Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Kanäle (B. Kaiser Wilhelm-Kanal) 
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Wie der Strom kann auch der öffentliche K. 
für mancherlei kleinere Nutzungen dem Gemein- 
gebrauch unterliegen, wie Wasserschöpfen, Baden, 
Eisgewinnung, Schlittschuhlaufen usw. Doch 
pflegt die maßgebende polizeiliche Ordnung hier 
für solche Dinge bei weitem strenger zu sein und sie 
in großem Maße von besonderen Erlaubnissen 
abhängig zu machen. « 
Die Seekanäle, welche Meere verbinden 
oder Mceresteile durchqueren (Kaiser Wilhelm-K. 
1 Bl, Königsberger See K.) zeichnen sich durch 
rößere Maße aus und durch die besondere Be- 
schaffenyeit des sie füllenden Wassers. Im üb- 
rigen ist ihre Rechtsordnung die gleiche. 
Duellen: Für die Zuleitungs K. gilt das bürgerliche 
Recht der Einzelstaaten, wie für die Flüsse; dazu die beson- 
deren Wassergesetze. Für die Schiffahrts K. vor allem zu 
erwähnen: Preuß. Wasserstraßen G v. 1. 4. 05. 
Literatur: Pözl, Die bayer. Wassergesetze S 59 ff, 
99 ff, 485 ff; Schenkel, Das bad. Wasserrecht S 103 ff, 
136 sf. Technik und Wirtschaft: 
näle“ im HWS W5, 753. 1 ferne Binnenschiffahrt. 
Otto Maver. 
B. Naiser Wilhelm-Kanal 
1. Ausdehnung. 5 2. Berwaltung. 4 3. Abgaben. 
§s# 1. Baugeschichte und Ausdehnung. Kaiser 
Wilhelm-K. wird derienige K. genannt, der von 
Brunsbüttel an der Elbe ausgeht und bei Holtenau 
an der Kieler Bucht mündct, somit eine dirckte 
Schiffahrtsverbindung zwischen Nord= und Ostsee 
bildet. Er ist gebaut auf Grund des Rv. 16. 3. 86 
betr. die Herstellung des Nord-Ostsee K. (NGl 
58) als ein für die Benutzung durch die deutsche 
Kriegsflotte geeigneter Seeschiffahrts K. von der 
Elbmündung über Rendsburg nach der Kieler 
Bucht unter der Voraussetzung, daß Preußen zu 
Sympher, Art. „Ka- 
  
Außerhalb der Answeichstellen soll der K. auf eine Wasser- 
spiegelbreite von 101,75 m, eine Sohlenbreite von 44 m 
und eine Wassertiese von 11 m gebracht werden. Unweit 
der alten Schleusen sollen ebensoviel neue Doppelschleusen 
mit Kammern von 330 m Länge, 45 m Breite und 13.77 m 
Wassertiese gebaut werden. Die Eisenbahndrehbrücket bei 
Taterpsahl und Rendsburg-Oesterrönfseld und die Ponton- 
brücke bei Holtenau sollen durch Hochbrücken ersetzt werden. 
#5+# 2. Die Berwaltung des Kanals liegt beim 
Reiche. Sie wird ausgeübt durch das Kaiserliche 
Kanalamt in Kiel, eine dem Reichsamt des 
Innern unmittelbar untergeordnete Reichsbe- 
hörde, die sich in eine Haupt-, eine Bau= und eine 
Betriebsverwaltung gliedert (Vi v. 15. 6. 95, 
RGBl 349). 
Den Betrieb regelt die von dem Kaiserl. 
K. Amt erlassene „Betriebsordnung für den Kaiser 
Wilhelm-K. v. 29. 7. Ol“ (RBl 345), abgeändert 
im Jahre 1906 (R3Zl 1138). 
Sie enthält allgemeine Vorschriften, insbesondere über 
die Boraussetzungen für die Benutzung des K. sowie über 
das Schlepp. und Lotsenwesen; des weiteren Bestimmungen 
ülbber die Vorbereitung für die K. Fahrt, über das Einlausen 
und Turchschleusen, die Fahrt durch den K., das Auslaufen, 
das Schleppen von Fahrzeugen usw. 
Fremde Kriegssahrzeuge bedürsen zur Turchfahrt auf 
diplomatischem Wege einzuholender Erlaubnis (# 3 Bek 
Kriege Min v. 25. 8. 10, MVI 224). 
Ueber das Rechtsverhältnis zwischen 
der Kanalverwaltung und den Schiffs- 
führern (Needern) der den K. passierenden 
Schiffe läßt sich § 1 Betriebs O aus: 
„Jeder Schisssführer, der den K. befährt, muß einen auf 
Berlangen ihm auszuhändigenden Abdruck dieser Betriebs- 
ordnung, die auch für das Rechtsverhältnis zwischen der 
K. Verwaltung und ihm, bezw. seinem Reeder maßgebend 
ist, an Bord haben und ist für die genaue Be folgung ihrer 
den auf 156 Mill. Mk. veranschlagten Gesamt- 
herstellungskosten 50 Mill. Mk. im voraus gewährt 
(pr. G v. 16. 7. 86, GS 209); der Rest ist durch 
eine Reichsanleihe aufgebracht. Den Bau ge- 
leitet hat eine dem Reichsamt des Innern un- 
mittelbar unterstellte „Kaiserliche Kanal-Kommis- 
sion“" (Vo. 17. 7. 86, Ré#Bl 233). Im Juni 1887 
ist der Grundstein bei Holtenau gelegt, im Juni 
1895 ist der K. für den allgemeinen Verkehr er- 
öffnet. 
Der K. ist 98 km lang, außerhalb der Wende- und der 
Ausweichestellen am Wasserspiegel 67 m und an der Sohle 
22 m breit und 9mtief. An seinen beiden Enden bei Bruns- 
büttel und bei Holtenau befindet sich je eine Doppelschleuse, 
d. h. eine Schleuse mit 2 nebeneinander liegenden Kammern, 
die eine Länge von 150 m, eine Breite von 25 m und eine 
Gassertiese von 10 bezw. 9,6 m haben. Zur Ueberführung 
über den K. dienen für Zwecke der Eisenbahn 2 Hochbrücken 
(bei Grünenthal und Levensau) und zwei Drehbrücken (bei 
Taterpfahl und Rendsburg-Cesterrönfeld), zu Straßen- 
kreuzungen eine Drehbrücke bei Rendsburg und eine Pon- 
tonbrucke bei Holtenau. 
Das Anwachsen der Schiffsgrößen machte eine 
Erweiterung des K. notwendig (seit 1907), deren 
Gesamtkosten aufs 220 Mill. Mk. veranschlagt sind; 
als Bauzeit ist ein Zeitraum von 7—8 Jahren 
vorgesehen. 
Vorschriften sowie derjenigen des beigefügten Zollregulativs 
für den Kaiser Wilhelm. K. durch die gesamte Besatzung 
seines Fahrzeugs verantwortlich.“ (Abs. 2): Das Deutsche 
Reich übernimmt keinerlei Verpflichtung zur Ersatzleistung 
für Schäden, welche die Schisse im K., auf den beiderseitigen 
Reeden oder in den Vorhäsen oder auf den am K. liegenden 
Schisssliegeplätzen erleiden, selbst wenn ein Verschulden der 
K. Lotsen oder anderer Angestellter der K. Verwaltung 
dabei in Frage kommt.“ 
Das Reichsgericht hat dieser Bestimmung, so- 
weit sic die Ersatzpflicht des Fiskus grundsäsßlich 
ausschließt, die rechtliche Wirksamleit abgesprochen 
(R#B 45, 162 ff). Auch nachdem die K. Verwal- 
tung ein Anmeldeformular eingeführt hatte, offen- 
bar um diesem Mangel abzuhelfen und ein Ver- 
tragsverhältnis einwandfrei zu begründen, hat das 
R seinen Standpunkt beibehalten (RG Z 62, 
264 ff). Dieser Auffassung des l. zivilsenats ist 
der III. Zivilsenat unter eingehender Begründung 
beigetreten (Oans. Ger. Z (Optbl.) 29, Nr. 87). 
§* 3. Abgaben für die Benutzung. Ihre Rege- 
lung beruht auf dem R v. 16. 3. 86 §F 3 (RGUl 
58), wonach von den nicht zur Kaiserlichen Marine 
und zur Bauverwaltung gehörigen Schiffen, 
welche den K. benutzen, eine entsprechende Ab- 
gabe zu entrichten und die Festsetzung des hier- 
für zu erlassenden Tarifs weiterer gesetzlicher Rege- 
lung vorbehalten sei. Bis zum Ablaufe des ersten 
Jahres nach Inbetriebsetzung der ganzen K.= 
Strecke sollte aber die Festsetzung des Tarifs dem 
Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrat 
überlassen sein. Diese Frist ist mehrfach (RG v.
	        
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