Kabinett — Kaiser
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Funktionen dem Chef des Militär K. für die Armee-
angelegenheiten zustehen, überwiesen.
II. In Bayern hat, nachdem durch das G
v. 4. 6. 48 der Geschäftskreis und die Verant-
wortlichkeit der Minister in konstitutionellem
Sinne geregelt worden waren, die V v. 15. 11. 48
das Kal „Rabinettssekretariat“ „für alle Ange-
legenheiten, welche nicht unmittelbar zu Unserer
(des Königs) Privatdisposition belangen“, als auf-
gehoben erklärt. Dadurch wurde allerdings dem
K. Sekretariat die Eigenschaft einer Staatsbehörde
entzogen, aber nicht dessen interne Verwendung
für Staatsangelegenheiten, inebesondere auch für
den (in Bayern regelmäßig schriftlichen) Verkehr
des Königs mit den Ministern beseitigt. Durch
Handschreiben des Prinzregenten v. 29. 7. 86
ist, unter Aufhebung des K. Sekretariats, die Be-
sorgung der erforderlichen Kanzleigeschäfte der
„Geheimkanzlei“ übertragen; darin liegt aber nur
eine Aenderung des Namens, nicht der Sache.
III. Im Königreich Sachsen ist durch die
Vv. 7. 11. 31, welche auf Grund der VU. 4. H. 31
die Ministerialdepartements einrichtete, die Kgl
„Kabinettskanzlei“ zur Entgegennahme der (ge-
mäß #& 36 Abs 3 Vll) unmittelbar an den König
gerichteten Wünsche und Beschwerden der Unter-
tanen bestellt worden. Dieselbe ist mit dem Min
des Kal Hauses verbunden, aber ohne daß diesem
eine Einwirkung auf ihre Geschäfte zukäme.
IV. In Württemberg hat das „Geheime
Kabinett“ des Königs die von den Landesbehör-
den und den Hofstellen an den König gerichteten
Anbringen sowie unmittelbare Eingaben von
Privatpersonen dem Könige vorzulegen und die
Kal Entschließungen, sofern diese nicht in den Sit-
zungen des Staats Min getroffen oder auf schrift-
liche Anträge eines Staats Min vom Könige eigen-
händig beigefügt werden, auszufertigen; auch
ist die Kgl Entschließung, sofern dieselbe nicht
von einem Minister kontrasigniert wird, von dem
K. Sekretär gegenzuzeichnen. Durch die Kgl V
v. 13. 3. 50 sind aber die Kosten des K. auf die
Zivilliste übernommen. Die Beamten des K.
sind nicht Staatsbeamte, sondern Hofbeamte.
V. In Baden hat das „Geheime Kabinett"
alle an den Großherzog unmittelbar gerichteten
Eingaben, soweit dieselben nicht zum Geschäfts-
kreise von Hofstellen gehören oder reine Unter-
stützungssachen sind, zu erledigen, sowie die landes-
herrlichen Befehle in Sachen der Staatsverwal-
tung, innerhalb der durch die verfassungsmäßige
Mitwirkung der Min gegebenen Grenzen, auszu-
fertigen; auch kommt ihm die Besorgung der Ge-
schäfte des Ordenssekretariats zu. Der Vorstand
des K. und die in diesem angestellten Subalternen
sind Staatsbeamte.
VI. Im Großherzogtum Hessen dient die
„Kabinettsdirektion“ zur Erledigung der von dem
Landesherrn persönlich vorzunehmenden Staats-
akte, soweit diese nicht durch Vermittelung der
Ministerien erfolgt, und mit Ausnahme der Mi-
litärangelegenheiten, in welchen die General=
adjutantur als Hilfsorgan sungiert. Die K. Direk-
tion ist keine Staatsbehörde, sondern Hofbehörde;
jedoch werden ihre Kosten aus der Staatskasse
bestritten.
Literatur: Malchus, Verw Politik, 1823, 1, 27 ff;
Stoelzel, Brandenburg. Prcußens Rechtsverwaltung
— — —— — — —
recht d. Großherzogtums Vaden, 1900,
und Rechtsversassung, passlm. besonders 1, 14—15 und
2, 339 ff; Hüffer, Die K. Regierung in Preußen, 1891,
bes. Beilage XXIX (Das K. seit dem Tode Hardenbergs);
Bornhak, Geschichte des preuß. BerwRechts, 1884 ff, 2,
S##-, 185—186, 308—309; 3 Soé, 101, 106; 6. v.
Schulze, Preuß. Staatsrecht" 1, 285—28060; Born-
hak“ 2. 422—424: Rönne-Zorn 1, 257—259;
Schwarz und Strut, Der Staatshaushalt und die
Finanzen Preußens, 2, 1003, 1514 ff; Graf Hue de
Grais, H der Gesetzgebung in Preußen und dem
Deutschen Reich, 1003, 175; Meyer-Courbierc,
Grundzüge der deutschen Militärverwaltung, 1908, 22—23
und 80; Marschall von Bieberstein, Verant-
wortlichkeit und Gegenzeichnung der Anordnungen des
obersten Kriegsherrn, 1911, bes. S 145 bis 166; Sey-
del: 2, 301 Anm. 1; Opit, Staatsrecht d. Kgr. Sachsen,
1884 ff 1, 174; v. Sarwey, Staatsrecht d. aAgr. Würt-
temberg, 1883 1, 86—87, 118; 2, 120 Anm. 1: Göz,
Staatsrecht d. Kar. Württemberg, 1908, 77; Walz, Staats-
106; Gareis,
Staatsrecht d. Großh. Hessen, 1884 61, 64, 70; Beller,
HB der Verfassung und Verwaltung des Großherzogtums
Hessen, 1885, 1, 20 Anm. 1; Küchler, Berf und Verw R
d. Grosth. Hessen: 94 1 176. Brie.
Kaiser
31. Staatsrechtliche Natur des Kaisertums. 1 2. Träger
der kaiserlichen Rechte. # 3. Inhalt der kaiserlichen Rechte.
## 1. Die staatsrechtliche Natur des Kaiser-
tums. In der Verfassung des Norddeutschen Bun-
des wurden diejenigen Rechte, welche jetzt kaiser-
liche sind, teils dem „Präsidium'“, teils dem „Bun-
desfeldherrn“, teils schlechthin dem „Könige von
Preußen“ zugeschrieben. Das norddeutsche Ste B
führte für den Träger dieser Rechte die Bezeich-
nung „Bundesoberhaupt“ ein; bei der Gründung
des Deutschen Reichs ist auf Anregung des Königs
von Bayern die Wiederherstellung des K.Titels
beschlossen worden. R# a 11 Abs 1 lautet: „Das
Präsidium des Bundes steht dem Könige von
Preußen zu, welcher den Namen deutscher Kaiser
führt.“ Der Begriff des Bundespräsidiums ist
durch die Verknüpfung desselben mit dem K Titel
nicht verändert worden. Aus den geschichtlichen
Vorgängen, welche zur Wiedererrichtung des
K. Titels führten, aus den Motiven und Erklä-
rungen, mit denen die Vorlage der jetzigen Ver-
fassungsredaktion und deren Beratung begleitet
wurde, und namentlich aus den angeführten
Worten der Reichsverfassung selbst, ergibt sich mit
unzweifelhafter Gewißheit, daß das Kaisertum
vollkommen identisch ist mit dem Bundespräsi-
dium und daß es, abgesehen von dem Titel und den
demselben entsprechenden Insignien, keine Rechte
enthält als die Präsidialrechte. Zur Feststellung
der staatsrechtlichen Natur des Kaisertums dienen
zunächst zwei Sätze negativen Inhalts. Der K.
ist nicht Monarch (Souverän) des Reichs; die
Reichsgewalt steht nicht ihm, sondern der Gesamt-
heit der deutschen Bundesfürsten und freien Städte
zu; wo er für das Reich Willenserklärungen ab-
gibt oder Handlungen vornimmt, handelt er nicht
im eigenen Namen, sondern im Namen des Reichs;
wo dem Reichstage gegenüber das Subjekt der
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