Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
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Katholische Kirche (Interkonfessionelle Normen) 
  
handhabt die Kirche ihr Verfassungsrecht verhält- 
nismäßig frei. Wir haben auch in Deutschland 
Missionsgebiete (oben Bd. 1 S 489). Andernteils 
aber sind gemäß der päpstlichen Constitutio de 
Romana curia v. 29. 6. O8 keine terrae missionis 
mehr: England, Schottland, Irland, Holland, 
Luxemburg, Kanada und die Vereinigten Staa- 
ten von Amerika. 
II. Nach den deutschen Staatsgesetzen 
# 3. Die interkonfessionellen Normen. Der 
westfälische Friede hat nach grausamem Religions- 
kriege die killcinhere h u der k. K. beseitigt und 
den Grundsatz der Parität begründet. Die k. K. 
hat sich mit dieser Tatsache nicht abzufinden ver- 
mocht. In der Bulle Zelo domus Dei v. 20. 11. 
1648 heißt es bezüglich dieser Friedensinstrumente: 
„Ipso iure nulla, irrita, imvalida, iniqua, imiusta, 
damnata, reprobata, inania viribusque et effectu 
vana omnino fuisse et perpetuo fore. decer- 
nimus, declaramus“. Auch der Syllabus von 
1864 Nr. 18 und 77 verficht noch die Alleinbe- 
rechtigung der k. K. Für den Staat aber liegt 
die Sache anders. Da der Anspruch auf cein Allein- 
recht eine permanente Kriegserklärung an die 
Andersgläubigen ist, die der Staat zu schützen hat, 
so muß er das katholisch-theokratische System zu- 
rückweisen und Parität wahren; das verlangt die 
Selbsterhaltung. Für den Staat ist hier die ka- 
tholische wie die protestantische Kirche Partei. 
I. Nach dem Grundsatze der in allen Staaten 
gewährleisteten Glaubensfreiheit ist dem 
Katholiken der Glaube an die Alleinrichtigkeit seiner 
Lehren unbenommen. Der Staat weist im Inter- 
esse des Friedens, den er zu schützen hat, nur die 
praktischen Konsequenzen dieses Dogmas für das 
Staatsleben ab. Das ist sein Recht und seine 
Pflicht. Die noch vom Syllabus von 18664 so nach- 
drücklich bekämpfte moderne Staatsidee hat in 
der Hauptsache in den partikularen Staats- 
kirchenrechten ihren gesetzgeberischen Niederschlag 
gefunden. Daraus sei folgendes hervorgehoben: 
1. Jeder Mensch hat volle Glaubens= und Ge- 
wifsensfreiheit (Tl. Der Begriff der Ketzerei ist dem 
Staate fremd; der Konfessionswechsel 
hat keine staatlichen Nachteile im Gefolge. Der 
Austritt steht frei und kann auch ohne Uebertritt 
erfolgen. Durch den Religionswechsel gehen alle 
kirchlichen Gesellschaftsrechte und Pflichten gegen- 
über der verlassenen Kirche verloren. Staatliche 
Gesetze und Verordnungen regeln die Austritts- 
formalitäten, treffen Bestimmungen über das 
Unterscheidungsalter, über die Rechtsfolgen im 
einzelnen usw. 
2. Das Prinzip der Gewissensfreiheit duldet 
auch keinen Zwang zur Taufe. Das R v. 
6. 2. 75 hat die staatliche Führung von Geburts-, 
und überhaupt von Zivilstandsregistern ange- 
ordnet. Die Nupturienten sind auch nicht zur 
kirchlichen Eheschließung gezwungen; des- 
halb hat das zitierte Gesetz, wie jetzt auch das 
Be, unabhängig von konfessionellen Gesichts- 
punkten die Cheschließungsform geregelt. Die Ehe- 
hindernisse und Ehescheidungsgründe bestimmen 
sich gleichfalls nach staatlichem Recht, aber die 
kirchlichen Verpflichtungen in Beziehung auf Taufe 
und Tranung werden durch das neue bürgerliche 
Recht nicht berührt. Auch das ist nur die Kon- 
  
sequenz der Glaubensfreiheit (x Personenstand!. 
Die Staaten haben sodann Fürsorge getroffen, 
daß auch die Möglichkeit eines Begräbnisses 
unabhängig von der Konfession gewährt wird 
IJ Beerdigungswesenl. Dagegen besteht noch der 
Eideszwang, über dessen Berechtigung man streitet. 
Es besteht im ganzen Deutschen Reich Gleichbe- 
rechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und 
staatsbürgerlicher Beziehung (G v. 3. 7. 69), 
doch fehlt vielfach, so auch in Bayern, noch die 
Kultusfreiheit oder das Recht freier 
Kirchengesellschaftsbildung. 
3. Die Jurisdiktion der k. K. erstreckt sich 
nicht auf alle Getauften, sondern wie bei jeder 
anderen Kirche nur auf ihre Mitglieder. Mitglied 
ist aber nur derjenige, welcher seine Mitgliedschaft 
selbst oder durch seine gesetzlichen Vertreter kund- 
gegeben und auch nicht aufgegeben hat. 
4. Der Anspruch der k. K. auf die Kinder- 
erziehung bei gemischten Ehen 
wurde, da die übrigen Kirchen gleichberechtigt sind, 
zurückgewiesen und die Rechtsverhältnisse so ge- 
ordnet, daß mangels entgegenstehender Verträge 
oder auch nur beim Fehlen des Einverständnisses 
entweder alle Kinder oder doch die Knaben der 
Religion des Vaters solgen. Die aus Anlaß des 
a 134 des EG zum B# ergangenen Aus- 
führungsgesetze im Archiv f. k. KR 1901 S 113 ff, 
303 ff (Religiöse Kindererziehungl. 
II. Die k. K. gehört übrigens mit der protestan- 
tischen Kirche zu den privilegierten 
öffentlichen Kirchengesellschaften oder sie hat die 
Rechte der öffentlichen Korporationen. (Für 
Mecklenburg-Schwerin vgl. jetzt die V v. 5. 1. 03 
(3 f. KR 13, 157), für Braunschweig das G v. 
29. 9. 02 (Z 13, 283 ff).] Sie hat darnach vor 
allem das Recht des öffentlichen Gottesdienstes. 
Beim Heere, bei staatlichen und kommunalen An- 
stalten (Straf-, Armenanstalten usw.ist katholischer 
Gottesdienst eingerichtet. Der Unterricht in der ka- 
tholischen Religion ist für Katholiken obligatorischer 
Unterrichtsgegenstand. An den Universitäten (M 
sind auf Staatskosten katholisch = theologische 
Fakultäten organisiert. Die katholische Religion 
und katholischen Einrichtungen haben besonderen 
strafrechtlichen Schutz (StG B f#& 166 ff, 196). 
Der Feier der kirchlichen Festtage wird, soweit 
sie vom Staate anerkannt sind, auf straf= und 
verwaltungsrechtlichem Wege Nachdruck verschafft 
[J Sonntagsfeierl. Den Katholiken steht es in 
der Diaspora frei, eigene Gemeinden zu bilden, 
wenn sie nur das erforderliche Vermögen auf- 
zubringen imstande sind. Die k. K. hat eine 
besondere Vertretung in den parlamentari- 
schen Körperschaften: in Bayern, Württemberg, 
Baden, Hessen, Elsaß-Lothr.; in Preußen pflegt der 
König den einen oder anderen Bischof zum Mit- 
glied des Staatsrats oder Herrenhauses zu er- 
nennen. Die Durchführung kirchlicher Verfügun- 
gen, insbesondere von Disziplinarmaßregeln, so- 
wie die Eintreibung kirchlicher Abgaben (# er- 
solgt durch den Arm des Staates. Die kirch- 
lichen Gebäude (J|] haben den Schutz der öffent- 
lichen Gebäude. Die k. K. ist vielfach aus Staats- 
mitteln dotiert, ihren schlecht bezahlten Dienern 
werden staatliche Zulagen gewährt (/Pfründel. 
Die k. K. ist in ihren einzelnen Instituten 
und Körperschaften als juristische Person an- 
erkannt. Diese können daher nach den Staats- 
  
 
	        
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