Katholische Kirche (Kirchenhoheit)
kanischen Konstitution liegt für
gierungen in der Proklamierung der juriscictio
ordinaria des Papstes. Die festere Gliede-
rung und Verteilung der Amtsgewalt war in
Deutschland im Einverständnis von Staats= und
Kirchenbehörde erfolgt. Es erschien nun als ein Los-
sagen von dieser Uebereinkunft und als eine Unter-
schätzung der staatlichen Interessen, wenn der Papst
aus seiner Aufsichtsstellung heraustritt und jedel
Diözesan= und Pfarrhandlung selbst, sei es unmit-
telbar oder durch Vertreter, vornehmen, somit also
jeden Amtsinhaber lahmlegen kann. Bedenken er-
weckte auch die Ausdehnung der Unfehlbarkeit auf
die kathedratischen Entscheidungen „de mori.
bus“, zumal die letzteren der Begriffsbestimmt-
heit entbehren und somit Unfehlbarkeitsentschei-
dungen das ganze Gebiet menschlicher Hand-
lungen beherrschen können. Schließlich befürchtete
man, daß sich zum Schaden des öffentlichen
Friedens jetzt die definitiones überstürzen würden.
Die deutschen Staaten haben daher erklärt, daß
sie der vatikanischen Konstitution de ecclesia
Christi jede Wirkung für das Staatsleben ab-
sprechen. Die Staatsregierungen haben es um
so eher ablehnen können, zum Vollzug derselben
den staatlichen Schutz bereitzustellen und gegen
die Dissidenten mit Gewalt vorzugehen, als ienes
Dekret nirgends das vorgeschriebene staatliche
Plazet erhalten hat. Im übrigen war die Haltung
der einzelnen Staaten zu der Altkatho-
liken frage verschieden. In Bayern wurden
die übergetretenen Geistlichen in Amt und Gehalt
und alle Altkatholiken als Angehörige der k. K.
geschützt. Diese Rechtsanschauung hatte vorerst
eine selbständige Organisation verhindert. Erst
im Hinblick auf Abweichungen
vatikanischen Kirchenlehre wurden die
katholiken in Bayern nicht mehr als Katholiken
geschützt und dann durch Entschließungen vom
Jahr 1890 als Privatkirchengesellschaft anerk-
annt. Bemerkenswert in juristischer Hinsicht ist
auch die Haltung von Preußen, Baden und
Hessen, welche die Altkatholiken als Angehörige
der k. K. behandeln und doch als eine besondere
kirchliche Gemeinschaft mit eigener Organisation
neben der k. K. anerkannt und (mit Ausnahme von
Hessen) den Mitgenuß des Kirchenvermögens sowie
den Mitgebrauch der Kirche und des Kirchhofs nach
Art des Simultaneums gestattet haben (preuß.
G v. 4. 7. 75, bad. G v. 15. 6. 74) IJ Kirchen-
gebäude (§ 7)1.
von der vor-
Alt-
III. Im Vordergrund des staatlichen Interesses
steht die bischöfliche Regierung. Auch nach
Staatsrecht ist der Bischof der Leiter und Regierer
der Diözese. Wegen der engen Verquickung mit
staatlichen Interessen aber findet hier in bald wei-
teren, bald engeren G'renzen eine staatliche Anteil-
nahme statt (X Bischöfe). Vor allem aber vollzog
sich schon die Bistumszirkumstkription und vollzieht
sich die Besetzung des bischöflichen Stuhles unter
staatlicher Mitwirkung [J Bistümer, Konkordatel.
a) Am freiesten ist die bischöfliche Jurisdiktion in
den sog. inneren oder rein geistlichen
Kirchenangelegenheiten. Dazu gehö-
ren überall die Gegenstände der Glaubenslehre,
die Verwaltung der Gnadenmittel, die Form und
Feier des Gottesdienstes, die Feiertagsordnung
und Einführung neuer Festtage (mit Ausnahme
von Bayern und Elsaß--Lothringen), die Konse-
die Staatsre= kration, Benediktion und Liturgie. Der Kreis ist
verschieden abgesteckt.
Die II. Beil. zur bayer. BU # 38 zählt beispielsweise
als „innere Kirchenangelegenheiten“ noch auf: die geist-
liche Amtsführung, den religiösen Volksunterricht, die Kir-
chendisziplin, die Approbation und Ordination der Kirchen-
diener und die Ausübung der Gerichtsbarkeit in rein geist-
lichen Sachen. Andere Staaten gehen weiter oder auch weni-
ger weit. Alle diese Aufzählungen sind nicht erschöpfend
und insofern weniger bedeutsam, als auch hier (beispielsweise
II. Beil. 3 38) immer die Klausel besteht, daß die kirchliche
Selbstverwaltung unter der obersten Staatsaufsicht oder
nach den besonderen staatlichen Bestimmungen erfolgt.
Die staatliche Anteilnahme an der bischöflichen
Regierung hebt, je nach dem Umfang staatlicher
Interessen, unmerklich an. Sie ist auf dem Ge-
biet der inneren Angelegenheiten Aufsicht und
verstärkt sich auf dem Gebiet der gemischten Ange-
legenheiten zur staatlichen Mitwirkung, bis sie auf
dem Gebiete der weltlichen Angelegenheiten, z. B.
des Vermögensrechts, sich zur gesetzgeberischen
Disposition zuspitzt und dem Bischofe bloß das
Recht der Aufsicht beläßt. Freilich ist die Grenze
zwischen den inneren, den gemischten und den
aiösüchen Kirchenangelegenheiten nicht scharf zu
ziehen.
b) Gemischte Angelegenheiten
sind solche, „welche zwar geistlich sind, aber die Re-
ligion nicht wesentlich betreffen und zugleich irgend
eine Beziehung auf den Staat und das welltliche
Wohl der Einwohner haben" (II. Beil. § 76). Dahin
gehören nach den Bestimmungen des bayerischen
Rechts (a. a. O.): die Anordnungen über den äuße-
renu Gottesdienst, dessen Ort, Zeit, Zahl usw.; die
Beschränkung oder Aufhebung der Prozessionen,
Nebenandachten, Zeremonien, Kreuzgänge und
Bruderschaften; die Errichtung geistlicher Gesell-
schaften und die Bestimmung über Gelübde; die
organischen Bestimmungen über geistliche Bil-
dungs-, Verpflegungs= und Strafanstalten; die
Einteilung der Diözesen, Dekanats= und Pfarr-
sprengel; alle Gegenstände der Gesundheitspolizei,
insoweit diese kirchliche Anstalten mit berühren.
Ohne Mitwirkung der weltlichen Obrigkeit darf
hier der Bischof keine einseitigen Anordnungen
treffen und die Staatsgewalt hat ein eigenes Ver-
ordnungsrecht, um alles das zu hindern, was dem
öffentlichen Wohle nachteilig sein könnte.
Folgende Fragen sind in der neueren Zeit be-
sonders in den Vordergrund getreten:
1. Die Vorbildung der Geistlichen#l:
Preuß. G v. 11. ö. 73 5 4 ff, 21. 5.82 àa 3, 21. 5. 86 àau1#—é,
29. 1. 87 a 1. Bayer. Konkordat a 5 II. Beil. 5 76 lit. d
und viele Verordnungen bei Eilbernagl S 92 ff. 97 ff;
Menurer, Bayer. Kirchenvermögensrecht 2, 102 ff. Sächs.
G v. 23. 8. 76 5 21. Württ. G v. 30. 1. 62 a 3. Bad. G
v. 9. 10. 60 G. v. 19. 2. 74 a 1 und 2, G v. ö. 3. 80 a#l,
V. 11. 4. 80 8 1, 5. 7. 88 a 1. Hess. G v. 23. 4. 75 a 2.
Diese Gesetze betreffen die Staatsangehörig-
keit, Abiturientenexamen, theologische Fachbildung
und allgemeine wissenschaftliche Bildung an Uni-
versitäten oder Seminarien sowie das Fachexamen.
2. Die Erteilung des Religions-
unterrichts ssI.
3. Die Errichtung und Verände-
rung der Kirchenämter'sl. Für die Er-
richtung der Pfarreien insbesondere kommen in
Betracht: das ALR 1I 11 J 238 f. Für Bayern
vgl. Meurer, Bayr. K. Vermögensrecht 2, 102 ff.