Kirche (Vermögensverwaltung in Preußen)
529
künstlerische Ausstattung des Gebäudes geändert
wird, Reparaturen der für die Geistlichen oder ande-
ren Kirchendiener ( bestimmten Gebäude, sofern
sie nicht im Einverständnis mit dem berechtigten
Stelleninhaber erfolgen:
7. Verpachtung und Vermietung von Kirchen-
grundstücken auf länger als 12 Jahre, Verpach-
tung oder Vermietung der den kirchlichen Beamten
zur Nutzung oder zum Gebrauch überwiesenen
Grundstücke über die Dienstzeit des jeweiligen In-
habers hinaus, oder wenn ein Kirchengrundstück
an eine an der kirchlichen Vermögensverwaltung
oder an der Aufsicht darüber beteiligte Person
verpachtet oder vermietet werden soll;
8. Ausleihung kirchlicher Gelder auf Hypothek
oder Grund schuld, wenn das Kapital 1000 Mk.
Übersteigt oder nicht zu erster Sicherheit oder an
eine an der kirchlichen Vermögensverwaltung oder
an der Aufsicht darüber beteiligte Person ausge-
liehen werden soll;
9. Verwendungen von Kapitalbeständen für
laufende Bedürfnisse;
10. außerordentliche Ausgaben, welche den von
der kirchlichen Aufsichtsbehörde für die Kirchen-
gemeinde festgesetzten Betrag übersteigen; „außer-
ordentliche“": d. h., wenn sie weder zur Erfüllung
einer rechtlichen Verpflichtung notwendig noch
schon bisher nach bestimmten, von der Aussichts-
behörde ausdrücklich oder stillschweigend gebilligten
Grundsätzen geleistet sind (G v. 18. 7. 92 § 1
Nr. 1, 3, 4, 6—12: V v. 8. 3. 93 a II Nr. 2).
Neben diesem Aufsichtsrecht kirchenregimentlicher
Behörden besteht (abgesehen von der ev.-luther.
Kirche in Hannover) ein Recht der Kreissynode
(u. U. des Kreissynodalvorstandes) zur Prüfung
des Kassen= und Rechnungswesens, namentlich
auch des Stiftungsvermögens in den einzelnen
Gemeinden (näheres KGuO # 53 Nr. 6).
II. Die staatliche Aufsicht ist gegen früher
eingeschränkt: keine laufende Aussicht, sondern
Zustimmung zu einzelnen bedeutsameren Maß-
nahmen der kirchlichen Verwaltung.
wird die Staatsaufsicht vom Kultus Min, von den
Ausgcübt
Oberpräsidenten und den Reg Präsidenten (in Ber-
lin dem Pol Präs.). Die eingelnen Fälle, in denen
ein Beschluß der kirchlichen Organe zu seiner Gül-
tigkeit der Genehmigung der staatlichen Aufsichts-
behörde bedarf, sind folgende:
1. Erwerb, Veräußerung oder dingliche Be-
lastung von Grundeigentum (Genelmigung bis
100 000 Mk. Reg Präsident, darüber Min d. g.
A.); Erwerb im Wert bis 5000 Mk. bedarf keiner
Genehmigung (EG z. BGB a 85, A z. B#
a7 Kl1):; — 2. Veräußerung von Gegenständen,
welche einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder
Kunstwert haben (Min d. g. A.); — 3. Anlceihen,
soweit sie nicht bloß zu vorübergehender Aushilfe
dienen und aus der laufenden Einnahme derselben
Voranschlagsperiode zurückerstattet werden können
(Reg Präsident); — 4. Einführung und Verände-
rung von Gebührentaxen (Reg Präsident); — 5.
Errichtung neuer, für den Gottesdienst, die Geist-
Reg Präsident); — 6. Anlegung oder veränderte
[Kirchliche Abgaben, Kollekten:; — 8. Verwen-
dung des kirchlichen Vermögens zu anderen als
v. Stengel. Fleischmann, Woörterbuch 2. Aufl. II.
den bestimmungsmäßigen Zwecken (Min); Be-
willigungen aus der Kirchenkasse an andere Ge-
meinden oder evangelische Vereine und Anstalten,
sofern sie einzeln 29% und im Gesamtbetrage
eines Etatsjahres 5% der Solleinnahme nicht
übersteigen, bedürfen nicht der Genehmigung der
Staatsbehörde (G v. 3. 6. 76 betr. die evangel.
Kirchen Verf a 24; V v. 9. 9. 76 all, II, III; Vov.
30. 1. 93 a l).
Der Reg Präsident (in Berlin Pol Präsident)
ist berechtigt, von der kirchlichen Vermögensver-
waltung Einsicht zu nehmen, zu diesem Zweck die
Etats und Rechnungen einzufordern, sowie außer-
ordentliche Revisionen vorzunehmen und auf Ab-
stellung der etwa gefundenen Gesetzwidrigkeiten
durch Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel zu
dringen. Weigert sich ein Gemeindekirchenrat oder
eine Gemeindevertretung, gesetzliche Leistungen,
welche aus dem kirchlichen Vermögen zu bestreiten
sind oder den Pfarreingesessenen obliegen, auf den
Etat zu bringen, festzusetzen oder zu genehmigen,
so ist sowohl das Konsistorium als auch der Reg Prä-
sident (Pol Präsident) unter gegenseitigem Einver-
nehmen befugt, die Eintragung in den Etat zu
bewirken und die weiter erforderlichen Anord-
nungen zu treffen. Bestreiten die Gemeindeor-
gane die Gesetzwidrigkeit der beanstandeten Posten
oder die Verpflichtung zu den auf Anordnung des
Konsistoriums und der Staatsbehörde in den Etat
eingetragenen Leistungen, so entscheidet auf Klage
der Gemeindeorgane im Verwaltungsstreitverfah-
ren das O### (G v. 3. 6. 76 à 27; V v. p. 9. 76
a III). Sonst steht gegen Verfügungen des
Reg Präsidenten die Beschwerde an den Oberprä-
sidenten, gegen Verfügungen des Oberpräsidenten
an die Min d. g. A. und des Innern offen (V v.
9. 9. 76 a II Abs 2, a III Abs# 2).
Den Staatsbehörden gänzlich vorbehalten ist die
Regelung der streitigen Kirchen-, Pfarr= und
Küstereibausachen (siehe unten), die Vollstreckung
der einstweiligen Entscheidungen in diesen Sa-
chen, sowie die Beitreibung der kirchlichen Ab-
gaben (G v. 3. 6. 76 a 23 Nr. 2, 3) (/J noch Amor-
tisationsrecht!].
b) Katholische Kirche.
* 4. Die gesetzliche Grundlage bildet das um-
fangreiche Staats# v. 20. 6. 75 über die Vermö-
gensverwaltung in den katholischen Kirchengemein-
den (GMS 1875, 241). Es hob das bunte Gemisch der
bis dahin geltenden Bestimmungen über die lokale
Vermögensverwaltung auf (§ 59). Es bezweckte
namentlich, den katholischen Kirchengemeinden
eine Mitwirkung bei der Vermögensverwaltung
zu sichern. Diese ist derjenigen der evangelischen
Kirchengemeinden nachgebildet, den Staatsbe-
hörden eine Reihe von Aufsichtsbefugnissen vorbe-
halten (§ 55 des (J„A#l V v. 27. 9. 75, jetzt 30. 1.
1893). Die katholische Kirche hat das Staatsgesetz
anerkannt und das zu seiner Ausführung Erfor-
. derliche getan.
lichen und andere Kirchendiener bestimmter Ge-
bäude (bei gottesdienstl. Gebänden: Min; sonst
Die Vorschriften des Gesetzes gelten sowohl für
katholische wie für altkatholische Kirchengemeinden.
Sie finden Anwendung in sämtlichen Pfarr-
Benutzung von Begräbnisplätzen (Reg Präsident);
— 7. Sammlungen außerhalb der Kirchengebände
1.
gemeinden einschließlich der Sukkursalpfarreien im
Gebiete des französischen Rechts, ferner in den
Missionspfarrgemeinden (z. B. noch in der Pro-
vinz Brandenburg), endlich in denjenigen anderen
34