Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Kabinett — Kaiser 
483 
  
Funktionen dem Chef des Militär K. für die Armee- 
angelegenheiten zustehen, überwiesen. 
II. In Bayern hat, nachdem durch das G 
v. 4. 6. 48 der Geschäftskreis und die Verant- 
wortlichkeit der Minister in konstitutionellem 
Sinne geregelt worden waren, die V v. 15. 11. 48 
das Kal „Rabinettssekretariat“ „für alle Ange- 
legenheiten, welche nicht unmittelbar zu Unserer 
(des Königs) Privatdisposition belangen“, als auf- 
gehoben erklärt. Dadurch wurde allerdings dem 
K. Sekretariat die Eigenschaft einer Staatsbehörde 
entzogen, aber nicht dessen interne Verwendung 
für Staatsangelegenheiten, inebesondere auch für 
den (in Bayern regelmäßig schriftlichen) Verkehr 
des Königs mit den Ministern beseitigt. Durch 
Handschreiben des Prinzregenten v. 29. 7. 86 
ist, unter Aufhebung des K. Sekretariats, die Be- 
sorgung der erforderlichen Kanzleigeschäfte der 
„Geheimkanzlei“ übertragen; darin liegt aber nur 
eine Aenderung des Namens, nicht der Sache. 
III. Im Königreich Sachsen ist durch die 
Vv. 7. 11. 31, welche auf Grund der VU. 4. H. 31 
die Ministerialdepartements einrichtete, die Kgl 
„Kabinettskanzlei“ zur Entgegennahme der (ge- 
mäß #& 36 Abs 3 Vll) unmittelbar an den König 
gerichteten Wünsche und Beschwerden der Unter- 
tanen bestellt worden. Dieselbe ist mit dem Min 
des Kal Hauses verbunden, aber ohne daß diesem 
eine Einwirkung auf ihre Geschäfte zukäme. 
IV. In Württemberg hat das „Geheime 
Kabinett“ des Königs die von den Landesbehör- 
den und den Hofstellen an den König gerichteten 
Anbringen sowie unmittelbare Eingaben von 
Privatpersonen dem Könige vorzulegen und die 
Kal Entschließungen, sofern diese nicht in den Sit- 
zungen des Staats Min getroffen oder auf schrift- 
liche Anträge eines Staats Min vom Könige eigen- 
händig beigefügt werden, auszufertigen; auch 
ist die Kgl Entschließung, sofern dieselbe nicht 
von einem Minister kontrasigniert wird, von dem 
K. Sekretär gegenzuzeichnen. Durch die Kgl V 
v. 13. 3. 50 sind aber die Kosten des K. auf die 
Zivilliste übernommen. Die Beamten des K. 
sind nicht Staatsbeamte, sondern Hofbeamte. 
V. In Baden hat das „Geheime Kabinett" 
alle an den Großherzog unmittelbar gerichteten 
Eingaben, soweit dieselben nicht zum Geschäfts- 
kreise von Hofstellen gehören oder reine Unter- 
stützungssachen sind, zu erledigen, sowie die landes- 
herrlichen Befehle in Sachen der Staatsverwal- 
tung, innerhalb der durch die verfassungsmäßige 
Mitwirkung der Min gegebenen Grenzen, auszu- 
fertigen; auch kommt ihm die Besorgung der Ge- 
schäfte des Ordenssekretariats zu. Der Vorstand 
des K. und die in diesem angestellten Subalternen 
sind Staatsbeamte. 
VI. Im Großherzogtum Hessen dient die 
„Kabinettsdirektion“ zur Erledigung der von dem 
Landesherrn persönlich vorzunehmenden Staats- 
akte, soweit diese nicht durch Vermittelung der 
Ministerien erfolgt, und mit Ausnahme der Mi- 
litärangelegenheiten, in welchen die General= 
adjutantur als Hilfsorgan sungiert. Die K. Direk- 
tion ist keine Staatsbehörde, sondern Hofbehörde; 
jedoch werden ihre Kosten aus der Staatskasse 
bestritten. 
Literatur: Malchus, Verw Politik, 1823, 1, 27 ff; 
Stoelzel, Brandenburg. Prcußens Rechtsverwaltung 
  
  
  
— — —— — — — 
recht d. Großherzogtums Vaden, 1900, 
  
und Rechtsversassung, passlm. besonders 1, 14—15 und 
2, 339 ff; Hüffer, Die K. Regierung in Preußen, 1891, 
bes. Beilage XXIX (Das K. seit dem Tode Hardenbergs); 
Bornhak, Geschichte des preuß. BerwRechts, 1884 ff, 2, 
S##-, 185—186, 308—309; 3 Soé, 101, 106; 6. v. 
Schulze, Preuß. Staatsrecht" 1, 285—28060; Born- 
hak“ 2. 422—424: Rönne-Zorn 1, 257—259; 
Schwarz und Strut, Der Staatshaushalt und die 
Finanzen Preußens, 2, 1003, 1514 ff; Graf Hue de 
Grais, H der Gesetzgebung in Preußen und dem 
Deutschen Reich, 1003, 175; Meyer-Courbierc, 
Grundzüge der deutschen Militärverwaltung, 1908, 22—23 
und 80; Marschall von Bieberstein, Verant- 
wortlichkeit und Gegenzeichnung der Anordnungen des 
obersten Kriegsherrn, 1911, bes. S 145 bis 166; Sey- 
del: 2, 301 Anm. 1; Opit, Staatsrecht d. Kgr. Sachsen, 
1884 ff 1, 174; v. Sarwey, Staatsrecht d. aAgr. Würt- 
temberg, 1883 1, 86—87, 118; 2, 120 Anm. 1: Göz, 
Staatsrecht d. Kar. Württemberg, 1908, 77; Walz, Staats- 
106; Gareis, 
Staatsrecht d. Großh. Hessen, 1884 61, 64, 70; Beller, 
HB der Verfassung und Verwaltung des Großherzogtums 
Hessen, 1885, 1, 20 Anm. 1; Küchler, Berf und Verw R 
d. Grosth. Hessen: 94 1 176. Brie. 
Kaiser 
31. Staatsrechtliche Natur des Kaisertums. 1 2. Träger 
der kaiserlichen Rechte. # 3. Inhalt der kaiserlichen Rechte. 
## 1. Die staatsrechtliche Natur des Kaiser- 
tums. In der Verfassung des Norddeutschen Bun- 
des wurden diejenigen Rechte, welche jetzt kaiser- 
liche sind, teils dem „Präsidium'“, teils dem „Bun- 
desfeldherrn“, teils schlechthin dem „Könige von 
Preußen“ zugeschrieben. Das norddeutsche Ste B 
führte für den Träger dieser Rechte die Bezeich- 
nung „Bundesoberhaupt“ ein; bei der Gründung 
des Deutschen Reichs ist auf Anregung des Königs 
von Bayern die Wiederherstellung des K.Titels 
beschlossen worden. R# a 11 Abs 1 lautet: „Das 
Präsidium des Bundes steht dem Könige von 
Preußen zu, welcher den Namen deutscher Kaiser 
führt.“ Der Begriff des Bundespräsidiums ist 
durch die Verknüpfung desselben mit dem K Titel 
nicht verändert worden. Aus den geschichtlichen 
Vorgängen, welche zur Wiedererrichtung des 
K. Titels führten, aus den Motiven und Erklä- 
rungen, mit denen die Vorlage der jetzigen Ver- 
fassungsredaktion und deren Beratung begleitet 
wurde, und namentlich aus den angeführten 
Worten der Reichsverfassung selbst, ergibt sich mit 
unzweifelhafter Gewißheit, daß das Kaisertum 
vollkommen identisch ist mit dem Bundespräsi- 
dium und daß es, abgesehen von dem Titel und den 
demselben entsprechenden Insignien, keine Rechte 
enthält als die Präsidialrechte. Zur Feststellung 
der staatsrechtlichen Natur des Kaisertums dienen 
zunächst zwei Sätze negativen Inhalts. Der K. 
ist nicht Monarch (Souverän) des Reichs; die 
Reichsgewalt steht nicht ihm, sondern der Gesamt- 
heit der deutschen Bundesfürsten und freien Städte 
zu; wo er für das Reich Willenserklärungen ab- 
gibt oder Handlungen vornimmt, handelt er nicht 
im eigenen Namen, sondern im Namen des Reichs; 
wo dem Reichstage gegenüber das Subjekt der 
31*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.