Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Justizverwaltung — Kabinett 
  
Rechtspflege und der J. ist regelmäßig durch diese 
Bechtepflege den obersten Organen der J. über- 
tragen. Im Reiche wird teils der RK mit der 
Ausführung der Gesetze beauftragt, teils wird 
diese Ausführung den Landes J. übertragen (das 
bekannteste Beispiel ist die Grundbuchordnung). 
Aber auch ohne besondere Ermächtigung würde 
im Reiche der BR'(RV à. 7 Nr. 2), in den Einzel- 
staaten die Zentralbehörde im Zweifel zur Er- 
lassung der erforderlichen Ausführungsbestimmun- 
en im Wege der Verw Verordnung befugt sein. 
ur zum Erlaß von Rechtsverordnungen wird ge- 
setzliche Delegation zu fordern sein. Die allgemein 
geltenden Anordnungen der Zentralbehörde wer- 
den gewöhnlich als Allgemeine Verfügungen be- 
zeichnet, größere Erlasse dieser Art führen Sonder- 
bezeichnungen, wie Geschäftsordnung, Kanzlei- 
ordnung, Kassenordnung, Etatsvorschriften usw. 
Zur Ausführung der Gesetze gehört auch die 
Schaffung der gesetzlich vorgesehenen Behörden- 
organisationen, die Abgrenzung der Gerichts- 
bezirke, die jedoch für die Amtsgerichte in Preußen 
erstmalig durch eine V bestimmt waren, die jetzt 
nur noch durch Gesetz abgeändert werden kann, 
(Kgl. V v. 26. Juli 1878 und 5. Juli 1879 Pr 
Ac GV# FN 21, 37); ferner die Bildung der 
einzelnen Gerichtsabteilungen, Kammern und 
Senate sowie die Zuweisung der Richter an diese 
und die Verteilung der Geschäfte durch den im 
voraus aufzustellenden Geschäftsplan, darüber 
Gerichtsverfassung. 
Literatur: v. Risch, UArt. J. in der 1. Aufl. dieses 
Wörterb.; Vierhaus, Gerichtsbarkeit und Verwpo- 
heit, VerwArch 11, 222; Müller, Die preußische J., 
2 Bände 1910; Jahrb. der pr. Gerichtsverfassung, bearb. 
im I#n, 29. Jahrg. 1910; Bohn, Die württemb. J.; 
Kritisches in den Verhandl. des deutschen Richtertages; 
ferner bei Gerichtsverfassung und Rechtsweg. Eiméon. 
Kabinett 
!& 2. Begriff und rechtliche Stel- 
* 3. Organisation und Funktionen. 
#ê 1. Geschichtliches. 
lung. 
7! 1. Geschichtliches. Seit der ersten Hälfte des 17. Jahr- 
hunderts begann man auch in Deutschland, nach ausländi- 
schem Muster, die Räumlichkeit, wo der Landeeherr ihn selbst 
oder das Land betrefsende Angelegenheiten außerhalb der 
Sitzungen des Geheimenratskollegiums zu erledigen pflegte, 
als „Kabinett“ zu bezeichnen. Gewöhnlich wurde er hier 
in seiner Tätigkeit durch einige vertraute Räte — K. Räte — 
unterstutnzt. Mit der Entstehung der modernen Ministerien (71 
gestaltete sich das Verhältnis des K. zu denselben verschieden. 
In Preußen erlangten die K. Räte unter Friedrich Wilhelm II. 
und Friedrich Wilhelm III. den maßgebendsten Einfluß auf 
die Staatsgeschäfte als tatsächliche Mittelstelle zwischen den 
Zentralbehörden und dem Konige. Bei der durchgreifenden 
Umbildung der obersten Staatsbehörden im Jahre 1810 
wurde das K. in eine organische Verbindung mit dem Amte 
deo leitenden Ministers, des Staatskanzlers, gebracht. Der 
Wenafall des Staatskanzleramts (1822) bewirkte, daß sortan 
mehrere Staats Min als K#.Min bei dem Könige Vortrag 
erhielten. Als mit Einführung der konstitutionellen Crd- 
  
nung und der dadurch begründeten Min Verantwortlichkeit 
allen Ministern der Vortrag bei dem Konige eröffnet wurde, 
mußte die bisherige Stellung des K. wesentlich modifizier!, 
seine Bedeutung sehr verringert werden. Eine ähnliche 
Umgestaltung ist auch in den anderen deutschen Staaten 
als natürliche Folge des Konstitutionalismus eingetreten, 
wenngleich das K. nicht selten tatsächlich auch in dem kon- 
stitutionellen Staatswesen einen erheblichen politischen Ein 
fluß ausgeübt hat. Eigentümlich und vom konstitutionellen 
Standpunkt nicht unbedenklich hat sich die Stellung des 
preußischen MilitärK. und des von diesem abgezweigten 
kaiserlichen Marine K. gestaltet (unten 3 3 1). 
# 2. Begriff und rechtliche Stellung. Das K. 
ist dazu bestimmt, den Landesherrn in der Aus- 
übung seiner persönlichen Regätigkeit zu unter- 
stützen. Die Hilfsfunktionen des K. beschränken 
sich nicht auf die formelle Erledigung, sondern 
erstrecken sich auch auf die materielle Vorbereitung 
der Entschließungen des Monarchen. Auch für 
private Angelegenheiten des Landesherrn, ins- 
besondere für seine Privatkorrespondenz, pflegt 
es verwendet zu werden. Es untersteht dem Lan- 
desherrn unmittelbar und ist durchaus von seinen 
Aufträgen und Instruktionen abhängig. Die Teil- 
nahme des K. an den Staatsgeschäften findet eine 
rechtliche Grenze in der Befugnis und Pflicht der 
Minister, den Landesherrn zu beraten, sowie in 
der durch das Erfordernis der Gegenzeichnung 
gesicherten Verantwortlichkeit derselben für die 
Reg Akte des Landesherrn. In Preußen, im Kö- 
nigreich Sachsen und in Baden ist das K. eine 
Staatsbehörde; anders in Bayern, in Württem- 
berg und in Hessen (vgl. § 3). 
3. Organisation und Funktionen. 
I. In Preußen zerfällt das Geheime K. des 
Königs nach der V v. 27. 10. 1810 in zwei Ab- 
teilungen, eine für Hof- und Zivilsachen, eine für 
Militärsachen; jedoch beschränkt sich die Zuständig- 
keit der ersten Abteilung seit Errichtung des Min 
des Kgl Hauses auf Zivilsachen, und neuerdings. 
ist von dem Militär K. durch Kaiserl. Ordres v. 
28. und v. 30. 3. 89 ein Marine K. für Marineange- 
legenheiten abgezweigt worden. An der Spitze 
des Zivilkabinetts steht ein „Geheimer 
Kabinettsrat“; derselbe hat insbesondere in den 
sog. Gnadensachen (vor allem Begnadigungen in 
Strafsachen) dem Könige Vortrag zu halten. 
Durch das Zivil K. gehen die, allerdings in der 
Regel mit einem Entwurf der zu erlassenden 
Ordre versehenen, Berichte der Minister sowie 
die Immediatberichte anderer Behörden an den 
König. Die Militärsachen, welche an den König 
persönlich eingehen, werden von dem aus Militär- 
personen gebildeten Militärkabinett, dem 
ein Chef vorsteht, bearbeitet und vorgetragen. Die 
Aufgabe des Militär K. ist eine um so bedeutendere, 
als nach der Allerh. Kab O v. 18. 1. 61 alle Armee- 
befehle (J] sowie Ordres in Militärdienstsachen 
oder Personal-Angelegenheiten ohne Gegenzeich- 
nung eines Ministers (/1 expediert werden sollen, 
und als durch Kab O v. 8. 3. 83 ausdrücklich die 
Geschäfte der (nominell auf dem Etat des Kriegs- 
Min verbliebenen) Abteilung für persönliche An- 
gelegenheiten im Kriegs Min auf das in seinem 
Personalbestande mit derselben zusammenfallende 
MilitärK. übertragen sind. Das Zivil= wie das 
Militär K. fungiert auch in Reichsangelegenheiten. 
Dem Chef des neu errichteten Kaiserlichen Ma- 
rinekabinetts ist die Bearbeitung der An- 
gelegenheiten der Kriegsmarine [/) und der Vor- 
  
trag in denselben in dem gleichen Umfang, wie diese
	        
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