Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

1907 Nr. 7 verlangt von den Gläubigen, wenn die Kirche 
JIrrtümer verwirft, auch eine innerliche Zustimmung. 
Dadurch wird die Gemeinschaft der Gläubigen 
eine zwar unselbständige, aber auch einheitliche 
und geschlossene, nur durch den päpstlichen Willen 
beherrschte Macht, welche nach Organisation und 
Leistungsfähigkeit dem Heer vergleichbar ist (Eccle- 
sia militans). 
II. Für die suristische Betrachtung liegt der 
Schwerpunkt in der jurisdictio oder Re- 
gierungsgewalt. 
1. Die oberste Kirchengewalt ruht bei dem 
Papst, der vom Kardinalkollegium mit 3# Majo- 
rität im Konklave gewählt wird (Rechtsquelle 
für die Wahl jetzt die Constitutio vacante sece v. 
25. 12. 04) nicht, wie die Episkovalisten gewollt 
hatten, bei dem ökumenischen Konzil, 
welch letzteres nach geltendem NRecht auch nur noch 
in Verbindung mit dem Papfste verbindliche Be- 
schlüsse fjaßt. Nachdem die vatikanische Constitutio 
dogmatica de ecclesia Christi ergangen ist, hat 
das Konzil eine rechtliche Bedeutsamkeit nicht mehr 
(§*§ 4 11). Nach der vatikanischen Konstitution hat 
der Papst nicht etwa bloß ein „officium inspeo- 
tionis vel jurisdictionis“ oder nur „npotiores 
Katholische Kirche (Regierungsgewalt) 
  
partes supremac potestatis“, sondern „plenam 
et supremam potestatem jurisdictionis in 
universam Ecclesiam, non solum in rebus, gune 
ad fidem et mores, sed etiam in üs, quae ad 
Gisciplinam cet regimen Ecclesiac per totum orbem 
diffusac pertinent“. 
potestas suprema als eine „ordinaria et 
immediatea sive in omnes ac singulas eccle- 
sias sive in omnes et singulos pastores et fi- 
deles“. Somit hat der Papst, und zwar un- 
mittelbar (immedliate) von Christus nicht bloß 
das oberste Aufsichts= und Gesetzgebungsrecht, 
die oberste Gerichtsbarkeit, die oberste Leitung 
des Vermögens-, Ordens= und Aemterwesens, 
sowie besondere Patriarchal-, Metropolitan= und 
Diözesanrechte im 
Rom, sondern er ist als ordlinarius aller Kir- 
chen, Geistlichen und Gläubigen auch Bischof jeder 
Diözese, Pfarrer jeder Pfarrei und deshalb 
schlechthin überall und in allem, auch schon in 
erster Instanz, verwaltungszuständig. Dabei ist 
er rechtlich absolut, und die Kardinäle sind nur 
der beratende Senat, an dessen Mitwirkung er 
nirgends gebunden ist und der nur scilc vacante 
die interimistische Regierung führt. Rechtsquelle 
für diese ist jetzt die Constitutio „Vacante 
sede“ v. 25. 12. O4. Auch durch die Kurialbe- 
hörden (vgl. die Constitutio de Romana curia v. 
29. 6. 08), deren er sich bei der Regierung bedient, 
erleidet der Papst keine rechtliche Schmälerung. 
Ueber Kirchenstaat, Garantiegesetz ## Konkor- 
date 831I. 
Vermittlungs-, 
Und zwar besitzt er diese 
Abendlande, Italien und 
2. Die Bischöfe sind diejenigen Glieder der 
Hierarchie, welche als Nachfolger der Apostel und 
demgemäß als iure divino gewollte kirchliche Be- 
amte mit einer ordentlichen und unmittelbaren, 
also nicht vom Papste abgeleiteten Jurisdiktion 
ausgestattet sind. Näheres oben Bd. 1 S 491. 
Ueber die Domkavitel oben Bd. 1 So02. 
Der Weihbischof ist der Stellvertreter des 
Bischofs in Ausübung der jura ordinis episcopolia. 
— Als Stellvertreter in Ausübung der jura juris- 
dictionis kommt vor allem der General- 
vikar in Betracht. Dieser ist das alter ego des 
v. Stengel- Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. 
II. 
  
Bischofs in der bischöflichen Verwaltung. Mit dieser 
Funktion wird auch ein ganzes Kollegium betraut 
(Ordinariat, Vikariatamt, Konsistorium), an dessen 
Spitze der Bischof resp. der Generalvikar steht. 
Dieser wird durch ein widerrufliches bischöfliches 
Generalmandat bestellt und besitzt eine jurisdietio 
quasi ordinaria. Besonders wichtige Angelegen- 
heiten bleiben dem Bischof gesetzlich oder kraft 
eigener Verfügung vorbehalten. — In größeren 
Diözesen werden die Justizsachen einem besonderen 
Offizial oder Kollegialgericht unter dem Vor- 
sitz des Offizials überwiesen. Seinen eigentlichen 
Geschäftskreis bilden heute die Ehesachen (Konsi- 
storium). — Der Koadjutor ist der Stellver- 
treter eines kränklichen, altersschwachen oder gei- 
steskranken Bischofs für die Funktionen der Ver- 
waltung, welcher regelmäßig auch die Funktionen 
des Weihbischofs übernimmt und dann die bischöf- 
liche Weihe besitzen resp. empfangen muß. Er 
ist entweder temporarius oder, was meistens der 
Fall ist, perpetuus cum spe succedendi. Wie der 
Generaldvikar ist er quasi ordinarius, unterscheidet 
sich aber von diesem durch den Grund und die Art 
seiner Ernennung, die größere Unabhängigkeit sei- 
ner Stellung und den größeren Umfang seiner Be- 
fugnisse. 
Als Stellvertreter des Bischofs in einzelnen 
Teilen der Diözese kommen vor allem die Dekane 
resp. Erzpriester in Betracht. Diese sind nur 
Aufsichts= und Vollzugsorgane 
des Bischofs für eine Anzahl von Pfarreien. Sie 
können noch bischöfliche Kommissäre über sich 
und Definitoren unter sich haben. 
3. Der Pfarrer ist derjenige Priester, 
welcher in Unterordnung unter den Bischof, der 
ihn frei oder auf Präsentation bestellt, die Seelsorge 
(cura animarum) über einen ihm zugewiesenen 
Kreis von Gläubigen (Pfarrkindern) auszuüben 
berechtigt und verpflichtet ist. Er hat ein festes, nur 
unter bestimmten Voraussetzungen auf Grund 
eines rechtlichen Verfahrens entziehbares, nutz- 
bares Amt (Benefizium). Das Konsistorialdekret 
de amotionc administrativa v. 20. 8. 10 hat 
allerdings die Absetzung der Pfarrer und Bene- 
fiziaten erleichtert. Das Pfarramt ruht wie alle 
übrigen Stellvertretungsämter auf dem ius hu- 
manum. Es besteht aktiver und passiver Pfarr- 
zwang. Der Pfarrer hat nur eine sehr beschränkte 
jurislictio externa, in der Hauptsache eine juris- 
dictio interna pro foro conscientiac. Er ist der 
Scelenhirt der örtlichen Gemeinde und übt das 
Priesteramt in der reinsten und vornehmsten 
Bedeutung. Die Benefigiaten, Vikare, Koopera- 
toren, Kapläne usw. sind die Gehilfen des Pfarrers 
mit verschiedener Rechtsstellung. Geistliche.) 
4. Die Missionsgebiete (terrac missio- 
nis) stehen sämtlich unmittelbar unter dem Papst 
resp. der mit seinen desfallsigen Befugnissen ein- 
für allemal betrauten Congregatio de Propaganda 
kicc. Die von demselben erteilten Vollmachten 
sind verschieden. Man unterscheidet je nach der 
Entwicklungsreife Präfekturen, avostolische Vika- 
riate, Delegationen und Missionsbistümer. Die 
Unterabteilungen zeigen regelmäßig keine oder 
doch nur wenige Pfarreien und dann ohne feste 
Benefizialverfassung, sondern Stationen, deren 
Leiter jederzeit amovibel sind. Dadurch ist die 
Kirchenbehörde jederzeit in der Lage, eine Aende- 
rung der Missionseinrichtungen vorzunehmen. So 
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