beim Bundesrate seltener 
geworden sind. Bei der Vorbereitung der Ge- 
setzesvorschläge, ebenso aber auch der im Verw- 
Wege zu treffenden allgemeinen Anordnungen 
(zu 9) können die Aussichtsbehörden gutachtliche 
Acußerungen von allen Gerichten und Staats- 
anwaltschaften (nicht nur von den eigentlichen 
Organen der JI.) erfordern, vgl. z. B. preuß. AG 
z. GVG 8 4, bayr. AG z. GVGa 75. Auch dem 
Reichsgerichte weist § 3 der Gesch O für das RG 
die Aufgabe zu, auf Erfordern der Reichs F. der- 
artige Gutachten zu erstatten. 
9. Die Ausführung der Reichs- 
und Landesgesetze im Bereiche der 
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