Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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KiK St in Baden. Z. f. Staatsw. 1845; Lehr, Kapitali- 
sierungs St, Zinsrenten St und Doppelbesteuerung, Z. f. 
Staatsw. 1877; v. Heckel, Einkommen St und die Schuld- 
zinsen, 1890, 40 fg: Die Fortschritte der direkten Besteuerung 
in den deutschen Staaten, 1004; Lehrbuch der Finanzwissen- 
schaft, 1907, 1, 317 sg; H9W Staats W' 5, 785; Schanz, Ein 
Wort zur bayerischen KR St. Fin. Arch 21, 689. v. Heckel. 
  
Kataster 
Grundsteuer, Landmesser 
Katholische Kirche 
(nUeberblich)) 
  
I. Nach eigener Lehre. 1. Grundsätzliche Normen. 
2. Die Regierungsgewalt. — II. Nach den deutschen 
Staatsgesetzen. 3. Die interkonfessionellen Normen. 
&4. Die Kirchenhoheit. 
I. Nach eigener Lehre 
s 11. Grundsätzliche Normen. Nach katholischer 
Lehre ist die Kirche die von Christus in ihren 
Grundzügen verfaßte und durch den Papst und die 
Bischöfe kraft göttlichen Rechts geleitete sichtbare Ge- 
meinschaft der Getauften. Das Kirchenrecht als die 
Ordnung dieser Vereinigung gliedert sich in das jus 
divinum und humanum, b.h. es ist das von Christus 
eschaffene, unwandelbare Recht, über das auch 
apst und Konzil (unten §21I, 54 II) keine schöpfe- 
rische Disposition hat, und dann das in historischer 
Entwicklung gewordene und veränderliche Recht, 
dessen Werdegang wie jedes andere Recht durch 
eine vernünftige Zweckmäßigkeit beherrscht wird. 
Nach protestantischer Auffassung gibt es auf dem Ver- 
fassungsgebiet überhaupt kein göttliches Recht; alles ist all. 
mählich geworden und lediglich das schöpferische Produkt der 
kirchlichen Rechtsgemeinschaft, die sich um die Lehre Christie 
gebildet hat. So sind beide Kirchen schon im Ausgangs- 
punkt verschieden. Nach katholischer Auffassung gibt es nur 
eine Kirche, extra quam nulla salus, das ist die katholische, 
während jede andere nur eine ketzerische Mißbildung ist; 
nach protestantischer Lehrmeinung gibt es ebenso viele 
Kirchen, als Versuche gemacht worden sind, besondere christ- 
liche Glaubensgemeinschaften zu organisieren, und so hat 
jede Kirche, auch die katholische, eine relative Berechtigung. 
Diese versöhnliche und menschliche Auffassung, welche weit- 
tragende Folgen hat, bewahrte die protestantische Kirche und 
ihre Angehörigen vor Konflikten, die bei der katholischen An- 
schauung nahe liegen. I7 Evangelische Kirche 3 1.7 
Im einzelnen gilt für die k. K. folgendes: 
Es gibt nur eine christliche Kirche. Die Mit- 
gliedschaft wird durch die Taufe begründet, die 
auch durch einen Nichtchristen gültig erteilt werden 
kann. Sämtliche Getauften, also auch die Prote- 
stanten, sind demzufolge Mitglieder der k. K. und 
unterstehen deren Jurisdiktion, wenn diese bei 
den Protestanten auch nur unter besonderen 
Verhältnissen (beim Uebertritt) in die Erschei- 
Katholische Kirche 
  
nung treten kann. Die Taufe begründet einen 
character indelebilis. Die Ausgetretenen sind also 
abtrünnige Mitglieder (vgl. § 3, Z 1). 
1) Agl.: Klerus 2; Konzil (Vatikanum), Papst 12 II, 
4 41, II; Missionsgebiete 5 2 II 4; Privilegien & 3 II. 
Altkatholiken S 500. 
Der Syllabus von 1864 verurteilt in Konsequenz des 
Prinzips der Bulle Unam sanctam von Bonifaz VIII. den 
Satz (Nr. 16): „Homines in culusvis religionis cultu viam 
seternae salutis reperire aeternamque salutem assequf 
possunt“ und ebenso den Sat (Nr. 17): „Saltem bene 
sperandum est de aeterna Uorum omnium salute, dul 
In vera Christi Ecclesia nequaquam versantur.“ 
Von hier kam man zu der Rechtsvorschrift, daß 
eine gemischte Ehe mit Nichtchristen gar nicht 
und mit andersgläubigen Christen nur dispensando 
gestattetist unter der dreifachen Gewährleistung, daß 
der katholische Teil nicht um seinen Glauben ge- 
bracht resp. nicht in der freien Ausübung seiner 
Religionspflichten gestört wird, daß der katholische 
Teil es als seine stete Pflicht anerkennt, den an- 
deren Gatten mit erlaubten Mitteln seinem Be- 
kenntnis zuzuführen und daß sämtliche Kinder 
beiderlei Geschlechts katholisch werden. In der 
heutigen Praxis spielt indes nur noch die letzte 
Bedingung eine Rolle. (Vgl. noch § 31 2.) 
§+ 2. Die Regierungsgewalt. Die Kirche hat 
nach katholischer Lehre von Christus bereits eine 
äußere Organisation oder Verfassung erhalten, von 
welcher nicht abgegangen werden darf. Diese zeigt 
eine hierarchische Gliederung. Die k. K. bildet 
nämlich eine socictas inacqualis, d. h. eine unter- 
gebene und eine vorstehende Gemeinschaft. Die 
kirchliche Gewalt wohnt von vornherein einem 
eigenen Stand inne: der Klerus — die Hierarchie. 
Sl quls dixerit, in ecclesla cathollca non esse hierarchiam 
divina ordlnatione instltutam, quae constat ex episcopis pres- 
byteris et ministris, anathema sit.“ (rrid. sess. 23 c. 6.) 
Der Klerus pflanzt sich durch die Weihe (ordo) 
fort. Man unterscheidet eine potestas ordinis 
(magisterü) et iurisdictionis. 
Der ordo verleiht die Fähigkeit, die 
heiligen Handlungen vorzunehmen, insbesondere 
die Sakramente zu spenden. Der ordo macht 
zum Geistlichen. Die Priesterweihe vollzieht sich 
in 7 Stufen. Die 4 ersten Stufen (ordines 
minores: Ostiarius, Lektor, Exorzist und Akoluth) 
bilden heute bloße Uebergangsstufen zu den 
höheren Weihestufen (ordines majores: Subdiakon, 
Diakon und Presbyter), wozu dann noch die 
Bischofsweihe kommt. Der Papst hat keinen be- 
sonderen ordo. Bereits der Subdiakonat ver- 
pflichtet kraft des jus hbumanum zum Cölibat, Bre- 
viergebet, zur Meidung weltlicher Lustbarkeiten, zur 
Unterlassung weltlicher Geschäfte und zum Tragen 
einer standesgemäßen Kleidung. Die durch ab- 
änderbare Kirchengesetze entwickelten geistlichen 
Standesrechte sind das privilegium fori, immuni- 
tatis und canonis, das beneficium competentiae 
und gewisse Ehrenrechte. Der ordo ist aber auch 
die Voraussetzung für die Teilnahme an der (Lehr- 
und) Regierungsgewalt (II). Das oberste sowohl 
durch das allgemeine Konzil als den Papst geübte 
Lehramt, das sich ganz in die Regierungsgewalt 
einbaut, hat die Prärogative der Unfehlbarkeit. 
Es wacht über die Reinheit der Lehre. Für die 
Gewissensfreiheit (I ist hier keine Stelle. Dafür 
tritt die Autorität ein, welche für den einzelnen die 
Garantie der Wahrheit übernimmt und auch außer- 
  
halb des Glaubensgebietes Gehorsam verlangt. 
Der Syllabus von 1864 Nr. 22 erklärte solgenden Satz 
für einen Irrtum: „Obligatio, qus cathollcl magistri et 
scriptores omnino adstringuntur, coarctatur in fla tantum 
quae ab infalllbili Ecclesiae indicio velut füdei dogmata 
ab omnibus credenda proponuntur“. Der Syllabus von
	        
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