Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Kaperei — Kapitalrentensteuer 
  
  
unter ihrer Handelsflagge die Dardanellen und den 
Suezkanal passiert und dann unter der Kriegsflagge den 
englischen Dampfer „Malacca“ wegen Verdachts der Kon- 
terbande nach Libau eskortiert. Auf Reklamation Englands 
wurde das Schiff freigegeben und die russische Regierung 
verfügte, daß jene beiden Schisse nicht weiter als Kreuzer 
in Aktion treten durften. 
Das Bedürfnis eventueller Verstärkung der 
Seestreitkräfte kam aber in neuerer Zeit noch darin 
zum Ausdruck, daß einzelne Mächte (Frankreich, 
England 1887, die nordamerikanische Union u. a.) 
mit Schiffahrtsgesellschaften Abkommen über die 
Einreihung von Schiffen der Handelsmarine, ja 
selbst über die bauliche Anlage solcher Schiffe für 
die eventuelle Umwandlung in Kriegsschiffe, ge- 
troffen haben. An diese Erscheinungen der Praxis 
hat die Haager Konferenz von 1907 zum Zwecke 
der Regelung dieser Frage angeknüpft. Das Recht 
der Kriegführenden zur Einreihung von Schiffen 
der Handelsmarine in die Kriegsflotte wurde all- 
seitig anerkannt. Bezüglich der Bedingun- 
gen der Anwendung dieser Maßregel handelte 
es sich vornehmlich um Kantelen, welche die neu- 
trale Schiffahrt vor Ueberraschungen bewahren 
und die Gefahr des Wiederauflebens der K. 
verhüten. So wurde die Frage nach dem Orte 
der Umwandlung von Handelesschiffen in 
Kriegsschiffe erörtert, ferner, ob die Umwandlung 
nur in den nationalen oder okkupierten Häfen der 
Kriegführenden oder auch auf hoher See 
sich vollziehen dürfe. Gegen die Umwandlung auf 
hoher See wurde (von England, Holland) geltend 
gemacht, daß es sich um einen Hoheitsakt handelt, 
der auf hoher See unzulässig sei und daß Ueber- 
raschungen der Neutralen nicht zu vermeiden wä- 
ren; anderseits wurde (seitens Deutschlands, 
Oesterreich-Ungarns, Frankreichs und Rußlands) 
geltend gemacht, daß derlei Hoheitsakte den natio- 
nalen Schiffen gegenüber auch auf hoher See zu- 
lässig seien und die Interessen der Neutralen durch 
sorgfältige Formulierung der Kautelen geschützt 
werden könnten. 
Die Bestimmungen des Haager Abkom- 
mens VII vom 18. 10. O7 verfolgen einen doppel- 
ten Zweck: es soll in erster Reihe eine Gewähr 
dafür geboten werden, daß die in die Kriegsflotte 
eingereihten Handelsschisse die militärische Ord- 
nung und Disziplin beobachten und bei ihren Un- 
ternehmungen die Gesetze und Gewohnheiten des 
Krieges befolgen. Die rechtliche Stellung solcher 
Schiffe als Kriegsschiffe ist bedingt durch die 
Unterordnung unter den direkten Befehl, die un- 
mittelbare Aufsicht und die Verantwortlichkeit der 
kriegführenden Macht. Der Befehlshaber muß im 
Staatsdienste stehen und von der zuständigen 
Staatsgewalt autorisiert sein; sein Name muß in 
— . — — — 
der Rangliste der Kriegsmarine stehen. Die Mann- 
schaft ist den Regeln der militärischen Disziplin 
unterworfen. — Es muß ferner die Tatsache der 
Einreihung äußerlich erkennbar sein und in be- 
stimmter Form zur allgemeinen Kenntnis gebracht 
werden. Das Schiff muß die äußeren Abzeichen 
der Kriegsschiffe seines Heimatstaats tragen. Der 
Kriegführende muß die Umwandlung möglichst 
bald auf der Liste seiner Kriegsschiffe vermerken. 
Die Bestimmungen des Abkommens finden nur 
zwischen den Vertragsmächten Anwendung und 
nur dann, wenn die Rriegführenden sämtlich Ver- 
tragsparteien sind. 
*— — — 
OQOuellen: Die Pariser Seerechtsdeklaration v. 16. 
4. 56 bei Fleischmann, VBVolkerrechtsquellen 57. — 
Ergänzung der Seestreitkräfte in neuester Zeit: Haager Ab- 
kommen VII v. 18. 10. 07. 
Literatur: Perels, Internat. Seerecht # 34 D: 
Heffter-Gefsscken, VBölkerrecht 268 ff, 328 und in 
v. Holtzendorffs DHu d. Bölkerr. 4, 548 ff; Whar- 
ton, A Digest of the Intern. law etc. III 14 183 sa.; 
Nys, La guerre maritime ch. II; Leroy, La guerre 
maritime etc. (1900). v. Allmann. 
Kapitalrentensteuer 
*4 1. Allgemeines. I. Ertragsbesteuerunn: 
4 2. Elsaß-Lothringen. # 3. Mecklenburg. 
II. Personalbesteuerung in Verbin. 
dung mit Ertragssteuern: 1 4. Bayern. 115. 
Württemberg. # 6. Hessen. 
[St — Steuer; K St — Kapitalsteuer; KR St — Kapital- 
rentensteuer.) 
8 1. Allgemeines. Die K RSt (Leihzins= oder 
Darlehenssteuer) wird in den St Systemen zu den 
Ertrags St gerechnet. Sie ist eine spezielle Er- 
trags St auf verleihbares Kapital, besonders auf 
Geldkapital, und ist das jüngste Glied der modernen 
Ertrags St Systeme. Allein sie ist nur in der Form 
eine Ertrags St, tatsächlich aber eine partielle Ein- 
kommen St (#; denn bei ihr fehlt das Realobjekt, 
auf das der Ertrag zurückbezogen werden kann. 
Die Grundlage eines Zinsenbezuges ist ein Rechts- 
verhältnis, das erst künstlich zu einer Objektivität 
konstruiert worden ist. Die KRSt will im Schuld- 
verhältnis grundsätzlich den Gläubiger, als den 
Zinsbezieher, treffen, doch haben äußere Verhält- 
nisse der Stechnik bisweilen veranlaßt, den 
Schuldner zum Stahler zu machen, der die St 
auslegt und sie dann auf den Gläubiger, den 
eigentlichen St Träger, zurückwälzen soll. 
Die KRSt kann sein entweder „Kapitalsteuer“, 
wenn sie von dem nominellen Kaopitalbetrage der 
Schuldforderungen ausgeht und durch Koeffizien- 
ten fingierte Nominalbeträge („Steuerkapitalien“) 
bildet. Oder sie ist „Kapitalrentensteuer“, wenn sie 
unmittelbar nach der Höhe der Zius= und Renten- 
bezüge, also nach dem Einkommen aus den Kapi- 
talien selbst, bemessen wird. 
Der Umfang der St wird regelmäßig auf die 
Zinsen und Renten aus versicherten und unver- 
sicherten Privat= und Pfandschuldforderungen, 
aus öffentlichen Wertpapieren (Staatsfonds, 
Schuldverschreibungen öffentlicher Körper, von 
Unternehmungen und Gesellschaften) des Inlands 
und Auslands, auf die Erträge und Dividenden 
von Aktien-, Kommandit-= und anderen Erwerbs- 
gesellschaften, Banken, Berggewerkschaften usw. 
und auf Zeit-, Leibrenten, Annuitäten, bei denen 
das Kapital in Rentenform erscheint, sowie auf 
versteckte Zinsen bei unverzinslichen Kapitalforde- 
rungen (Wechsel, Schatzscheine, Lotterieprämien) 
ausgedehbnt. Mitunter werden die Erträgnisse der 
gesellschaftlichen Unternehmungen von anderen 
St Formen, der Gewerbe-(P oder Einkommen-[X 
oder eigenen Gesellschafts St getroffen.
	        
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